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175_StadtBILD_Februar_2018

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Vorwort<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

Seit 18 Jahren ist die Redaktion des <strong>StadtBILD</strong>es<br />

bemüht, den Görlitzern und ihren Gästen Wissenswertes<br />

und Interessantes aus der reichen Geschichte<br />

von Görlitz zu vermitteln.<br />

Mögen achtzehn Jahre zumal unter dem Aspekt<br />

der Ewigkeit auch kein langer Zeitraum sein, so<br />

liegt inzwischen aber die <strong>175</strong>. Ausgabe vor und<br />

das ist Grund genug, innezuhalten und ein wenig<br />

in Erinnerungen zu kramen. Während es in der<br />

Natur des Menschen liegt, dass das zunehmende<br />

Alter auch an Figur und Aussehen Spuren hinterlässt,<br />

so ist es beim <strong>StadtBILD</strong> eher umgekehrt.<br />

Angefangen hatte alles im Dezember 1999. Ein<br />

junges Team hatte die zündende Idee, eine kleine<br />

Broschüre mit heimatgeschichtlichen Hintergründen,<br />

das <strong>StadtBILD</strong>, ins Leben zu rufen, und im<br />

<strong>Februar</strong> 2000 war es dann soweit, die erste Ausgabe<br />

konnte der werten Görlitzer Leserschaft präsentiert<br />

werden. Jahr um Jahr haben motivierte freie<br />

Mitarbeiter ihre Kraft, ihr Wissen und ihre Zeit zur<br />

Verfügung gestellt, um jedes der Hefte zu einem<br />

Erlebnis werden zu lassen. Gedankt sei an dieser<br />

Stelle in besonderer Weise und stellvertretend<br />

für alle aktiven „Mittäter“ Herrn Dr. Kretzschmar,<br />

Herrn Ratsarchivar Hoche, Herrn Stiller, Herrn Riedel,<br />

Herrn Wenzel, Herrn Dr. Wenzke, Herrn Dr.<br />

Wolf und Herrn Kahl und vielen weiteren.<br />

Dass der eingeschlagene Weg in eine gute Richtung<br />

führt, zeigt die steigende Zahl der Abonnenten,<br />

von denen einige schon seit dem Jahr 2000<br />

dem <strong>StadtBILD</strong> die Treue halten. Dies gilt natürlich<br />

auch für unsere Inserenten! Was wäre jedoch ein<br />

solches Magazin ohne die Zuschriften und Anregungen<br />

seiner Leser? Klar gibt es hin und wieder<br />

Kritik, auch solche, die nicht unbedingt das Prädikat<br />

„sachlich“ verdient, aber auch die wird ernst<br />

genommen.<br />

In den vergangenen Jahren erlebte der Verlag Höhen<br />

und Tiefen, zeichnete sich aber stets dadurch<br />

aus, immer neue Ideen nicht nur zu entwickeln,<br />

sondern vielmehr diese auch in die Praxis umzusetzen.<br />

So wurde viel Kraft in die Organisation von<br />

Veranstaltungen gesteckt wie das beliebte Kneipenfestival<br />

„Görlitz Rockt“, welches sich zum größten<br />

seiner Art in Sachsen entwickelt hat. Nicht zu<br />

vergessen das Stadthallengarten Görlitz Open Air,<br />

welches <strong>2018</strong> bereits in die vierte Auflage geht.<br />

Ein Standbein der vergangenen Jahre war ohne<br />

Einschränkung die Entwicklung von regionalen<br />

Kalendern, in der ersten Phase als „Historische<br />

Ansichten“, dann auch als regionale Fotokalender.<br />

Ein Novum wurde mit den Gutscheinkalendern<br />

zunächst nur für Görlitz später auch für Bautzen,<br />

Zittau und Hoyerswerda geschaffen. Diese Kalender<br />

sind für alle Beteiligten gleichsam bedeutsam.<br />

Für die Gastronomen stellen sie eine Form der<br />

Wirtschaftsförderung dar, weil in den besonders<br />

schwachen Monaten die Gutscheine eingelöst<br />

werden können. Bereits seit 2010 gibt der Verlag<br />

monatlich das Kulturmagazin „kulturrosso“ heraus.<br />

In diesem Jahr gesellt sich nun noch ein On-Air<br />

Format das „i-tivi“ hinzu. Das patentierte „quicktec-system“<br />

wird weiter ausgebaut, und als neue<br />

Herausforderung steht das Projekt Jakobstunnel.<br />

Auch die seit 2013 angeschafften Mehrwegbecher<br />

bekommen in diesem Jahr eine neue Charge, getreu<br />

dem Motto Görlitz feiert umweltfreundlich.<br />

Also viel los auch in diesem Jahr bei Ihrem Stadt-<br />

BILD-Verlag.<br />

Andreas Ch. de Morales Roque<br />

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Einleitung<br />

3


Alexander<br />

Der steinerne Schöffe<br />

Kaumann<br />

–<br />

Universitätsbrücke (Breslau) 1867-69<br />

Der Görlitzer Bauingenieur Alexander<br />

Kaumann machte Karriere in<br />

Breslau<br />

Nachdenklich blickt seit nunmehr 125<br />

Jahren die steinerne Figur eines Schöffen<br />

von der Südseite des eindrucksvollen<br />

Breslauer Rathauses oberhalb des<br />

Schweidnitzer Kellers auf das Markttreiben<br />

herab. Es ist eine von zwölf lebensgroßen<br />

Rundfiguren in gotischer<br />

Gewandung mit der Besonderheit, dass<br />

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4<br />

Geschichte


Alexander Kaumann<br />

Kaumann<br />

Mauritius-Brücke<br />

hier der gebürtige Görlitzer Alexander<br />

Ferdinand Kaumann dem Steinmetzen<br />

Modell stand. Der Sohn des verdienstvollen<br />

Görlitzer Schulmannes und Bildungspolitikers<br />

Ferdinand Wilhelm Kaumann<br />

(1798-1868) prägte über lange<br />

Jahre als Stadtbaurat das architektonische<br />

Erscheinungsbild der schlesischen<br />

Oderstadt.<br />

Alexander Kaumann wurde 1830 als<br />

eines von sieben Kindern des Königlichen<br />

Professors Ferdinand Kaumann in<br />

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Geschichte<br />

5


Alexander<br />

Der steinerne Schöffe<br />

Kaumann<br />

–<br />

Johanneskirche in Hoyerswerda<br />

Görlitz geboren. Bereits 1849 bestand<br />

er das Berufsexamen, das seine Tätigkeit<br />

als Baufachmann begründete. Als<br />

1851 der Turm der Johanneskirche in<br />

Hoyerswerda erneuert und auf 70 Meter<br />

erhöht wurde, gehörte Alexander Kaumann<br />

zum Projektanten- und Baustab.<br />

Das hohe spitze Zeltdach mit den kleinen<br />

Spitzgiebeln im neogotischen Stil<br />

erregte damals wohl das Missfallen etlicher<br />

Bewohner des Ortes. Der Superintendent<br />

in Ruhe Friedhart Vogel erinnert<br />

sich gut, im archivierten Hoyerswerdaer<br />

Wochenblatt des Baujahres folgende<br />

Formulierung gelesen zu haben: „Nachdem<br />

wir bereits 1815 schon Muß-Preußen<br />

wurden, hat jetzt unsere liebe alte<br />

Kirche noch so eine blöde preußische<br />

Grenadiermütze bekommen.“<br />

Der Bauingenieur Kaumann indes betätigte<br />

sich fürderhin an Flussregulierungsbauten<br />

entlang der Oder und projektierte<br />

in seiner 1856 aufgenommenen<br />

und zehn Jahre währenden Funktion als<br />

Stadtbaurat von Thorn (Toruń) die erste<br />

stählerne Auto- und Eisenbahnbrücke<br />

über die Weichsel am Ostrand der<br />

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6<br />

Geschichte


Alexander Kaumann<br />

Kaumann<br />

Innenstadt. Die Sehnsucht nach seiner<br />

schlesischen Heimat muss wohl übermächtig<br />

gewesen sein, denn schon 1864<br />

beteiligte er sich an einer Ausschreibung<br />

des Breslauer Magistrats für den<br />

Posten des Stadtbaurats. Aber erst 1866<br />

konnte er diese Stelle antreten. Seine<br />

bewiesene fachmännische Kompetenz<br />

sorgte für die ungewöhnliche Tatsache,<br />

dass er für zwei nachfolgende jeweils<br />

zwölfjährige Wahlperioden in seiner Position<br />

bestätigt wurde. Unter der Regie<br />

von Alexander Kaumann entstanden in<br />

diesen Jahren u. a. die Universitäts-,<br />

die Lessing- und die Mauritiusbrücke.<br />

Er verstarb gewissermaßen im Amt am<br />

9. Juli 1893 und wurde auf dem nicht<br />

mehr existierenden Friedhof der Maria-<br />

Magdalenen-Kirche begraben.<br />

Wie aber kam es zu dem Standbild des<br />

Stadtbaurates aus istrischem Kalkstein?<br />

Als im Jahre 1884 die Erneuerungsarbeiten<br />

an den Fassaden des Rathauses<br />

Gestalt annahmen, schlug der Architekt<br />

Carl Lüdecke (1826-1894) vor, die Malereien<br />

an der Südseite durch Steinfiguren<br />

zu ersetzen, zumal die Sockel dafür<br />

Konsol-Figur mit Antlitz von Kaumann<br />

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Geschichte<br />

7


Alexander<br />

Der steinerne Schöffe<br />

Kaumann<br />

bereits vorhanden waren. Zunächst war<br />

vorgesehen, hervorragende schlesische<br />

Fürsten von der Piastenzeit bis zu den<br />

deutschen Kaisern Revue passieren zu<br />

lassen. Die städtischen Behörden wiesen<br />

diesen Plan aber zurück und bestanden<br />

auf allgemeinen Charaktergestalten in<br />

Wesen und Erscheinung des 15. Jahrhunderts,<br />

der Zeit der Vollendung des<br />

ursprünglichen Baus. So fand zwischen<br />

Voigtsknecht und Ratsherr auch ein<br />

Schöffe am Erker des ehemaligen Gerichtssaales<br />

im 2. Stock seinen Platz.<br />

Da man sich entschloss, die mittelalterlichen<br />

Gewandungen mit verdienten<br />

Würdenträgern der Gegenwart zu<br />

füllen, kam auch Alexander Kaumann,<br />

noch dazu als Mitglied der ständigen<br />

Rathaus-Baukommission, zu seinem<br />

Recht. Seine Figur wurde von dem bekannten<br />

Bildhauer Christian Behrens<br />

(1852-1905) geschaffen und verkörpert<br />

somit auch ein Stückchen Görlitz in der<br />

niederschlesischen Metropole.<br />

Classical Architecture<br />

Christian Henke<br />

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8<br />

Geschichte


Jacob<br />

Jacob-Böhme-Laboratorium<br />

Böhme<br />

Reagenzgläser, Bunsenbrenner, Rauch<br />

und Schwefel sucht man vergeblich im<br />

Bahnhof Görlitz, Sitz und Veranstaltungsort<br />

des im Frühjahr 2014 gegründeten<br />

Jacob-Böhme-Laboratoriums. Zutaten<br />

und Werkzeuge sind gänzlich andere<br />

und feinstofflicher: Lesungen, Diskussionen,<br />

Vorträge, Seminare, Ausstellungen<br />

und Exkursionen. Auf den ersten Blick<br />

keine außergewöhnlichen Mittel. Was<br />

allerdings damit bewirkt werden soll,<br />

ist etwas Besonderes, erklärt der Philosophische<br />

Freundeskreis, Initiator des<br />

bürgerschaftlichen Laboratoriums,: „Wir<br />

wollen Impulse geben für einen freien<br />

Gedankenaustausch, Phantasie anregen,<br />

Intuition fördern und verschiedene<br />

Philosophie- und Lebensmodelle in Verbindung<br />

mit aktuellen Problem- und Fragestellungen<br />

beleuchten. Es soll auch der<br />

Blick geöffnet werden für verschiedene<br />

Standpunkte und Lösungsmöglichkeiten.<br />

Die Welt ist nicht nur komplex, sondern<br />

erschwerenderweise schnelllebig. Täglich<br />

werden wir mit Informationen und Daten<br />

überschüttet, die es zu bewältigen gilt.<br />

Daher möchten wir Frei- und Spielräume<br />

zum Innehalten und Austausch bieten,<br />

Optionen zur Bewußtseinsentwicklung -<br />

des Einzelnen und der Gemeinschaft, in<br />

der wir leben. Und an dieser Stelle bringen<br />

wir den Görlitzer Philosophen des 16.<br />

Jhd. Jacob Böhme ins Spiel. In seinem<br />

Geiste möchten wir unsere vornehmlich<br />

ratiogesteuerte Umwelt ermuntern, Herz<br />

und Verstand wieder miteinander zu verbinden<br />

und zu versöhnen.“ Partner ist<br />

die Lernwerkstatt „Sophia“ im LebensGut<br />

Pommritz und Träger der ideenfluß e.V.,<br />

der auch den Veranstaltungsort „KulTour-<br />

Punkt Bahnhof Görlitz“ zur Verfügung<br />

stellt.<br />

Frei nach dem Motto „Wer reisen will,<br />

braucht gutes Schuhwerk“ ist Böhme,<br />

dem Freidenker und Schumacher der<br />

Stadt Görlitz, z. B. eine eigene Veranstaltungsreihe<br />

gewidmet: die „LeseReise zu<br />

Jacob Böhme“. Sie dient dazu, sich seinem<br />

Leben und Werk über die Lektüre der Originaltexte<br />

zu nähern und so den großen<br />

Mystiker in sein Herz zu lassen. Das Laboratorium<br />

möchte ihn damit in die heutige<br />

Zeit holen und seine Aussagen bekannter<br />

machen. Denn fast 400 Jahre nach<br />

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Geschichte<br />

9


Jacob<br />

Jacob-Böhme-Laboratorium<br />

Böhme<br />

–<br />

Thomas Keil „Lesereise“<br />

seinem Tod wartet so manche Lehre in<br />

Böhmes Werk, die für die Prüfungen der<br />

heutigen Zeit heilsam oder erhellend sein<br />

kann. Darin sieht Eveline Krug, Mitstreiterin<br />

des Kulturprojektes, eine zentrale Aufgabe<br />

des Laboratoriums. Böhme ist zwar<br />

unter Kennern weltbekannt, aber in der<br />

Region wissen nur wenige von ihm in seiner<br />

Bedeutung. Gemeinsam mit Partnern<br />

in Görlitz und Zgorzelec ist man bemüht,<br />

den Namen Jacob Böhmes – auch in Hinsicht<br />

auf die geplante Dauerausstellung<br />

in der Görlitzer Dreifaltigkeitskiche in einigen<br />

Jahren - im Bewußtsein der Region<br />

stärker zu verankern.<br />

Jeden 3. Donnerstag des Monats von<br />

18:00-19:00 Uhr trägt ein Böhme-Kenner<br />

im KulTourPunkt Bahnhof Görlitz dafür<br />

ausgewählte Auszüge aus dessen Werk<br />

vor, die anschließend besprochen werden<br />

können.<br />

Dem Prinzip, Weisheit den Menschen<br />

näher zu bringen und über wichtige und<br />

scheinbar unwichtige Dinge ganz ungezwungen<br />

ins Gespräch zu kommen, ist<br />

das „Philosophie Café“, der Marktplatz<br />

der Moderne, verschrieben. In einer offenen,<br />

entspannten Café-Atmosphäre,<br />

moderiert vom Görlitzer Philosophen<br />

Philipp Restetzki, kann jeder Gast frei<br />

denken und mitdiskutieren und so in einen<br />

geistreichen Austausch mit anderen<br />

philosophisch Interessierten treten. Oder<br />

einfach nur zuhören und sich von den Gedanken<br />

anregen lassen. Durchaus mit einem<br />

Augenzwinkern, ansonsten würden<br />

die Macher nicht die Kulisse eines Cafés<br />

für philosophische Diskussionen wählen.<br />

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10<br />

Geschichte


Jacob<br />

experimentieren<br />

Böhme<br />

im Geiste Jacob Böhmes<br />

Waren zunächst versierte „Platzhirsche“<br />

aktiv, trauten sich immer mehr auch Leute<br />

zu beteiligen, die weder studiert noch<br />

wissenschaftlich ausgebildet waren. Und<br />

genau das wollen wir auch bewirken,<br />

sagt Franz-Peter van Boxelaer, der das<br />

Modell des „Café Philosophique“ von dem<br />

französischen Philosophen Marc Sauter<br />

übernommen hat. Dieser entwickelte es<br />

1992 in Paris. Weltweit gibt es davon<br />

inzwischen ca. 126 und seit April 2015<br />

dieses in Görlitz: jeden 1. Samstag des<br />

Monats, 10:30-13:00 Uhr.<br />

Auch die professionelle Seite der Philosophie<br />

darf nicht zu kurz kommen. „Philosophische<br />

Vorträge“ richten sich an ein<br />

Publikum, das neugierig geworden ist auf<br />

mehr geistige Nahrung. Damit die Pause<br />

zwischen den Philosophie Cafés nicht zu<br />

lang wird, findet die Vortragsreihe immer<br />

jeden 3. Samstag im Monat von 10:30-<br />

13:00 Uhr statt. Getreu dem schon für<br />

das Café geltenden Motto, dass jeder<br />

Mensch Philosoph sein kann, soll die Reihe<br />

alle philosophisch Interessierten zum<br />

Nachdenken anregen und neue Impulse<br />

für die kulturelle Vielfalt in Görlitz liefern.<br />

Moderator Philipp Restetzki<br />

Philosophische Vorkenntnisse werden<br />

nicht vorausgesetzt. Die Vortragsreihe<br />

soll keine feste Denkschule begründen<br />

oder vertreten; es besteht eine bunte<br />

Vielfalt an Themen, frei gewählt und vorgetragen<br />

von internationalen Gästen verschiedener<br />

akademischer Disziplinen. Ein<br />

Bezug zur Philosophie und Zeitgeschichte<br />

Jacob Böhmes ist erwünscht, aber nicht<br />

zwingend erforderlich.<br />

Im „Philosophie Atelier“, einem weiteren<br />

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Geschichte<br />

11


Jacob<br />

Jacob-Böhme-Laboratorium<br />

Böhme<br />

–<br />

Ullrich Schollmeyer<br />

Werkzeug des Laboratoriums, verbinden<br />

sich mehrere Formate. Der „Philosophische<br />

Gesprächskreis“ unter der Leitung<br />

von Prof. Dr. Ekkehard Fräntzki (Görlitz),<br />

den es bereits schon seit gut zwei Jahren<br />

vor seinem Umzug in den Bahnhof gab.<br />

Im Herbst 2016 öffnete er sich einem<br />

größeren Kreis von Interessenten. Texte<br />

bedeutender Philosophen werden am 2.<br />

Mittwoch des Monats von 16:00-18:00<br />

Uhr intensiv gelesen, kritisch reflektiert<br />

und gedeutet.<br />

Das Atelier ist auch der Entwicklungsraum<br />

der Prototypen, wie das „Philosophieren<br />

mit Kindern“ und der angedachten „Philo-<br />

Sophia-Schule“. Neben den hier benannten<br />

Veranstaltungsreihen werden ein- bis<br />

zweimal jährlich Böhme-Seminare und<br />

auch Philosophische Wochenendausflüge<br />

zur „Sophia-Ausstellung“ im LebensGut<br />

Pommritz - unter der Leitung von Ullrich<br />

Schollmeyer -vorbereitet. Der nächste<br />

wird am 26./27.05.<strong>2018</strong> stattfinden. Anmeldungen<br />

bis zum 30.03.<strong>2018</strong> .<br />

Weiterführende Informationen zu den<br />

Veranstaltungen und dem Laboratorium<br />

finden Sie unter: kultourpunkt.de oder<br />

ideenfluss.com<br />

Informationen zu Jacob Böhme:<br />

Partner & Förderer des Laboratoriums:<br />

integralis e.V. im Lebensgut Pommritz mit<br />

„Sophia - Lernwerkstatt für Philosophie &<br />

Ethik“<br />

Sophia - Eine interaktive Philosophie-Ausstellung<br />

Mit Texten und einem Video- und Audioguide<br />

zur Begleitung begeben Sie sich auf<br />

eine Reise durch die abendländische Phi-<br />

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12<br />

Geschichte


Jacob<br />

experimentieren<br />

Böhme<br />

im Geiste Jacob Böhmes<br />

Ausführliche Informationen und Programmflyer<br />

zu den Veranstaltungen:<br />

Kontakt: Birgit Beltle<br />

ideenfluß e.V. im KulTourPunkt,<br />

Bahnhof Görlitz, Bahnhofstr. 76<br />

Tel. 0049 (0) 3581 661 38 38<br />

Fax: 0049 (0) 3581 661 38 36<br />

info@ideenfluss.com | ideenfluss.com<br />

Ausstellung „Sophia“<br />

losophiegeschichte, von den griechischen<br />

Anfängen bis weit in das 20. Jahrhundert<br />

hinein. Natürlich können Sie auch an einer<br />

Führung teilnehmen. Etwa 100 interaktive<br />

Objekte machen viele lebenswichtige,<br />

sonst meist abstrakt vermittelte Themen<br />

erlebbar, begreifbar und (be-)spielbar.<br />

Philosophie, die Freude macht und das<br />

eigene Leben bereichert! Vielleicht finden<br />

auch Sie hier Ihre ganz persönlichen Antworten?<br />

17.02.<strong>2018</strong> | Dr. Erik Lehnert, Berlin<br />

Existenz und Vernunft<br />

Leben und Werk von Karl Jaspers<br />

17.03.<strong>2018</strong> | Dr. Maik Hosang, Görlitz<br />

Die Philosophen der Oberlausitz<br />

21.04.<strong>2018</strong> | Uli Schollmeyer, Dresden<br />

Denken im Zwiespalt<br />

Der Philosoph Rudolph Hermann Lotze<br />

19.05.<strong>2018</strong>, Dr. Ullrich Melle, Leuven (Belgien)<br />

Ökologie unter ethisch-philosophischen Gesichtspunkten<br />

16.06.<strong>2018</strong>, Dr. Andrew Smith, Dublin (Irland)<br />

Methaphysik im alltäglichen Leben<br />

Die philosophie Plotins<br />

20.10.<strong>2018</strong> | Philipp Restetzki<br />

Görlitz und die Philosophie der Aufklärung<br />

17.11.<strong>2018</strong> | Dr. Thomas Regely (Frankfurt/Main)<br />

Schopenhauer<br />

15.12.<strong>2018</strong> | Dr. Janet Anders, Exeter (England)<br />

Quantenphysik und Philosophie<br />

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Geschichte<br />

13


Tierpark<br />

<strong>2018</strong> mit Riesensprüngen<br />

Görlitz<br />

unterwegs –<br />

Werden bald aus nächster Nähe zu beobachten sein - unsere Riesenkängurus<br />

Ein zentraler Punkt im Naturschutz-<br />

Tierpark Görlitz ist es, die Vielfalt und<br />

Schönheit der verschiedensten Tierarten<br />

im direkten Kontakt zu vermitteln.<br />

Daher dürfen sich unsere Besucher im<br />

neuen Jahr ganz besonders auf die<br />

Eröffnung des neuen, zum Teil begehbaren<br />

Riesenkänguru-Geheges freuen.<br />

Auf der Fläche der alten Anlage der<br />

Sika Hirsche entsteht derzeit ein über<br />

1000m² großes Areal für sechs Graue<br />

Riesenkängurus. Eine solch starke Nähe<br />

zwischen Gästen und Kängurus wird<br />

zwar bereits in einigen anderen Zoos<br />

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14<br />

Ausblick


Naturschutz-Tierpark Görlitz e.V.<br />

angeboten; für die Begegnung mit den<br />

Grauen Riesen ist diese Gelegenheit<br />

dann allerdings bisher deutschlandweit<br />

einmalig.<br />

Mit den neuen Bewohnern erweitert der<br />

Hier entsteht die neue, begehbare Känguru-Anlage mit<br />

Sprungspielplatz<br />

Freuen sich gemeinsam auf das neue Gehege -<br />

Graues Riesenkänguru Frodo und Tierparkdirektor<br />

Dr. Sven Hammer<br />

Tierpark auch sein geografisches Repertoire.<br />

Nachdem der Schwerpunkt bisher<br />

auf Europa und Asien lag, zieht mit den<br />

Kängurus ein Ureinwohner Australiens<br />

ein. Obwohl Kängurus dort die größten<br />

Säugetiere sind, sind ihre Jungtiere bei<br />

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Ausblick<br />

15


Tierpark<br />

<strong>2018</strong> mit Riesensprüngen<br />

Görlitz<br />

unterwegs –<br />

der Geburt mit einer Länge von 2,5 cm<br />

und einem Gewicht von einem Gramm<br />

noch kleiner als ein Gummibärchen!<br />

Das zu dem Zeitpunkt komplett unterentwickelte<br />

Jungtier findet den Weg von<br />

Geburtsöffnung in den Beutel der Mutter<br />

dennoch selbstständig, wo es sich<br />

für die nächsten zwei bis drei Monate<br />

an einer von vier Zitzen festsaugt. Erst<br />

nach etwa sechs Monaten verlässt das<br />

Jungtier dann den wohlbehüteten Beutel.<br />

Kängurus können aber noch viel mehr.<br />

So sind sie zum Beispiel zu einer besonders<br />

ausgeprägten Keimruhe fähig.<br />

Das bedeutet, dass ein Embryo in seiner<br />

Entwicklung pausieren kann. In ihrem<br />

teilweise kargen Herkunftsgebiet ist das<br />

von Vorteil - wenn es in Notsituation<br />

etwa an Wasser oder Nahrung mangelt,<br />

wird das Muttertier dadurch entlastet.<br />

Wer die Kängurus aufmerksam beobachtet,<br />

wird auch auf ihre verschiedenen<br />

Fortbewegungsmuster aufmerksam.<br />

Während sie ihr Gewicht beim<br />

Grasen hauptsächlich auf allen vier Pfoten<br />

verteilen, nutzen sie das Springen<br />

auf den Hinterbeinen, um größere Strecken<br />

zu überwinden. Ein Teil der dafür<br />

notwendigen Energie wird in ihren Sehnen,<br />

Muskeln und der Wirbelsäule gespeichert.<br />

Über längere Strecken benötigen<br />

sie dennoch enorme Muskelkraft,<br />

weshalb sie sich auf größeren Touren<br />

regelmäßig ausruhen müssen.<br />

Auch die am gleichen Ort zu bestaunenden<br />

Heuschrecken sind für ihr immenses<br />

Sprungvermögen bekannt. Ihnen<br />

ist unter anderem die neue, behindertengerechte<br />

Eventtoilette gewidmet. So<br />

erwartet mutige Besucher hier neben<br />

einem freien Blick in den Känguru-Stall<br />

ein wilder Heuschreckenschwarm. Eine<br />

besonders spannende Atmosphäre am<br />

nicht mehr ganz so stillen Örtchen!<br />

Sich selbst wie Känguru oder Heuschrecke<br />

fühlen, das können kleine und große<br />

Besucher auf dem zur Anlage gehörenden<br />

neu errichteten Spielplatz. In<br />

der tierischen Sand-Sprunggrube können<br />

zunächst die eigenen Sprungweiten<br />

mit denen vieler anderer Tierarten verglichen<br />

werden. Anschließend können<br />

auf der Känguru-Sprung-Anlage auf ei-<br />

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16<br />

Ausblick


Naturschutz-Tierpark Görlitz e.V.<br />

Ob die Kängurus wohl genauso interessiert sind wie unsere Waschbären?<br />

ner acht Meter langen Trampolin-Bahn<br />

mehrere Sprünge nacheinander absolviert<br />

werden. Dabei simuliert das Trampolin<br />

die Elastizität im Känguru-Körper<br />

und unterstützt damit die Sprungkraft.<br />

Wer sich müde gehopst hat, kann in den<br />

Beutel der lebensgroßen Holz-Känguru-<br />

Abbildung klettern und darf sich wohlbehütet<br />

wie ein junges Känguru fühlen.<br />

Wer auch zu Hause nicht genug von<br />

unseren grauen Bewohnern bekommen<br />

kann, für den wird das online TierparkTV<br />

zum Teil auch auf das Känguru-<br />

Gehege geschaltet werden. Mit etwas<br />

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Ausblick<br />

17


Tierpark<br />

<strong>2018</strong> mit Riesensprüngen<br />

Görlitz<br />

unterwegs –<br />

Internetauftritts ist in Vorbereitung.<br />

Dieser wird für die Besucher intuitiver<br />

und übersichtlicher gestaltet, Inhalte<br />

modernisiert und angepasst. Außerdem<br />

wird der Ausbau unseres Youtube-Kanals<br />

anvisiert, sodass in Zukunft noch<br />

Das 2016 neu errichtete Sonnendeck verspricht eine<br />

einzigartige Aussicht für Groß und Klein<br />

Glück können im Laufe des Jahres auch<br />

Nachwuchs bei den Roten Pandas und<br />

den Gänsegeiern über unsere Webcam<br />

bestaunt werden. So hält das neue<br />

Jahr auch medial einiges rund um den<br />

Tierpark bereit. Der Start eines neuen<br />

Ab dem 18. März wird unsere Fontäne wieder sprudeln<br />

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18<br />

Ausblick


Naturschutz-Tierpark Görlitz e.V.<br />

Das Schubkarrenrennen zum Osterfest erfreut sich jährlich reger Beteiligung<br />

mehr bewegte Bilder aus dem Tierpark<br />

folgen werden.<br />

Neben all den Neuerungen halten wir<br />

natürlich an guten, etablierten Traditionen<br />

fest. Dazu zählen auch unsere<br />

beliebten Veranstaltungen. Mit dem<br />

Drei-Königs-Umzug am 6. Januar haben<br />

wir die erste bereits erfolgreich gemeistert.<br />

Besonders bei den Kindern hat die<br />

Teilnahme unserer Tiere für Entzücken<br />

gesorgt.<br />

Als nächstes steht am 10. März das Hissen<br />

der Tibetflagge an. In Erinnerung<br />

an den Volksaufstand am 10. März 1959<br />

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Ausblick<br />

19


Tierpark<br />

<strong>2018</strong> mit Riesensprüngen<br />

Görlitz<br />

unterwegs –<br />

Der 15. September steht ganz unter dem Stern des Artenschutzes<br />

bekunden wir unsere Solidarität mit den<br />

Menschen in Tibet und setzen uns für<br />

Wahrnehmung der Menschenrechte<br />

und Erhalt ihrer Kultur und Religion ein.<br />

Damit verbunden ist auch der Wunsch,<br />

die beeindruckende Natur und Kultur<br />

Tibets zu erhalten, der im Tierpark mit<br />

dem Tibetdorf ein besonderes Denkmal<br />

gesetzt wurde.<br />

Eine Woche später am 18. März laden<br />

wir zum Frühlingsspaziergang ein. Die<br />

Fontäne im Lausitztal wird wieder feierlich<br />

angestellt. Für Interessierte wird<br />

eine Führung durch den Tierpark ge-<br />

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20<br />

Ausblick


Naturschutz-Tierpark Görlitz e.V.<br />

boten. Erfahrungsgemäß lockt zu dieser<br />

Jahreszeit auch der erste tierische<br />

Nachwuchs zum Bewundern.<br />

Am 02. April folgt einer der jährlichen<br />

Höhepunkte, das Osterfest. Wie immer<br />

gibt es viel zu erleben und zu entdecken.<br />

Spiele wie Mistkarrenrennen oder<br />

Eiersuche, Tierpräsentationen und musikalische<br />

Unterhaltung runden diesen<br />

Tag für die ganze Familie ab.<br />

Musikalisch geht es am 21. Mai zum<br />

Pfingstkonzert weiter. Auf der Festwiese<br />

im Naturpark wird das JugendShowOrchester<br />

Görlitz e.V. wieder sein Bestes<br />

geben. Unter den vielfältigen Musikgenres<br />

von Klassik über Rock, Jazz, Swing<br />

bis hin zu Schlagern und Volksmusik ist<br />

für jeden Geschmack etwas dabei. Dazu<br />

gibt es Spiele, Bastelmöglichkeiten und<br />

Informationen rund um unsere Tiere<br />

sowie eine Tierparade.<br />

Am Stein-Mal-Tag am 06. Juli sind unsere<br />

künstlerisch motivierten Besucher<br />

gefragt. Pflastersteine stehen bereit, um<br />

mit tierischen Kunstwerken geschmückt<br />

zu werden und anschließend die öffentliche<br />

Ausstellung in der Buchenalle des<br />

Der Stadtparkcharakter ist bis heute erhalten geblieben -<br />

damit auch für Parkliebhaber immer einen Besuch wert<br />

Tierparks zu bereichern.<br />

Ein weiterer Höhepunkt ist zweifelsohne<br />

das Tierparkfest am 9. September.<br />

Tierpräsentationen oder ein Blick in die<br />

Futterküche versprechen viele Hintergrundinformationen<br />

zu unseren eige-<br />

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Ausblick<br />

21


Tierpark<br />

<strong>2018</strong> mit Riesensprüngen<br />

Görlitz<br />

unterwegs –<br />

Unsere Yaks fühlen sich im eisigen Winter besonders wohl und laden zum Beobachten ein<br />

nen Tieren. Als Naturschutz-Tierpark<br />

möchten wir diesen Tag ebenfalls nutzen,<br />

um über viele Themen des Artenund<br />

Naturschutzes zu informieren und<br />

diskutieren. Ergänzt wird unser Fest mit<br />

Ständen und Programmen zu Kultur,<br />

Gastronomie und Sport.<br />

Am 15. September findet weltweit der<br />

International Red Panda Day statt. Dies<br />

wollen wir zum Anlass nehmen, uns einen<br />

ganzen Tag mit Artenschutz und<br />

bedrohten Arten zu beschäftigen. Neben<br />

den auch unseren Tierpark bewohnenden<br />

und bedrohten Roten Pandas<br />

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22<br />

Ausblick


Naturschutz-Tierpark Görlitz e.V.<br />

wird auch das Zootier des Jahres <strong>2018</strong>,<br />

die Scharnierschildkröte, eine zentrale<br />

Rolle einnehmen. Im Tierpark erwarten<br />

Sie dazu vielfältige Spiele, Bastelmöglichkeiten,<br />

Tierpräsentationen und<br />

natürlich Informationen rund um Artenschutz.<br />

Kreative Gäste sind bei der Namensfindung<br />

für unser rotes, wuscheliges<br />

Maskottchen gefragt.<br />

Auch Halloween wird im Tierpark gefeiert.<br />

Am 30. Oktober sind alle Hexen und<br />

Gespenster oder solche, die es beim<br />

Kinderschminken werden wollen, eingeladen.<br />

Wer nach der Kürbisrallye eine<br />

Stärkung braucht, für den stehen Kürbissuppe<br />

und blutige Croissants bereit.<br />

Am 09. November, dem Vorabend des<br />

Martinstages, wird der Tierpark bei einem<br />

gemeinsamen Lampionumzug in<br />

stimmungsvolles Licht getaucht. Im Anschluss<br />

lassen wir den Abend bei Glühwein,<br />

Kinderpunsch und Broten am Lagerfeuer<br />

ausklingen.<br />

Die letzte Veranstaltung für das Jahr<br />

ist am 9. Dezember geplant: zur Bescherung<br />

der Tiere kann mitgebrachtes<br />

Futter abgegeben werden, über welches<br />

sich die Tiere dann vor den Augen<br />

der Besucher hermachen dürfen. Auch<br />

hier ist im Anschluss ein Lagerfeuer geplant.<br />

Aber ganz egal, an welchem Tag und zu<br />

welcher Jahreszeit, ob zum Familienfest<br />

oder in winterlicher Stille - der Naturschutztierpark-Görlitz<br />

ist immer einen<br />

Besuch wert. Wir freuen uns auf Sie!<br />

Naturschutz-Tierpark Görlitz e.V.<br />

Veranstaltungen <strong>2018</strong><br />

10. März (Sonnabend) Hissen der Tibetflagge<br />

18. März (Sonntag) Frühlingsspaziergang<br />

02. April (Montag) Osterfest<br />

21. Mai (Montag) Pfingstkonzert<br />

06. Juli (Freitag) Stein-Mal-Tag<br />

09. September (Sonntag) Tierparkfest<br />

15. September (Sonnabend) Artenschutztag<br />

30. Oktober (Dienstag) Halloween<br />

09. November (Freitag) Martinsspiel & Martinsumzug<br />

09. Dezember (Sonntag) Bescherung der Tiere<br />

Änderungen vorbehalten!<br />

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Ausblick<br />

23


Görlitzer<br />

Zum Vorlesen an Winterabenden<br />

Sagen<br />

–<br />

Die Sage von der Verrätergasse<br />

Man mache sich einmal den Spaß und<br />

beobachte die Passanten auf dem Leninplatz,<br />

wenn die Turmuhr der Dreifaltigkeitskirche<br />

die volle Stunde schlägt.<br />

Fast jedesmal wird man sehen, wie einzelne<br />

erstaunt auf ihre Armbanduhren<br />

schauen und in Zweifel geraten, ob ihre<br />

hochmodernen Zeitanzeiger etwa plötzlich<br />

sieben Minuten nachgehen. Aber<br />

mit der Turmuhr hat es seine eigene<br />

Bewandtnis. Von altersher heißt dieser<br />

Kirchturm „Der Mönch“, und ertönt seine<br />

Uhrglocke, so heißt es einfach „Der<br />

Mönch schlägt“. Denn der Turm gehörte<br />

vor 1565 zur Klosterkirche der Franziskaner.<br />

Solange man zurückdenken<br />

kann, hörte man den Stundenschlag der<br />

Turmuhr immer sieben Minuten vor der<br />

Zeit.<br />

Spaßvögel erklärten das wohl damit, die<br />

Rathausleute sollten auf diese Weise<br />

einen Wink bekommen, sich rechtzeitig<br />

zum Mittagessen auf den Weg nach<br />

Hause zu begeben, um die Ehefrauen<br />

nicht zu verstimmen. Andere brachten<br />

das vorzeitige Läuten mit dem Kloster-<br />

Gymnasium in Verbindung. Säumige<br />

Langschläfer unter den Schülern sollten,<br />

so meinte man, dadurch aufgeschreckt<br />

und ermahnt werden, die Beine in die<br />

Hand zu nehmen, damit sie noch rechtzeitig<br />

zum Unterricht kämen. Meistens<br />

aber heißt es, das merkwürdige Vorgehen<br />

der Mönchs-Uhr habe etwas mit<br />

jener engen Gasse zu tun, die von der<br />

gegenüberliegenden Seite des Platzes<br />

zur Langenstraße führte und den ungewöhnlichen<br />

Namen „Verrätergasse“<br />

trägt.<br />

Nach dieser Sage hatten sich 1527 unzufriedene<br />

Bürger zusammengetan, den<br />

Rat abzusetzen, seine Mitglieder umzubringen<br />

und die Stadt gar in Brand zu<br />

stecken. Die Verschwörer kamen in einem<br />

Haus der Langengasse, das gerade<br />

neben dem Eingang des schmalen Gäßleins<br />

liegt, durch ein Hinterpförtchen zusammen,<br />

und dort besprachen sie ihren<br />

Aufstandsplan. Gewöhnlich blieben sie<br />

bis Mitternacht beieinander und schlichen<br />

erst nach Hause, wenn der Nachtwächter<br />

seinen Abgesang gemacht hatte<br />

und die Gassen einsam lagen. Eines<br />

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24<br />

Winterliches


Görlitzer Sagen<br />

Sagen<br />

Nachts jedoch schlug die Turmuhr vom<br />

nahen „Mönch“ sieben Minuten zu früh.<br />

Der Nachtwächter bemerkte aus einiger<br />

Entfernung, wie schattenhafte Gestalten<br />

vorsichtig aus dem Hinterpförtchen<br />

kamen und davonhuschten. Er schöpfte<br />

Verdacht, zeigte die Sache auf dem Rathaus<br />

an, und so kam der Aufstandsplan<br />

heraus. Die Verschwörer wurden auf<br />

dem alten Fischmarkte vor dem früheren<br />

Stockhaus hingerichtet.<br />

Das Seitengäßchen bekam fortan den<br />

Namen „Verrätergasse“. An dem Hinterpförtchen<br />

aber ließ der Rat eine steinerne<br />

Tafel anbringen, die heute noch zu<br />

sehen ist. Sie trägt die Buchstaben „D V<br />

R T“ und die Jahreszahl 1527. Seit Jahrhunderten<br />

deutet man die vier Buchstaben<br />

als eine Abkürzung für „Der verräterischen<br />

Rotte Tür“ Die Mönchs-Uhr<br />

wurde seither immer so gestellt, daß sie<br />

sieben Minuten zu früh die volle Stunde<br />

schlägt. Und die Alteingesessenen wissen<br />

das genau.<br />

Man vermutet gewiss nicht grundlos,<br />

niemand anders als der mächtige Oberstadtschreiber<br />

Johannes Haß habe nach<br />

seinem Sieg über die Tuchmacher das<br />

alles so angeordnet. Wahrscheinlich<br />

sollte den unzufriedenen Handwerkern<br />

damit bedeutet werden, was für ein böses<br />

Ende es nähme, legte man sich noch<br />

einmal mit den Mächtigen der Stadt an.<br />

Die ermordeten Kämpfer für das Bürgerrecht<br />

sollten vor der Nachwelt als<br />

verantwortungslose Brandstifter und als<br />

Verräter an der Stadtgemeinschaft einen<br />

schlimmen Ruf bekommen. Bis in<br />

die jüngste Zeit ist ja Derartiges in unserer<br />

Geschichte nicht einmal so selten<br />

gewesen. So mag man sich seinen eigenen<br />

Vers drauf machen, liest man das<br />

Straßenschild „Verrätergasse“ und hört<br />

man die Mönchs-Uhr, wie gewöhnlich,<br />

sieben Minuten vor der Zeit schlagen<br />

Die Sage vom Gobius und dem Leichenwagen<br />

So wie manchen Görlitzer Sagen etwas<br />

Schauerliches eigen ist, erzählt auch die<br />

Geschichte vom Stadtrichter Gregor Gobius<br />

(1588-1658) von nächtlichen Begebenheiten,<br />

die zartbesaitete Gemüter so<br />

recht das Gruseln lehren können. Ein-<br />

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Winterliches<br />

25


Görlitzer<br />

Zum Vorlesen an Winterabenden<br />

Sagen<br />

–<br />

geweihte wollen wissen, daß ab und zu<br />

in mitternächtlicher Stunde ein schwarzverkleideter<br />

Leichenwagen durch die<br />

Görlitzer Altstadt rumpelt. Er nimmt<br />

seinen geisterhaften Weg von der Frauenkirche<br />

aus durch die Steinstraße, die<br />

Nonnenstraße, die Brüderstraße und die<br />

Peterstraße bis an das Haus Peterstraße<br />

13, das Gobius einst bewohnte, von dort<br />

aus dann durch die Langenstraße, die<br />

Breite Straße, vorüber am Reichenbacher<br />

Turm, den Grünen Graben entlang<br />

bis zum Nikolaifriedhof, wo sich die Gobiussche<br />

Gruft befindet. Der Spukwagen<br />

soll mit schwarzen Pferden ohne Kopf<br />

bespannt sein. Schwarz vermummte<br />

Männer, die den Kopf unter dem Arme<br />

tragen, sollen ihm stumm zur Seite<br />

schreiten. Neugierige, die sich von dem<br />

ungewohnten Geräusch ans Fenster locken<br />

ließen, sahen bisher immer den<br />

Leichenwagen undeutlich gerade um<br />

die Straßenecke verschwinden. Wem es<br />

so ergeht, der kann noch von Glück sagen.<br />

Denn sollte es einmal jemand genau<br />

wissen wollen und dem Leichenzug<br />

nachspüren, der müßte dann den vorwitzig<br />

erhaschten Anblick noch im gleichen<br />

Jahre mit seinem Leben bezahlen.<br />

Nach einer anderen Lesart kutschiert<br />

der skandalumwitterte Gobius um Mitternacht<br />

selbst durch die Heilige-Grab-<br />

Straße, natürlich in einem schwarzen<br />

Wagen und mit vier schwarzen Pferden,<br />

und seinen Kopf hält er dabei unterm<br />

Arme. Er soll sogar vom Fenster seines<br />

Hauses aus seinem eigenen Leichenbegängnis<br />

zugeschaut haben.<br />

Der Überlieferung nach galt Kopsch, der<br />

seinem Namen die lateinische Fassung<br />

„Gobius“ gab, zu Lebzeiten als Alchimist<br />

und trieb selbst chemische Experimente.<br />

Man weiß, es gab seinerzeit unter diesen<br />

Alchimisten ebenso ernsthaft und erfolgreich<br />

forschende Gelehrte wie auch<br />

gerissene Betrüger und Halsabschneider.<br />

Heute läßt sich nicht mehr sicher<br />

herausfinden, ob Gobius ein eingebildeter<br />

oder ein echter Forscher war und<br />

ob ihm vielleicht mit dem wenig schmeichelhaften<br />

Skandalklatsch Unrecht geschieht.<br />

Den Leichnam seiner Frau soll<br />

er geschickt einbalsamiert haben. Er bevorzugte<br />

grellrote Kleidung und ausla-<br />

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26<br />

Winterliches


Görlitzer Sagen<br />

Sagen<br />

dende Perücken. Schon das mochte<br />

ihn dümmlichen Schandmäulern<br />

verdächtig machen.<br />

Es mag lange her sein, da spielten<br />

ausgelassene Jungen auf dem<br />

Nikolaifriedhofe. Einer trieb es besonders<br />

arg und höhnte übermütig<br />

am Gitter der Gobius-Gruft:<br />

„Gobsch, Gobsch, komm heraus!“<br />

Von unsichtbarer Hand bekam er<br />

eine klatschende Maulschelle, und<br />

die erschrockene Meute suchte das<br />

Weite. Aber wer hätte das dem Gobius<br />

verdenken können?<br />

Aus „Geschichten aus Alt-Görlitz“,<br />

Görlitzinformation, 1983,<br />

drei Auflagen, 35000 Exemplare<br />

Texte: Ernst Kretzschmar<br />

Leserbrief<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

mit Interesse habe ich in der letzten<br />

Ausgabe Nr. 174 die Sage<br />

vom Klötzelmönch gelesen und<br />

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Winterliches<br />

27


Görlitzer<br />

Zum Vorlesen an Winterabenden<br />

Sagen<br />

–<br />

kann Ihen Neuigkeiten zum fehlenden<br />

Mönchskopf geben.<br />

Angefangen hat alles so:<br />

In so mancher lauen Sommernacht saßen<br />

meine Frau und ich zu Tisch, bei<br />

einem gemütlichen Gläschen Wein, vor<br />

unserem Wohnhaus in der Langenstraße,<br />

Ecke Fleischerstraße.<br />

So manches Mal zog der Görlitzer Stadtwächter<br />

mit einem Lindwurm an Besuchern<br />

im faden Laternenlicht an uns vorbei<br />

und erzählte den Nachtschwärmern<br />

auf der Fleischerstraße vor dem Bildnis<br />

„der suchenden Mutter“ die Sage vom<br />

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28<br />

Winterliches


Görlitzer Sagen<br />

Sagen<br />

Klötzelmönch, immer mit den abschließenden<br />

Worten, ihr gegenüber war ein<br />

bärtiger, hässlicher Mann zu sehen, von<br />

dem man glaubte, es handle sich um<br />

den Kötzelmönch.<br />

Meine Frau und ich, aber auch Freunde,<br />

die zu Besuch waren, fanden es immer<br />

wieder schade zu hören, da hing ein<br />

hässlicher Männerkopf.<br />

In meiner Funktion als Bürgerrat der<br />

Görlitzer Altstadt trug ich diese Geschichte<br />

bei unserer monatlich stattfindenden<br />

Sitzung (Jeden ersten Montag<br />

im Monat, um 19.00 Uhr im Dreibeinigen<br />

Hund) meinen Mitstreitern des<br />

Bürgerrates und anwesenden Bürgern<br />

vor. Nach einigen Überlegungen war die<br />

Idee geboren, ob es nicht möglich ist,<br />

die hässliche Fratze wieder anzubringen,<br />

damit den interessierten Görlitzen<br />

und deren Besuchern nicht mehr gesagt<br />

werden muss, da hing. Unter einigen<br />

Anstrengungen ist es uns gelungen, das<br />

es in diesem Jahr noch heißen wird, der<br />

suchenden Mutter gegenüber hängt der<br />

hässlich drein schauende Mönch.<br />

Leider ist das Ordinalbildnis der Fratze<br />

in den Wirren der Görlitzer Geschichte<br />

verschwunden, selbst auf den ältesten<br />

Photographien um 1900 ist der Mönch<br />

nicht zu finden. Aus diesem Grund hat<br />

es einen Wettbewerb dreier Bildhauer<br />

zum „Mönch“ gegeben, dazu fand am<br />

11.1.<strong>2018</strong> im Camillo neben der Neuwahl<br />

der Bürgerräte Altstadt/Nikolaivorstadt/Klingewalde<br />

die Vorstellung der<br />

Entwürfe des grimmig schauenden Mönches<br />

für die Görlitzer Bürgerschaft statt.<br />

Um die Bürger bei der Entscheidung mit<br />

einzubeziehen, welcher Mönch nun die<br />

arme Tochter geraubt haben soll, konnte<br />

jeder Interessierte seine Meinung zu<br />

den drei Fratzen kundtun.<br />

Man durfte gespannt sein, welche grimmig<br />

schauende Fratze, den kleinen und<br />

großen Besuchern unserer schönen Neißestadt,<br />

die auf der Suche nach dem<br />

Mönch sind, einen kalten Schauder vergangener<br />

Tage über den Rücken treibt.<br />

Alexander Lehmann<br />

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Winterliches 29


Görlitzer<br />

Zum Vorlesen an Winterabenden<br />

Sagen<br />

–<br />

Leserbrief II<br />

In der Januarausgabe des StadtBild<br />

veröffentlichten wir auch die von Dr.<br />

Ernst Kretzschmar trefflich beschriebene<br />

schaurige Geschichte vom Klötzelmönch,<br />

der sich an einem jungen<br />

Mädchen verging und zur Strafe lebendig<br />

eingemauert worden sein soll. Über<br />

Generationen hinweg wurde die Sage<br />

weiter erzählt, und an der Ecke Obermarkt<br />

31/Fleischergasse 1 wurde sein<br />

angeblich so furchterregendes Porträt,<br />

in Stein gemeißelt, angebracht. Am gegenüber<br />

liegenden Eckhaus befindet<br />

sich noch heute ein Frauenkopf, der die<br />

Mutter des Mädchens darstellen soll, die<br />

suchend nach ihrer Tochter Ausschau<br />

hält. Durch Baumaßnahmen ging die<br />

Skulptur des „Klötzelmönch“ verloren.<br />

Von dem Mönchskopf wurde bisher<br />

noch keine Abbildung entdeckt, weder<br />

auf Zeichnungen oder Bildern, noch auf<br />

Fotografien finden sich Abbildungen des<br />

historischen Mönchskopfes.<br />

Seit einigen Jahren bemüht sich die<br />

Stadt Görlitz, die Bürger in die Gestaltung<br />

ihres Wohnumfeldes aktiv einzubeziehen.<br />

Deshalb wurden Bürgerschaftsräte<br />

für die einzelnen Wohngebiete<br />

gegründet, so auch der Bürgerrat Altstadt.<br />

Hier entstand der Gedanke, der<br />

Sage vom Mönchskopf wieder Gestalt<br />

zu geben und einen neuen Mönchskopf<br />

an der alten Stelle wieder anzubringen.<br />

So entschloß sich der Bürgerrat Altstadt,<br />

freundlicherweise sein knappes<br />

Budget zur Verfügung zu stellen, um einen<br />

Bildhauer-Wettbewerb auszuloben,<br />

durch den eine neue Skulptur angeregt<br />

werden sollte. Das geschah auch. Drei<br />

Bildhauer beteiligten sich an dem Wettbewerb<br />

mit eigenen, recht gut getroffenen<br />

Entwürfen. Am 11. Januar <strong>2018</strong><br />

lud der Bürgerrat alle interessierten<br />

Bürger in den Saal des Camillo ein, um<br />

der Bevölkerung Gelegenheit zu geben,<br />

die Entwürfe kennenzulernen und sich<br />

für den geeignetesten zu entscheiden.<br />

Der kleine Saal war bis zum letzten Platz<br />

gefüllt, als nach einem lebendig durch<br />

das Mitglied des Bürgerates, Hagen Aye,<br />

vorgetragenen Rechenschaftsbericht die<br />

drei anwesenden Bildhauer Gelegenheit<br />

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30<br />

Winterliches


Görlitzer Sagen<br />

Sagen<br />

bekamen, sich und ihre Entwürfe kurz<br />

vorzustellen. Die aus Görlitz stammende<br />

und heute in Dresden schaffende Romy<br />

Kumann stellte ihren Entwurf sowohl als<br />

Skizze, wie auch als verkleinerte Plastik<br />

vor, die den Mönch mit seiner Tonsur<br />

sehr lebendig und menschlich zeigt.<br />

Die beiden weiteren männlichen Mitbewerber<br />

stammen beide aus Ostritz.<br />

Hans Herbig skizzierte seinen Entwurf<br />

mit einem grimmig dreinschauenden<br />

Mönch in der klassichen Mönchskutte<br />

mit Kapuze.<br />

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Winterliches<br />

31


Görlitzer<br />

Zum Vorlesen an Winterabenden<br />

Sagen<br />

–<br />

Robert Vallentin versuchte eine wörtliche<br />

Umsetzung der Sage und skizzierte<br />

einen wirklich gräßlich und finster dreinschauenden<br />

Mönchskopf.<br />

Bei der anschließenden lebhaften Bewertung<br />

der Entwürfe konnten die anwesenden<br />

Bürger je drei Punkte vergeben.<br />

Der Entwurf von Romy Kumann<br />

fand unter den Anwesenden die größte<br />

Zustimmung.<br />

Hans Herbig und Robert Vallentin folgten<br />

mit ihren Entwürfen auf den Plätzen.<br />

Damit ist allerdings noch nichts entschieden,<br />

denn sowohl der Denkmalschutz,<br />

als auch der Hauseigentümer, die<br />

städtische Wohnungsgesellschaft Komm<br />

Wohnen, haben noch ein Wörtchen mitzureden.<br />

Erst danach wird offiziell der<br />

Sieger des Wettbewerbs bekannt gegeben<br />

und der Auftrag vergeben, der<br />

möglichst rasch ausgeführt werden soll.<br />

Das ist möglich, da der Bürgerrat Altstadt<br />

dankenswerterweise sein ihm zur<br />

Verfügung stehendes Budget für 2017<br />

und <strong>2018</strong> hierfür zur Verfügung gestellt<br />

hat. Dennoch bleibt noch ein Finanzierungsloch,<br />

welches durch Spenden gedeckt<br />

werden soll. Auch unsere Stadt-<br />

BILD Leser, sind herzlich eingeladen sich<br />

hieran zu beteiligen. Das Spendenkonto<br />

ist ein Konto des Aktionskreises für Görlitz<br />

e.V., und diese Zusammenarbeit ist<br />

möglich geworden, weil der Aktionskreis<br />

für Görlitz e.V. dieses Projekt nicht nur<br />

unterstützenswert findet, sondern sich<br />

auch aktiv an der Verwirklichung beteiligen<br />

will. Es ist somit ein gemeinsames<br />

Projekt des Bürgerrates und des Aktionskreises!<br />

Diese Spenden sind steuerlich<br />

absetzbar!<br />

Spendenkonto Kennwort „Klötzelmönch“.<br />

IBAN: DE76 8707 0024 0624 4990 00<br />

Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien<br />

Bertram Oertel<br />

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32<br />

Winterliches


1000 Jahre<br />

Jahre<br />

Friede zu Bautzen<br />

Friede<br />

Die Belagerung von Bautzen durch Johann Georg I. von Sachsen im September 1620<br />

Um die Jahrtausendwende begann die<br />

Christianisierung des „heidnischen Ostens“,<br />

der vorwiegend von slawischen<br />

Stämmen besiedelt war. Die damalige<br />

Christianisierung erfolgte mit „Feuer und<br />

Schwert“, sprich, mit den Missionaren zogen<br />

bewaffnete Ritter ins damals heidnische<br />

Ostsachsen und Schlesien, die Furcht<br />

und Schrecken unter der slawischen Bevölkerung<br />

verbreiteten. Parallel hierzu<br />

dehnte das damalige „Heilige Römische<br />

Reich Deutscher Nation“ unter Heinrich II.<br />

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Geschichte<br />

33


1000 Jahre<br />

Jahre<br />

Friede zu Bautzen<br />

Friede<br />

–<br />

sein Herrschaftsgebiet gen Osten aus. Im<br />

Osten, um das heutige Krakau errichtete<br />

Herzog Boleslaw I. Chobry, genannt der<br />

Tapfere, zwischen 992 und 1025 ein eigenes<br />

Reich, das Reich der Piasten, welches<br />

im wesentlichen das Gebiet des späteren<br />

Großpolen umfaßte. Boleslaw I. eroberte<br />

damals auch das Gebiet um Kiew Russ<br />

und machte es kurzzeitig tributpflichtig.<br />

Ebenfalls drangen seine Krieger ins Gebiet<br />

der Oberlausitz ein. 1002 wurde Markgraf<br />

Ekkehard I. ermordet, und Boleslaw<br />

I. nützte die regierungsfreie Zeit und besetzte<br />

Bautzen und die Lausitz. Hieraus<br />

stammt auch die erste urkundliche Erwähnung<br />

Bautzens aus dem Jahre 1002 durch<br />

den Bischof von Merseburg Thietmar, der<br />

im Dezember 1018 verstarb. Thietmar von<br />

Merseburg verdanken wir die Kenntnisse<br />

aus dieser bewegten Zeit, die Thietmar in<br />

einer achtbändigen historischen Chronik<br />

festhielt. Bis 1018 nutzte Boleslaw I. die<br />

Wirren nach der Ermordung Ekkehards I.,<br />

so daß es bis 1018 zu ständigen Scharmützeln<br />

zwischen den Truppen Heinrichs<br />

I. und Bolelaws I. kam. Diese ständigen<br />

Unruhen gefährdeten sowohl die gesamte<br />

Ostpolitik Heinrichs II., aber noch mehr die<br />

Bemühungen Boleslaws I. um Festigung<br />

seines Fürstentums. Deshalb trafen sich<br />

am 30. Januar 1018 die Unterhändler des<br />

Reiches, Erzbischof Gero von Magdeburg,<br />

Bischof Arnulf von Halberstadt, Markgraf<br />

Hermann I. von Meißen, Graf Dietrich und<br />

der kaiserliche Kämmerer Friedrich mit<br />

Fürst Boleslaw I. auf der Ortenburg zu<br />

Bautzen. Gleichzeitig trat Boleslaw I. dem<br />

Bündnis des West-Römischen Reiches gegen<br />

das Byzantinische-Oströmische Reich<br />

bei. Im Zuge dieses historischen Friedenschlusses<br />

behielt Boleslaw I. bis 1031<br />

lehnsfrei die strittige Mark Lausitz und das<br />

Land der Milzener im Gebiet der heutigen<br />

Oberlausitz. Zur Festigung des Friedens<br />

heiratete Boleslaw I. gleich am 3. <strong>Februar</strong><br />

1018 die jüngste Tochter Oda des Markgrafen<br />

von Meißen Ekkehard I.. Dennoch<br />

hielt der Friede nur bis 1031, als Boleslaw<br />

I. zum König von Polen gekrönt wurde.<br />

Durch den Frieden zu Bautzen erhielt die<br />

Lausitz ihren eigenen politischen Status<br />

als „Nebenland“, der bis 1815 ununterbrochen<br />

Bestand hatte. Dadurch erhielt<br />

die Lausitz eine eigene politische Verfas-<br />

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34<br />

Geschichte


1000 Jahre<br />

Jahre<br />

Friede zu Bautzen<br />

Friede<br />

Friedensschluss zu Bautzen 1018 (mit freundlicher Genehmigung des Hallischen Hanseverein e.V.)<br />

sung, die in Teilen bis in unsere Zeit hinein<br />

reicht. Auch die kulturellen Besonderheiten<br />

der Lausitz wurden durch den Frieden zu<br />

Bautzen gewährt. Am bekanntesten dürfte<br />

der Schutz der slawischen (sorbischen/<br />

wendischen) Bevölkerung sein, wo inmitten<br />

des deutschen Reiches ihr Fortbestand<br />

und ihre kulturellen Besonderheiten bis<br />

heute gewahrt wurden.<br />

Bedeutung des Friedens von Bautzen heute<br />

Polen bezieht sich bei den anstehenden<br />

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Geschichte<br />

35


1000 Jahre<br />

Jahre<br />

Friede zu Bautzen<br />

Friede<br />

–<br />

Bautzen<br />

1000-Jahr-Feiern auch auf dieses historische<br />

Datum, da ab dieser Zeit der Name<br />

Polani=Polen historisch belegt ist. Die EU<br />

hat diesen historischen Friedensschluß<br />

zum Anlaß genommen und das Jahr <strong>2018</strong><br />

zum Europäischen Kulturerbejahr erklärt.<br />

Im Fokus des Kulturerbejahres steht das<br />

Gemeinschaftliche und Verbindende Europäischer<br />

Kultur. Diese gemeinsame Geschichte<br />

und dieses kulturelle Erbe sollen<br />

den Europäern in zahlreichen Veranstaltungen<br />

und Publikationen ins Bewußt-<br />

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36<br />

Geschichte


1000 Jahre<br />

Jahre<br />

Friede zu Bautzen<br />

Friede<br />

sein gerufen und näher gebracht werden.<br />

Gleichzeitig ist die junge Generation aufgerufen,<br />

dieses reichhaltige kulturelle Erbe<br />

zu entdecken, zu fördern und zu bewahren.<br />

In Deutschland koordiniert das Deutsche<br />

Nationalkomitee für Denkmalschutz<br />

die Durchführung dieses Themenjahres<br />

in Abstimmung mit Bund, Ländern und<br />

Kommunen. Bundespäsident Frank-Walter<br />

Steinmeier übernimmt die Schirmherrschaft<br />

für SHARING HERITAGE, indem<br />

alle Bürger aufgerufen sind, sich an dem<br />

Kulturerbejahr zu beteiligen, indem sie eigene<br />

Projekte anmelden und den Aufruf<br />

unterzeichnen sowie unterstützen. Bautzen<br />

nimmt im Kulturerbejahr <strong>2018</strong> einen<br />

besonderen Platz ein, da zahlreiche Veranstaltungen<br />

und internationale Konferenzen<br />

sich dem Thema 1000 Jahre Friede<br />

zu Bautzen ausführlich widmen. Hier ein<br />

kurzer Überblick zu den wichtigsten Ereignissen<br />

im Jahr <strong>2018</strong>. Nähere Hinweise<br />

zu diesen und weiteren Veranstaltungen<br />

entnehmen Sie bitte der Tagespresse oder<br />

erfragen Sie beim Presseamt der Stadt<br />

Bautzen bzw. unter www.bautzen.de.<br />

Bertram Oertel<br />

30.01. und 31.01.<strong>2018</strong><br />

Der Friede von Bautzen 1018. Internationale Konferenz<br />

sowie zahlreiche Auftaktveranstaltungen im Stadtgebiet<br />

05.03.<strong>2018</strong><br />

Majòwka (deutsch-polnisches Treffen)<br />

24.04.<strong>2018</strong><br />

Presse-Konferenz zum Preis „DIE/KUNST/EUROPA“<br />

19.05.<strong>2018</strong><br />

Die Hochzeit/Swajzba. Spreewälder Sagennacht.<br />

26.05.<strong>2018</strong><br />

Lampenfieber. Talente-Wettbewerb Kategorie „Ohr“<br />

Einweihung „Platz der „Partnerstädte in Bautzen“<br />

2.06.<strong>2018</strong><br />

Lampenfieber. Talente-Wettbewerb<br />

Kategorien „Mund+Wort, Hand+Fuß“<br />

14.06.<strong>2018</strong><br />

Pressekonferenz zu: Rückblick & Ausblick<br />

2.-15.07.<strong>2018</strong><br />

deutsch-polnischer Musiktheater-Workshob<br />

zum Thema „Frieden“<br />

20.07.<strong>2018</strong><br />

Lausitzer Musiksommer Eröffnungskonzert<br />

1000 Jahre Friede zu Bautzen<br />

01.09.<strong>2018</strong><br />

Historisiserendes Volksfest „Bautzen um 1018“<br />

08.-14.10.<strong>2018</strong><br />

Creativ Camp Lampenfieber <strong>2018</strong> „Frieden ist….“<br />

03.11.<strong>2018</strong><br />

Tagung der Oberlausitzischen Gesellschaft<br />

der Wissenschaften<br />

11.11.<strong>2018</strong><br />

1000 Jahre Polnische Unabhängigkeit<br />

14.11.<strong>2018</strong><br />

Vergabe Bautzener Friedenspreis<br />

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Geschichte<br />

37


120 Jahre Deutsches Rotes Kreuz –<br />

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A<br />

Der Kreisverband des Deutschen Roten<br />

Kreuzes feiert in diesem Jahr sein<br />

120-jähriges Bestehen. Im Jahr 1898<br />

entstand aus dem „Verein zur Pflege im<br />

Felde verwundeter und erkrankter Krieger“<br />

das Rote Kreuz in Görlitz. Im Ständehaus<br />

fand seinerzeit am 5. <strong>Februar</strong><br />

1898 durch den Landeshauptmann Kurt<br />

Friedrich Ernst Otto Damm von Seydewitz<br />

die Gründung als Zweigverein des<br />

Roten Kreuzes statt.<br />

Die Geschichte des Roten Kreuzes - das<br />

ist auch die Geschichte von Jean-Henry<br />

Dunant (1828-1910), der die Welt nachhaltig<br />

mit seinen Ideen veränderte: Das<br />

Internationale Rote Kreuz ist heute die<br />

größte humanitäre Organisation der<br />

Welt.<br />

Das Schlüsselerlebnis seines Lebens<br />

wiederfuhr Dunant 1859 auf einer Geschäftsreise<br />

nach Solferino in Oberitalien.<br />

Eher zufällig wurde er Zeuge einer<br />

der blutigsten Schlachten der Geschichte.<br />

Eine Schlacht mit über 40 000 Verwundeten<br />

und Toten. Schockiert vom<br />

Elend der Opfer und der Hilflosigkeit<br />

der Sanitätskräfte reifte in ihm von nun<br />

an der Gedanke an eine internationale<br />

Hilfsorganisation. Schon bald verwirklichte<br />

er seine Pläne: 1863 konnte in<br />

Genf das Internationale Komitee vom<br />

Roten Kreuz gegründet werden. Nur ein<br />

Jahr später wurde die erste Genfer Konvention<br />

erlassen.<br />

An der Schützenstrasse in Görlitz hatte<br />

die Freiwillige Sanitätskolonne vom Roten<br />

Kreuz ihren Vereinssitz und Stützpunkt.<br />

Am 30. Dezember 1917 erfolgt in Görlitz<br />

die Überreichung eines Sanitätsautos<br />

für zwei Schwerverletzte und vier<br />

Leichtverletzte an die DRK Sanitätskolonne<br />

Görlitz durch den Kameraden Gerbermeister<br />

E. Gude.<br />

Mittlerweile ist der Kreisverband breit<br />

aufgestellt. Rund 400 Mitarbeiter zählt<br />

der DRK Kreisverband Görlitz Stadt und<br />

Land. Die Arbeit des DRK Kreisverbandes<br />

Görlitz Stadt und Land e.V. und das<br />

Leistungsspektrum sind umfangreich:<br />

Die Kindertagesstätten, DRK-Altenpflegeheime,<br />

die Sozialstationen, Tagespfle-<br />

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38<br />

Geschichte


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in Görlitz<br />

120 Jahre DRK<br />

DRK Görlitz Schützenstraße, um 1930 (?)<br />

ge, der Fahr- und Sanitätsdienst sowie<br />

der Kleiderladen im Zentrum der Stadt<br />

Görlitz sind an dieser Stelle beispielhaft<br />

zu nennen.<br />

Überdies engagieren sich mehr als 450<br />

ehrenamtliche Kameraden. So unterschiedlich<br />

die Situationen sind, in denen<br />

Menschen Hilfe brauchen, so vielfältig<br />

sind auch die Aufgaben, die unsere ehrenamtlichen<br />

Helfer tagtäglich übernehmen.<br />

Das Deutsche Rote Kreuz ist dort,<br />

wo Menschen Hilfe benötigen - sei es<br />

nach einem Verkehrsunfall, einer Naturkatastrophe<br />

oder bei der Unterstützung<br />

alleinlebender Senioren.<br />

Das Deutsche Rote Kreuz ist die Nationale<br />

Gesellschaft des Roten Kreuzes<br />

auf dem Gebiet der Bundesrepublik<br />

Deutschland und Bestandteil der Internationalen<br />

Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung.<br />

Das DRK bekennt sich zu<br />

den Rotkreuzgrundsätzen Menschlichkeit,<br />

Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit,<br />

Freiwilligkeit, Einheit und<br />

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Geschichte<br />

39


120 Jahre Deutsches Rotes Kreuz<br />

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Schulgebäude Cottbuserstraße als Lazarett im I. Weltkrieg mit Rot-Kreuz-Fahne<br />

Universalität.<br />

Auch über 120 Jahre später sind die<br />

Gründungsideen - Völkerverständigung,<br />

Hilfe für andere Menschen und Gesundheit<br />

– noch aktuell und bestimmen die<br />

Arbeit des Deutschen Roten Kreuzes.<br />

Kontakt:<br />

DRK Kreisverband Görlitz Stadt<br />

und Land e. V.<br />

Lausitzer Str. 20-22, 02828 Görlitz<br />

Tel. 03581 362 410<br />

Internet www.drk-goerlitz.de<br />

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40<br />

Geschichte


Templum Soraborum<br />

Soraborum<br />

–<br />

Wen der Weg durch Bad Muskau entlang<br />

der Kirchstraße vom Kirchplatz in<br />

Richtung Markt führt, der entdeckt auf<br />

der rechten Seite des Weges den Namen<br />

Andreasgasse. Dieser weist hin,<br />

dass einst an diesem Ort die St. Andreaskirche<br />

stand. Sie war nach der Kirche<br />

im südöstlich gelegenen Gassendorf mit<br />

dem Namen Berg der zweite Kirchenbau<br />

in Muskau. Sein Standort wurde im Norden<br />

und Osten vom Bergpark begrenzt.<br />

Der Weihetag der St. Andreaskirche ist<br />

unbekannt. Auf ihre Existenz weist der<br />

Meißner Bistumsmatrikel aus dem Jahr<br />

1495 hin. Aus ihm ist zu entnehmen,<br />

dass dieses Gotteshaus zur Propstei<br />

Budissin gehört. Bis 1622 hatte die St.<br />

Andreaskirche den Status einer Pfarrund<br />

Stadtkirche. Bis dahin stand sie als<br />

Gotteshaus für die deutschen und sorbischen<br />

Einwohner in und um Muskau zur<br />

Verfügung. Danach hatte sie den Status<br />

einer Landkirche für die sorbische Bevölkerung<br />

der sorbischen Pfarrdörfer.<br />

Zu ihnen gehörten u. a. als wendische<br />

Pfarrdörfer Weißwasser, Weißkeißel,<br />

Skerbersdorf und Sagar. Nach der Vollendung<br />

des Baues der Stadtkirche in<br />

Bad Muskau stand dieses Gotteshaus<br />

der deutschen Bevölkerung und dem<br />

Hofstaat zur Verfügung. Dadurch hatte<br />

es den Status einer Hof- und Stadtkirche.<br />

Die St. Andreaskirche stand daraufhin<br />

ausschließlich den sorbischen<br />

Bürgern in Muskau und den wendischen<br />

Pfarrdörfern zur Verfügung. Von <strong>175</strong>3<br />

bis <strong>175</strong>4 erfolgte eine gründliche Renovierung.<br />

Im April 1744 wurde Muskau<br />

von einer schweren Feuersbrunst<br />

getroffen. Sie zerstörte 266 Häuser, die<br />

meist aus Holz gebaut worden waren,<br />

das Rathaus, die wendische Kirche St.<br />

Andreas und die Pfarrei. Darum musste<br />

danach die sorbische Gemeinde ihren<br />

Gottesdienst in der Bergkirche feiern,<br />

die eine Filialkirche von St. Andreas war.<br />

Von 1781 bis 1788 erfolgte ein Neubau<br />

der St. Andreaskirche, im Volksmund<br />

Wenden Tempel, in der lateinischen<br />

Sprache der Kirche auch Templum Soraborum<br />

genannt. Dieser Kirchenneubau<br />

wurde in Anwesenheit des Stifters, Graf<br />

von Callenberg, eingeweiht. Es war das<br />

erste Werk des Klassizismus im Lebens-<br />

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Geschichte<br />

41


Einst Zentrum des religiösen Lebens der Wenden<br />

Templum Soraborum<br />

raum der Muskauer Standesherrschaft.<br />

Der Klassizismus spiegelte die Veränderungen<br />

des sozialkulturellen Verständnisses<br />

im Bereich der Kultur wider.<br />

Dieser Neubau war mit vier dorischen<br />

Säulen ausgestattet, die den Hauptsims<br />

trugen. Eine Vase schloss die Kuppel ab.<br />

Weiterhin waren Rondelle vorhanden. In<br />

ihnen befanden sich Treppen, die zum<br />

Chor führten. Die Fassade wurde durch<br />

11 große und 11 kleine Fenster durchbrochen.<br />

Altar, Halle, die Emporen und<br />

Weihegegenstände waren schlicht gestaltet.<br />

Ein in der Kuppel eingehauenes<br />

C erinnerte an den Stifter Graf von Callenberg.<br />

Er fand seine letzte Ruhestätte<br />

im Gewölbe dieses Gotteshauses. 1872<br />

erhielt die St. Andreaskirche einen Turm<br />

und eine Glocke. Zur Evangelischen Kirche<br />

Schlesiens gehörend, wurde diese<br />

Kirche durch Kriegseinwirkungen unmittelbar<br />

vor dem 8.5.1945 zerstört und<br />

musste aufgrund dessen später abgerissen<br />

werden. Nur das Straßenschild Andreasgasse<br />

erinnert an den ehemaligen<br />

Standort dieses Gotteshauses.<br />

Ehemalige St. Andreaskirche in Bad Muskau<br />

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42<br />

Geschichte


Sakralbau im Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien<br />

Infolge der Reformation stand den katholischen<br />

Bürgern in Görlitz in einem<br />

langen Zeitraum kein eigenes Gotteshaus<br />

für Taufe, Eheschließung Abendmahl<br />

und Firmung zur Verfügung. Katholische<br />

Bürger durften innerhalb der<br />

Stadt nicht beerdigt werden. Kinder<br />

katholischen Glaubens in Görlitz war<br />

der Schulbesuch in dieser Stadt nicht<br />

möglich. Die hohe Anzahl der Bürger<br />

in Görlitz, die den lutherischen Glauben<br />

annahmen, führte dazu, dass etwa<br />

300 Jahre in Görlitz kein katholischer<br />

Gottesdienst stattfand. Während dieses<br />

Zeitraumes fanden die Görlitzer Katholiken<br />

ihre religiöse Heimstatt im zwischen<br />

Görlitz und St. Marienthal gelegenen<br />

Jauernick. Nachdem Görlitz nach dem<br />

Wiener Kongress zur Preußischen Provinz<br />

gehörte, war es den Katholiken<br />

in Görlitz durch eine Kabinettsorder<br />

des Königs Friedrich Wilhelm III. vom<br />

24. September 1829 erlaubt, in dieser<br />

Stadt eine Kapelle zu errichten und in<br />

ihr Gottesdienst zu feiern. Dafür stand<br />

ihnen ein gemietetes Gewölbe auf der<br />

Krischelstraße zur Verfügung. Der erste<br />

Gottesdienst wurde in dieser Räumlichkeit<br />

am 27. Dezember 1829 mit Pfarrer<br />

Kretschmar gefeiert. Allerdings war es<br />

nicht gestattet, dass der katholische<br />

Geistliche in Görlitz wohnt. So erfolgte<br />

die seelsorgliche Betreuung durch einen<br />

Kaplan aus Jauernick. Eine allergnädigste<br />

Kabinettsorder seiner Majestät des<br />

Königs vom 19. Juni 1832 erlaubte die<br />

Gründung einer katholischen Gemeinde.<br />

Daraufhin konstituierte und gründete<br />

sich eine katholische Gemeinde,<br />

die am 2. April 1835 offiziell bestätigt<br />

wurde. Zu ihr gehörten die Stadt Görlitz<br />

und der östlich der Neiße gelegene Ort<br />

Moys. Durch die Zugehörigkeit von Görlitz<br />

zur Preußischen Provinz Schlesien<br />

und der daraus resultierenden großartigen<br />

Entwicklung im Bereich der Wirtschaft<br />

und Kultur innerhalb dieses Lebensraumes<br />

kam es zu einem Zuwachs<br />

der Einwohnerzahl in Görlitz und infolge<br />

dessen auch der katholischen Bürger.<br />

Da Verhandlungen über eine Mitbenutzung<br />

von evangelischen Kirchenräumen<br />

in Görlitz erfolglos verliefen, beschloss<br />

die katholische Gemeinde ein eigenes<br />

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Geschichte<br />

43


Sakralbau<br />

Neobyzantinisch-neoromanischer –<br />

Heilig-Kreuz-Kirche an der Struvestraße<br />

Gotteshaus zu bauen. Einen geeigneten<br />

Standort fand man auf dem Gelände<br />

von Dr. Struve in der Nähe des Stadtparks.<br />

Die Grundsteinlegung der Kirche<br />

zum Heiligen Kreuz erfolgte am 27. August<br />

1850. Die Planung dieser Kirche im<br />

neobyzantinisch-neoromanischen Stil<br />

geschah durch den Geheimen Oberbaurat<br />

August Soler aus Berlin, der ein<br />

Schüler von Schinkel war. Verbaut wurden<br />

Königshainer Granit und Wartauer<br />

Sandstein. Weihbischof Latussek aus<br />

Breslau vollzog die Weihe dieses Gotteshauses<br />

am 27. August 1853. Acht Säulen<br />

tragen ein durchgängiges Kappengewölbe<br />

Der Innenraum wurde durch<br />

11 farbige Bleivergussfenster mitgestaltet.<br />

Besonders farbig gestaltet sind die<br />

5 kleineren Fenster im Altarraum. Das<br />

Hochaltarbild, stellt „Christus am Kreuz“<br />

dar. Es wurde durch König Ludwig I. von<br />

Bayern gestiftet. Ein Seitenaltar stellt<br />

den Heiligen Wenzeslaus dar. Es ist ein<br />

Originalwerk von Adolph Zimmermann<br />

aus Lodenau. Ein weiterer Seitenaltar<br />

stellt Maria mit dem Jesuskind dar, eine<br />

von E. Lindner aus München gefertigte<br />

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44<br />

Geschichte


Sakralbau im Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien<br />

Jesus-Kreuz vor der Vorhalle<br />

und geschenkte Kopie eines Freskobildes<br />

von Prof. Heinrich Heß. Der Hochaltar<br />

ist im Gegensatz zum Mittelalter<br />

nach Osten ausgerichtet. Die ständige<br />

Zunahme an Katholiken erforderte 1893<br />

den Bau einer Vorhalle, die etwa 100<br />

Personen einen Stehplatz bot. Hinten<br />

links wurde am 3.2.2001 eine Marienkapelle<br />

eingeweiht. Es handelt sich um<br />

ein Geschenk der polnischen Katholiken,<br />

die im Pfarrgebiet der Hlg. Kreuz<br />

Kirche leben und in diesem Gotteshaus<br />

eine religiöse Heimat gefunden haben.<br />

Das Marienbild in dieser Kapelle ist eine<br />

Nachbildung der Schwarzen Madonna<br />

von Częstochowa. Etwa 15 Meter vor<br />

dem Eingang dieser Kirche befindet sich<br />

eine Kreuzigungsgruppe, um auf den Namen<br />

dieses Gotteshauses hinzuweisen.<br />

Bevor man das Kirchengelände von St.<br />

Heilig Kreuz betritt, findet man vor dem<br />

großen Eingangstor einen Stolperstein.<br />

Er erinnert an den in dieser Pfarrkirche<br />

einige Jahre tätigen Kaplan Alfons Maria<br />

Wachsmann, der später in Greifswald<br />

als Pfarrer tätig war. Konsequent seinem<br />

christlichen Gewissen folgend, vertrat er<br />

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Geschichte<br />

45


Gedicht<br />

Winterliches Gedicht<br />

stets öffentlich seine antinationalozialistische<br />

Haltung. Aufgrund dessen wurde<br />

er am 21. <strong>Februar</strong> 1944 im Zuchthaus<br />

Brandenburg hingerichtet. Begünstigt<br />

durch den grenznahen Standort an der<br />

deutschpolnischen Grenze, hat die Hlg.<br />

Kreuzkirche einen großen Anteil an der<br />

grenzüberschreitenden Gestaltung des<br />

religiösen Lebens. So führt z. B. zur<br />

Fastenzeit von diesem Gotteshaus ein<br />

gemeinsamer deutschpolnischer Kreuzweg<br />

zu Fuß über die Brücke nach der St.<br />

Bonifatius-Kirche (Kociół świętego Bonifacego)<br />

in Zgorzelec. Dadurch hat im<br />

Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien<br />

die Hlg. Kreuzkirche eine wichtige Bedeutung<br />

erhalten für das harmonische<br />

und friedfertige Zusammenleben zwischen<br />

deutschen und polnischen Bürgern<br />

im religiösen Lebensraum.<br />

Jürgen Wenske<br />

Altarraum in der Heilig-Kreuz-Kirche<br />

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46<br />

Impressum:<br />

Herausgeber (V.i.S.d.P.):<br />

incaming media GmbH<br />

Geschäftsführer:<br />

Andreas Ch. de Morales Roque<br />

Carl-von-Ossietzky Str. 45<br />

02826 Görlitz<br />

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Fax: (03581) 40 13 41<br />

info@stadtbild-verlag.de<br />

www.stadtbild-verlag.de<br />

Geschäftszeiten:<br />

Mo. - Fr. von 9.00 bis 17.00 Uhr<br />

Druck:<br />

Graphische Werkstätten Zittau GmbH<br />

Verantw. Redakteur:<br />

Andreas Ch. de Morales Roque<br />

(Mitglied im Deutschen<br />

Fachjournalistenverband)<br />

Redaktion:<br />

Dr. Ernst Kretzschmar<br />

Dipl. - Ing. Eberhard Oertel<br />

Bertram Oertel<br />

Kathrin Drochmann<br />

Anzeigen verantw.:<br />

Dipl. - Ing. Eberhard Oertel<br />

Mobil: 0174 - 31 93 525<br />

Teile der Auflage werden auch kostenlos<br />

verteilt, um eine größere Verbreitungsdichte<br />

zu gewährleisten. Für eingesandte<br />

Texte & Fotos übernimmt der Herausgeber<br />

keine Haftung. Artikel, die namentlich<br />

gekennzeichnet sind, spiegeln nicht<br />

die Auffassung des Herausgebers wider.<br />

Anzeigen und redaktionelle Texte können<br />

nur nach schriftlicher Genehmigung<br />

des Herausgebers verwendet werden<br />

Anzeigenschluss für die März-Ausgabe:<br />

15. <strong>Februar</strong> <strong>2018</strong><br />

Redaktionsschluss: 20. Feb. <strong>2018</strong><br />

Wir arbeiten mit<br />

Stadtwerke Görlitz AG<br />

Immer.Näher.Dran<br />

Winterliches

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