209_StadtBILD_Dezember_2020

Liebe Leserinnen, liebe Leser, 

Vorwort 

Weihnachtsmärkte mit Lichterketten und geschmückten 

Bäumen, der Geruch von Bratäpfeln, 

Zimt und Glühwein, dazu strahlende 

Kinderaugen - das erwarten wir jedes Jahr in 

der Adventszeit. Doch in diesem denkwürdigen 

Jahr ist durch den Covid 19 Virus alles 

anders, dennoch Gesundheit steht an erster 

Stelle, wenn wir auch die Weihnachtsmärkte 

in der Region vermissen werden, die Hoffnung 

stirbt zuletzt. Besonders traurig stimmt 

es uns, die Gaststätten und die Hotels der 

Region in der Weihnachtszeit geschlossen 

zusehen. Gerade deshalb ist es wichtig in 

der Weihnachtszeit nach vorn zu sehen und 

sich der Traditionen und der Geschichte zu 

besinnen. 

Hierbei wird Ihnen die vorliegende Ausgabe 

eine kleine Unterstützung geben. Statt des 

zu Weihnachten obligatorischen Tierparkbesuches, 

laden wir Sie zu einem virtuellen 

Besuch des Görlitzer Zoos ein. Unvergessen 

bleiben uns die vielen Betriebsweihnachtsfeiern, 

besonders in der heimischen Textilindustrie, 

über deren Blüte und Niedergang 

wir berichten. Durch die Pandemie werden 

unsere sozialen Beziehungen, besonders innerhalb 

der Familien, auf eine harte Probe 

gestellt. Die wichtigsten Lehren aus der heutigen 

Pandemie sind die Einhaltung von Hygiene 

und Sauberkeit. Doch auch in früheren 

Zeiten wurde der Hygiene große Bedeutung 

beigemessen, wie das Dorfmuseum derzeit 

in einer reichhaltigen Ausstellung aufzeigt. 

Wir blicken nun auf ein sehr denkwürdiges 

Jahr 2020 zurück. Unser beliebtes Kulturmagazin 

„kulturrosso“ und auch die Traumhochzeit 

in Ostsachsen mußten wir vorerst 

einstellen. Nur durch die Treue unserer Leser 

und insbesondere der Inserenten konnte es 

mit dem StadtBILD weitergehen. An dieser 

Stelle bedanken wir uns auch an die vielen 

Zuwendungen die uns im Frühjahr als Unterstützung 

erreichten und von denen wir widerum 

die Gastronomie unterstützten. Und 

nun befinden wir uns erneut in einer ähnlichen 

Situation. 

Wenn Sie liebe Leser uns unterstützen 

möchten, können Sie das gern tun, mit dem 

Verwendungszweck Unterstützung auf das 

Konto: IBAN DE21 8504 0000 0302 1979 00 

An dieser Stelle sei aber auch ein großer 

Dank an unsere Autoren auszusprechen, 

ohne die es noch schwerer geworden wäre, 

auch inhaltlich immer wieder auf´s Neue 

interessante Artikel im StadtBILD zu veröffentlichen. 

Zu guter Letzt noch ein kleiner Tipp in eigener 

Sache, wir haben unsere Mund-Nasen- 

Masken um zwei Görlitzer Wintermotive im 

Shop unter www.StadtBILD-Verlag.de 

erweitert. Außerdem finden Sie hier viele 

weitere Produkte, wie unsere beliebten Jahreskalender, 

unsere Romantrilogie und viele 

Bücher, die Ihre Lieben erfreuen dürften. 

Frohe und besonders gesunde Weihnachten 

wünscht Ihre StadtBILD-Redaktion. 

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Einleitung 

3

Der Naturschutz-Tierpark Görlitz-Zgorzelec 

Von Isa Plath und Dr. Sven Hammer 

„Görlitzer Tierpark macht dicht“. Selten 

hat eine Schlagzeile über den Naturschutz-Tierpark 

Görlitz-Zgorzelec derart 

mit Doppeldeutigkeit kokettiert und die 

Gemüter erhitzt. Wie kam es dazu? 

Nach 3,5 Jahren Bauzeit und Kosten von 

rund 380.000 € konnte die Sanierung 

des 1000 m langen Tierpark-Außenzauns 

endlich abgeschlossen werden. Jahrzehntelange 

Witterungseinflüsse und 

unzählige Einbrüche hatten ihre Spuren 

hinterlassen, Wildtiere wie Füchse gingen 

regelmäßig ein und aus, und auch 

einige Tierparkbewohner nutzten ihre 

Chance für nächtliche Ausflüge ins glänzende 

Görliwood. „Bolek“ ist hier dem 

ein oder anderen Tierparkfreund sicher 

ein Begriff, vermutlich ist er mittlerweile 

das Stachelschwein mit den meisten Polizeikontakten 

weltweit. 

Dank Förderungen aus dem Mauerfonds, 

dem Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien 

und der Stadt Görlitz sind nun 

alle Zoo-Tiere endlich wieder sicher verwahrt 

und müssen keine Bedrohung von 

außen mehr fürchten, egal ob durch Tiere 

oder Menschen. Eigentlich ein Grund 

zur Freude. Und doch wird das Thema 

„Schließung“ in diesem Jahr auf bislang 

ungeahnte Weise überschattet. Was im 

Januar noch undenkbar war – massive 

Einschnitte in das öffentliche Leben und 

damit auch den Tierparkbetrieb – hat 

das Damoklesschwert namens „Corona“ 

unweigerlich mit sich gebracht. Vom 20. 

März bis zum 3. Mai musste der Tierpark 

seine Tore für Besucher schließen. Die 

beliebteste Besuchszeit über Ostern, 

all die Jungtiere, eine erblühende und 

ergrünende Parkanlage – plötzlich nur 

noch das „Privatvergnügen“ der rund 40 

Mitarbeiter. 

Doch was macht man im Naturschutz- 

Tierpark Görlitz-Zgorzelec, dem Zoo in 

Deutschland, in dem die Sonne zuerst 

aufgeht? Den Kopf nicht in den Sand 

stecken und lange geplante Projekte 

finalisieren! So wurde die Zeit der 

Schließung genutzt, um im Park selbst 

einige Umbauten und Sanierungen wie 

die Anlage für Grünflügelaras und Meerkatzen 

zu bewältigen. Und da die Be- 

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4 

Ausblick

in turbulenten Zeiten 

Tierpark Görlitz 

lang ersehnter Web-Shop ging online 

und bietet nun weltweit die Möglichkeit, 

sich Merchandising-Produkte und 

Gutscheine aus dem Tierpark bequem 

nach Hause liefern zu lassen. Und zur 

Vorbereitung auf die Wiedereröffnung 

wurde mal eben innerhalb weniger Tage 

ein Online-Ticket-Verkauf nebst Zoo-App 

realisiert. 

Exklusive Mangusten-Begegnung 

sucher nicht in den Zoo kommen konnten, 

wurde an zahlreichen Möglichkeiten 

gearbeitet, den Zoo zu den Besuchern 

zu bringen. Das Tierpark-TV sendete 

live aus der tibetischen Gemeinschaftsanlage, 

dem Ferkelparadies oder dem 

Mangusten-Garten. Die Zooschule legte 

zur Entlastung aller Eltern, die sich 

plötzlich in der Lehrerrolle wiederfinden 

mussten, mit Kids4Wildlife #wirbleibenzuhause 

Internet-Zooschulstunden 

auf, zu der allerlei Spannendes aus der 

Welt der Natur zu entdecken war. Ein 

Tierbeschäftigung durch Besucher 

Und wie sehr hatte man die Wiedereröffnung 

herbeigesehnt. Endlich wieder 

Menschen und Tiere zusammenbringen, 

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Ausblick 

5


Exklusive Panda-Begegnung 

einer der zentralen Kernpunkte einer 

zoologischen Einrichtung! Und nicht 

nur den Besuchern hatte der Zoo gefehlt, 

nein, auch die Tiere schienen die 

Abwechslung durch Besucherfütterung 

und Bürstenmassage, vorbeilaufende 

Vierbeiner und streichelnde Hände vermisst 

zu haben. 

Tiere hautnah, das ist schließlich das 

Motto, welches im Naturschutz-Tierpark 

Görlitz-Zgorzelec gelebt wird! In dessen 

logischer Konsequenz gibt es seit diesem 

Jahr ein weiteres Angebotsformat: 

exklusive Tierbegegnungen. Bei einem 

tierischen Rendez-Vous mit den Roten 

Pandas, Östlichen Grauen Riesenkängurus, 

Trampeltieren oder Zebramangusten 

kann man den Exoten in Begleitung 

eines Tierpflegers einmal ganz nahekommen. 

Und mit ein wenig Glück ein 

warmes, weiches Fell oder eine glatte 

Nase spüren. Die Tierbegegnungen sind 

mit maximal zwei Personen und ab acht 

Jahren möglich und damit sicherlich 

auch ein unvergessliches Geschenk für 

Partner, Kinder, Eltern oder Freunde. 

Aber zurück zur Wiedereröffnung: auch 

aus finanzieller Sicht kam diese für den 

Tierpark keinen Tag zu früh. Denn während 

andere Einrichtungen ihren Betrieb 

reduzieren konnten, mussten die 

Zootiere weiter versorgt, ihr Futter und 

die Mitarbeiter bezahlt werden. Und 

während in anderen Bundesländern 

Hilfsfonds für Zoos aufgesetzt wurden, 

bleibt der Görlitzer Tierpark bis heute 

ohne Unterstützung öffentlicher Gelder 

auf seinem Frühjahrs-Verlust sitzen. 

Gleichzeitig schlug den Mitarbeitern eine 

Welle der Empathie entgegen, mit der 

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6 

Ausblick


Mangustengarten 

sie nicht gerechnet hatten. Eindrucksvoll 

zeigte sich, welch riesigen Rückhalt 

der Naturschutz-Tierpark in der Bevölkerung 

hat! Mit z.T. sehr kreativen 

Spendenaktionen traten Unternehmen, 

Privatpersonen und andere Vereine an 

den Tierpark heran, um ihn in dieser 

herausfordernden Zeit zu unterstützen. 

So wurden Toilettenpapier-Kekse gebacken, 

Pfandbons gespendet oder Erlöse 

aus Masken- und Speisenverkauf 

gesammelt. Am Ende kamen 90.000 € 

an Spendengeldern zusammen, die wesentlich 

dazu beitrugen, den Betrieb 

wie gewohnt fortführen zu können. An 

dieser Stelle ein riesiges Dankeschön an 

jeden Einzelnen, der den Tierpark auf 

diese Weise unterstützt hat! 

Mit dem Sommer kehrte wieder Stück für 

Stück mehr Normalität in das Zooleben 

ein. Kultureller Höhepunkt war sicherlich 

das Tierpark-Fest im September. Mit 

über 2400 Besuchern, welche zum absoluten 

Großteil gezeigt haben, wie sensibel 

auf die Corona-Schutzmaßnahmen 

geachtet wird, strahlendem Sonnenschein 

und vielen originellen Programm- 

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8 

Ausblick



Kamelfohlen Deleg 

punkten wurde der Tag zu einem echten 

Highlight für alle Beteiligten. 

Doch auch, wenn die Tage wieder kürzer 

und das Wetter etwas ungemütlicher 

wird, ist der Tierpark einfach immer einen 

Besuch wert. Gerade in der Nebensaison 

lassen sich viele Tiere noch besser 

beobachten. Für manche, wie die 

Roten Pandas oder Yaks, ist der Winter 

gar die liebste Jahreszeit. Sie sind durch 

ihr dickes Fell bestens an eisige Temperaturen 

angepasst und lieben es, durch 

den Schnee zu tollen. Für die kälteempfindlicheren 

Arten ist selbstverständlich 

ebenso gesorgt: bei den Zebramangusten 

sorgen Heizplatten für mollige Temperaturen 

und auch im beheizten Känguruhaus 

kuscheln sich die Beuteltiere 

genüsslich aneinander. Eine Anlage, für 

die der Tierpark zuletzt sogar mit dem 

Innovationspreis Tourismus ausgezeichnet 

wurde. 

Haben Sie sich eigentlich jemals die 

Frage gestellt, was der Unterhalt eines 

Tierparks so kostet? Wie teuer Heizkosten 

oder Strom für Kühlzellen zur 

Futteraufbewahrung sind, mit welchen 

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Ausblick 

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Innovationspreis Tourismus 

Beträgen UV-Lampen und tierärztliche 

Versorgung zu Buche schlagen? Welche 

Kosten durch Futter für Fischotter oder 

Schneeeulen entstehen? An diesem Blick 

hinter die Kulissen möchte der Tierpark 

seine Fans in Zukunft noch stärker teilhaben 

lassen und arbeitet gerade an 

einem neuen Patenschaftsformat, welches 

genau auf die laufenden Kosten 

abzielt. Pünktlich zu Weihnachten wird 

man dann z.B. „Einheizer-Patenschaften“ 

oder „Lichterglanz-Patenschaften“ 

verschenken können. 

Abschluss der Zaunsanierung 

Bei all der Vorfreude auf Weihnachten 

und einen Winterspaziergang im Park - 

seit dem 2. November ist der Tierpark 

nun vorerst wieder einmal geschlossen. 

Voraussichtlich bis zum 30. November, 

danach wird neu verhandelt. Dabei 

zeigt gerade Corona, wie wichtig Zoos 

mit ihrem Artenschutz-Auftrag für die 

gesamte Gesellschaft sind. Denn zwischen 

dem Verlust von Ökosystemen 

und Artenvielfalt und dem Auftreten 

von Pandemien bestehen nachgewie- 

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10 

Ausblick



Zoopädagogik in Aktion (Polarfuchsfell) 

senermaßen direkte Zusammenhänge. 

Wildtiermärkte z.B. sind als Hotspots 

für neue Erreger entlarvt. Zum einen 

ist das Immunsystem der gehandelten 

Tiere durch den Stress bereits erheblich 

geschwächt. Zum anderen kommen 

hier viele Tiere, die sich in freier Natur 

nie begegnen würden, und Menschen 

auf engstem Raum unter schlechtesten 

hygienischen Bedingungen zusammen. 

So können sich neue Krankheitserreger 

entwickeln, optimal ausbreiten und vom 

Tier auf den Menschen übergehen, so 

Zoopädagogisch Spielen 

wie es vermutlich bei SARS-CoV-2 geschah. 

Damit ist Corona wahrscheinlich 

derzeit das für uns einschneidendste 

Resultat unseres sorglosen Umgangs 

mit der Natur. 

Denn mit dem durch uns Menschen 

verursachten rasanten Verlust der Biodiversität 

schwindet auch das Potential 

der Natur, die Entstehung von Pandemien 

selbst zu regulieren. Der natürliche 

Hygienefilter wird zunehmend brüchiger 

und führt zur rapiden flächenhaften 

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Ausblick 

11


in welcher Welt wir leben wollen – mit 

brennenden Regenwäldern, Plastik-Meeren 

und stillen Wiesen, wo früher einmal 

unüberhörbares Summen und Zwitschern 

die Luft erfüllte. Oder in einer Welt, die 

sich als globale Gemeinschaft versteht und 

in welcher ein Schmetterling mehr wert 

ist als das günstigste, aber mit Pestiziden 

behandelte Gemüse im Supermarkt. 

Erhaltungszucht Kropfgazelle 

Ausbreitung einzelner hochgefährlicher 

Krankheitserreger in der „Monokultur“ 

Mensch. Ein Grund, warum wir dringend 

Natur- und Artenschutz nicht nur mit 

Worten, sondern mit umfangreichen Taten 

umsetzten müssen. 

Es ist für uns alle an der Zeit, uns auf unsere 

wichtigsten Güter zu besinnen – unsere 

Gesundheit, unsere sozialen Bande, 

den Erhalt unserer Biodiversität. Und uns 

einmal mehr bewusst zu machen, dass all 

dies keine Selbstverständlichkeit darstellt. 

Wir alle treffen täglich die Entscheidung, 

Nistkastenprojekt Wiedehopf 

Bleiben Sie gesund. Wir freuen uns, Sie 

bald wieder bei uns begrüßen zu dürfen! 

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12 

Ausblick

Höhen und Tiefen der Tuchindustrie in Görlitz 

Historischer Hintergrund 

In Görlitz etabliert sich etwa ab dem 

13. Jahrhundert hauptsächlich das 

Tuchmacherhandwerk, d.h. die Herstellung 

von hochwertigen Geweben aus 

Schafwolle. 

Im Gegensatz zu anderen Städten der 

Region erlangt Görlitz eine relative Monopolstellung 

durch den hohen Qualitätsstandard, 

den die Tuchmacherzunft 

ständig kontrolliert, aber auch durch Zugeständnisse 

von Privilegien durch den 

Landesherren, wie das Waidstapelrecht 

(Waid ist das wichtigste Färbemittel zu 

dieser Zeit). 

Die vorteilhafte Lage an den großen 

Handelsstraßen wie der Via Regia befördert 

den Fernhandel in viele Länder, in 

denen sich die Stadt durch die besonders 

feine Qualität der Tuche einen Namen 

macht. Um 1800 leben in der Stadt 

etwa 10 000 Menschen. 

Görlitz wird preußisch 

Als Kriegsfolge fällt die östliche Oberlausitz 

1815 an Preußen. Görlitz wird der 

Provinz Schlesien zugeordnet und verliert 

seine alten Handelsverbindungen 

nach Sachsen und Böhmen. Die Tuchkaufleute 

knüpfen neue Verbindungen 

bis in den Balkan, nach China und den 

Orient. Das Geschäft lohnt sich aber nur, 

wenn ausreichende Mengen Tuche mit 

niedrigen Herstellungskosten verkauft 

werden können. Erfindungen zur Mechanisierung 

der Appretur, des Tuchscherens, 

Walkens und Wollspinnens 

leiten große Veränderungen ein. So 

entstehen mehrere Tuchfabriken an den 

Ufern der Neiße meist in Gebäuden ehemaliger 

Mühlen, wo die mechanischen 

Vorrichtungen mit Wasserkraft betrieben 

werden, wie die durch den Kaufmann 

Maurer in und neben der Dreiradenmühle 

am Ostufer der Neiße 1816 eingerichtete 

Wollspinnerei.Durch den vor 

allem durch die englische, französische 

und belgische Konkurrenz notwendigen 

Übergang von der handwerklichen zur 

maschinellen Produktion verlieren die 

alten „Berufsgruppen“ ihre Selbständigkeit 

und sind nun gezwungen, sich ihren 

Lebensunterhalt in Lohnarbeit an den 

neuen Maschinen zu verdienen. 

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14 

Geschichte

Die industrielle Revolution 

Tuchindustrie 

Textilfarbiken am Neißeufer 

Wachstum durch die industrielle 

Revolution 

Die Brüder Bergmann und Krause kaufen 

an der Schanze und der Lunitz 1832 

die alte Pulvermühle, in der sie eine Fabrik 

mit Spinnmaschinen, Walke und Appretur 

einrichten und den Grund legen 

für die spätere Tuchfabrik von Krause 

und Söhne. Es folgen die Fabriken der 

Gebrüder Geißler an der Uferstraße und 

Hotherstraße. 1833 gibt es bereits vier 

mechanische Spinnereien, vier Walken, 

drei Färbereien und zwei Appreturanstalten. 

Nur die Qualität der hausgewerblichen 

Tuchweberei kann bis Mitte 

des 19. Jh. durch Mechanisierung noch 

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Geschichte 

15


Tuchfabrik von Ernst Friedrich Geißler nach dem Umbau ca. 1891, im Vordergrund die Tuchwalke 

nicht erreicht werden, so dass die Wollweber 

unter großen Anstrengungen mit 

den bereits mechanisierten Arbeitsgängen 

mithalten müssen (Erst 1875 verschwindet 

der letzte Handwebstuhl). 

Sieben alteingesessene Tuchmachermeister 

bilden 1835 eine „Vereinigung 

zur Gründung gemeinsamer Unternehmungen 

mit Hilfe der Wasserkraft der 

Neiße“ und können dadurch dem Kon- 

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Geschichte

Die industrielle Revolution 

Tuchindustrie 

Alter Bahnhof, um 1907 

kurrenzdruck standhalten. Nach dem 

Fall der Zollschranken 1834 wird die 

Durchsetzung der neuen Produktionsweise 

zur existenziellen Notwendigkeit, 

da das sächsische Textilgewerbe nun 

direkt mit den schlesischen Standorten 

konkurriert. 1836 geht die erste Dampfmaschine 

in der Fabrik der Brüder Bergmann 

und Krause in Betrieb. Görlitzer 

Tuche erhalten 1835 in Dresden und 

1844 in Berlin Preise für ihre hervorragende 

Qualität. 

Mit dem Anschluss an das preußische 

und sächsische Eisenbahnnetz im Jahre 

1847 eröffnen sich für die Textilwirtschaft 

noch größere Möglichkeiten. 

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Geschichte 

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Abteilung Strick- und Wollwaren in der Straßburg-Passage 

Gründerzeit 

Die Jahre zwischen 1860 und 1890 bringen 

der Stadt die größte Entwicklung. 

Die Einwohnerzahl steigt bis 1910 rasant 

auf etwa 86 000 Einwohner. Eine Tuchfabrik 

nach der anderen entsteht. Überall 

werden hohe Schornsteine errrichtet 

und Dampfmaschinen eingesetzt. Später 

wird die durch das 1895 errichtete 

Elektrizitätswerk am Ostufer der Neiße 

erzeugte Elektroenergie genutzt. 

Produziert werden feine und feinste 

reinwollene Herren-und Damentuche, 

Kammgarndrapes, Uniformtuche, Be- 

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Geschichte

Von der Gründerzeit bis zum 1. Weltkrieg 

Tuchindustrie 

Kleiderstoffabteilung in der Straßburg-Passage 

satztuche, Paletots u.a. Durch die Abkehr 

der Abnehmer von einfarbigen 

Tuchen hin zu gemusterter Ware und 

die Verschlechterung der Exportverhältnisse 

gerät die hiesige Tuchfabrikation 

ab etwa 1890 in große Schwierigkeiten, 

die erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts 

einigermaßen überwunden sind. 

Die Zeit des ersten Weltkrieges 

1914-1918 und der Inflation 

Der Ausbruch des ersten Weltkrieges vernichtet 

alle Hoffnung auf Besserung der 

Situation. Zwar können in der ersten 

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Geschichte 

19


Käuferschlange vor dem Milchwarengeschäft 

Nonnenstraße. Amateurfoto, 1917 

Zeit die meisten Betriebe für Heereslieferungen 

beschäftigt werden, aber die Abschnürung 

vom Weltverkehr und damit 

die Unterbindung der Zufuhr sämtlicher 

textiler Rohstoffe bringen die Görlitzer 

Betriebe fast ganz zum Erliegen. 

Teils werden Stoffe sogar aus Papiergarnen 

für die Armee und Hospitäler gewebt. 

Nach dem Krieg kämpft die Textilindustrie 

um den Wiederaufbau, was ihr mit 

dem Anknüpfen an alte Verbindungen 

im In- und Ausland zunächst gelingt und 

die Weiterführung ihrer Betriebe ermöglicht. 

Viel Betriebskapital und Nervenkraft gehen 

in der anschließenden Inflationszeit 

1923 verloren. Mit der Wiedereinführung 

längerer Arbeitszeit und rationellerer 

Arbeitsmethoden beginnt mit dem 

Jahr 1924 neue Hoffnung einzuziehen. 

Die auf etwa 1000 gesunkene Arbeiterzahl 

wird binnen kurzer Zeit wieder verdreifacht. 

Die Einwohnerzahl steigt bis 

1930 auf etwa 95000. 

20 

Geschichte

Vom 2. Weltkrieg und der Politischen Wende 

Tuchindustrie 

Der zweite Weltkrieg 1939-1945 

Die Textilbetriebe arbeiten weitestgehend 

durch Aufträge für die Wehrmacht. 

Am Kriegsende leben in der Stadt nur 

noch 31 000 Menschen. 

Als Folge der Vertreibungen im Osten 

hat die Stadt im Jahre 1947 über 100 

000 Einwohner zu versorgen. Die meisten 

der Tuchfabrikanten werden enteignet 

und die Betriebe in einem „Volkseigenen 

Betrieb“, dem VEB „Oberlausitzer 

Volltuchfabrik“ zusammengefasst bzw. 

umgenutzt wie der Betrieb der Gebrüder 

Hoffmann, in dem ein Transformatorenwerk 

eingerichtet wird. Die hergestellten 

Tuche bleiben sowohl im Osten, als 

auch im Westen eine begehrte Ware. 

Die politische Wende 1989 

Das plötzliche Wegbrechen des Ostmarktes 

und die Umorientierung der 

bisherigen Kunden aus dem Westen 

(z.B. Neckermann) auf den noch billigeren 

Ostasiatischen Markt führen auch 

in Görlitz zum Zusammenbruch der Textilindustrie 

viele Betriebe werden geschlossen. 

Die sechs Betriebsteile der 

VEB „Oberlausitzer Volltuchfabrik“ arbeiten 

noch bis zu Liquidierung im November 

1993 als „Görlitz Tuche GmbH“. 

Tausende ausgebildete Textil-Fachleute, 

hauptsächlich Frauen, werden nicht 

mehr gebraucht. Staatliche Fördermittel, 

die „freigesetzten“ gut ausgebildeten 

Textil-Fachleute und das niedrige 

Lohnniveau überzeugen einen Investor 

aus Amerika, hier seinen einzigen 

Zweigbetrieb zu gründen, um näher 

am europäischen Markt zu produzieren. 

So kommt es 1995 zur Neuansiedlung 

eines modernen Textilbetriebes im Gewerbegebiet 

„Ebersbach“ vor den Toren 

der Stadt. Die „Görlitz Fleece GmbH“ als 

Tochterfirma der amerikanischen Firma 

„Malden Mills“ produziert 10 Jahre lang 

mit etwa 300 Mitarbeitern erfolgreich 

Stoffe der weltweit begehrten Marke „Polartec“ 

bis zur Insolvenz 2004. Im Jahre 

2005 kommt es nach gescheitertem Verkauf 

zur Schließung des hochmodernen 

Werkes. Damit ist die Jahrhunderte alte 

Tradition des Textilhandwerks in Görlitz 

vorerst beendet. 

Gudrun Schellin 

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Geschichte 

21

Von Leuchttürmen und Schattenseiten 

Textilindustrie 

von Julia Schmidt (Text aktualisiert) 

Einst brachte die Textilindustrie der 

Oberlausitz ihren Reichtum. Heute hat 

die Branche in der Region stark zu kämpfen. 

Selten zuvor erregte Görlitz soviel Aufmerksamkeit 

wie derzeit. Filmemacher 

nutzen die Stadt als Kulisse und immer 

mehr Menschen folgen ihnen, um das 

historische Zentrum zu besichtigen. Das 

Antlitz der Stadt wird insbesondere durch 

die Hallenhäuser geprägt. 

Diese zwischen 1480 und 1560 entstandenen 

Bauten dienten als Wohnhäuser, 

Lager und Handelsplätze. Die Eingangshallen 

boten ganzen Pferdefuhrwerken 

Platz und die Zentralhallen waren ideale 

Räume, um die Waren, in erster Linie Tuche, 

wirkungsvoll zur Schau zu stellen. 

Es war das Textilgewerbe, das der Stadt 

ihren Reichtum eingebracht hat. Architekten 

entwarfen die Handelshöfe mit nutzungsspezifischen 

Bau- und Raumformen 

sowie den wirkungsvollen Verzierungen, 

die heute in neuem Glanz erstrahlen. Nur 

von der Textilindustrie selbst ist im Zentrum 

Görlitz’ nichts mehr übrig. Damit ist 

Görlitz, als größte Stadt der Oberlausitz, 

nicht repräsentativ für die Lage des Textilgewerbes 

in der Region. Denn trotz des 

stetigen Rückgangs an Aufträgen, der 

seit einem Vierteljahrhundert anhält, gibt 

es einige Betriebe, die erfolgreich um ihr 

Überleben kämpfen. 

Den Anfang in der Geschichte der Oberlausitzer 

Textilindustrie machten die Leinenweber, 

die im Heimgewerbe ihren 

kargen Lebensunterhalt sicherten. Die 

ersten dampfbetriebenen Webstühle 

machten einige Orte später zu Industriedörfern, 

die sich über mehrere Jahrhunderte 

entwickelten und in ihrer Blütezeit 

zehntausenden Menschen Arbeit 

boten. Großschönau, Seifhennersdorf 

und Herrnhut gehören zu den einstigen 

Textilhochburgen der Oberlausitz. 

So blickt Großschönau auf über 350 Jahre 

Damast- und über 160 Jahre Frottierweberei 

zurück. Die Damastweberei wurde 

1666 und die Frottierweberei 1856 in 

Großschönau eingeführt. 1743 gab es 

dort die erste „Zunftgesetzgebung bey 

der Damastmanufaktur“ und im Jahr 

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22 

Geschichte

Die Geschichte der Oberlausitzer Textilindustrie 


Damastweber um 1910 

1856 wurde auf dem ersten Frottierwebstuhl 

Deutschlands Plüsch – heute unter 

dem Namen Frottier bekannt – gewebt. 

Die Frottana entstand 1945 aus der enteigneten 

Traditionsfirma Lieske und Haebler 

Großschönau als VEB Frottier- und 

Taschentuchweberei. Durch die Verstaatlichung 

der Betriebe zu DDR-Zeiten kamen 

weitere Textilfirmen (nicht nur aus 

Großschönau) hinzu. Z.b. Dressler und 

Marx, C.G. Hänsch, Arthur Rückert. E.J. 

Eichler…. So bestand die Frottana um 

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Geschichte 

23



Handweber Karl August Lieske um 1925 

1989 aus 32 verschiedenen Betriebsteilen 

/ ehemaligen Firmen. Die Produktion 

erreichte 1988 mit 1,8 Millionen Bademänteln 

und etwa 30 Millionen Frottiertüchern 

ihren Höhepunkt. 

In Seifhennersdorf kann man die Produktion 

technischer Textilien bis ins Jahr 

1842 zurückverfolgen. Damals wurden 

die „Technischen Werke H.R. Marx“ gegründet. 

1862 wurden in diesem Betrieb 

die ersten mechanischen Webstühle aufgestellt. 

Das Nachfolgeunternehmen, die 

„Textilwerke S. Henning“, produzierte von 

1938 bis 1945 mit mehr als 2.000 Mitarbeitern 

Fallschirme. Im Jahr 1948 wurde 

aus der Firma die „VEB Bekleidungswerke 

Seifhennersdorf“. Bis zur Wiedervereinigung 

stellten dort noch etwa 700 Mitarbeiter 

zivile und militärische Fallschirme 

sowie Kleidung her. 

Herrnhut kennt man vor allem von den 

gleichnamigen Weihnachtssternen. 

Doch war der Ort ebenfalls stets wichtiger 

Standort der Textilindustrie. Die 

Gründung der Firma „Abraham Dürninger 

& Co.“ begann 1747 mit dem Leinwandhandel 

und 1750 mit dem Bedrucken von 

Leinwänden mit Zitzdruck, der heute unter 

dem Namen „Blaudruck“ bekannt ist. 

Dies war einmalig in Europa, und schnell 

stellte sich Erfolg ein. Bereits 1751 exportierte 

die Firma nach Nordamerika. Der 

wirtschaftliche Erfolg erlaubte Abraham 

Dürninger 1762, dem sächsischen König 

einen Kredit von 17.000 Talern für dessen 

Reisekasse zu gewähren. Bis 1800 

entwickelte sich die Firma zum größten 

sächsischen Unternehmen: 1812 waren 

12.000 Spinner und rund 2.000 Weber 

für Dürninger tätig. In den 80er Jahren 

24 

Geschichte



Die Mannschaft der „Mangelei“ der Herrnhuter Bleichanstalt. Foto: © Dürninger-Textildruckerei 

des 19. Jahrhunderts erbaute die Firma 

„Abraham Dürninger & Co.“ für die gesamte 

Region die modernste Bleicherei. 

Im zweiten Weltkrieg am 8.5.1945 wurde 

das Firmengelände zerstört. Erst zehn 

Jahre später konnte die Produktion wieder 

aufgenommen werden. Jahre später, 

1962, begann der Betrieb mit dem Textildruck 

mittels Siebdruckverfahren. 

Nach 1990 wurde wieder eine florierende 

Lohnweberei mit 35 Webstühlen aufgebaut. 

Der westdeutsche Partner hatte 

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26 

Geschichte



Schärerei in den 1960er Jahre. Foto: © Dürninger-Textildruckerei 

aber leider eine andere Vorstellung von 

Zusammenarbeit, sodass 2012 die Weberei 

geschlossen werden mußte. Erst 

seitdem ist „Abraham Dürninger & Co.“ 

eine reine und eine der leistungsstärksten 

Textildruckereien in Deutschland. 

2022 feiert die Firma 275 jähriges Firmenjubiläum. 

Die politische Wende war wie in vielen 

Branchen eine tiefe Zäsur für die Textilund 

Bekleidungsindustrie Ostdeutschlands 

und der Oberlausitz. Nach Angaben 

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Geschichte 

27



Die größten Textildrucktische, 1970er Jahre. Foto: © Dürninger-Textildruckerei 

des Verbandes der Nord-Ostdeutschen 

Textil- und Bekleidungsindustrie (VTI) 

verringerte sich die Zahl der Mitarbeiter 

der Branche von 320.000 im Jahr 1989 

in der ehemaligen DDR auf den heutigen 

Stand von 15.500. Davon befinden sich 

immerhin 12.000 in West- und Mittelsachsen 

sowie der Oberlausitz. 

In Großschönau haben von den ehemals 

3.800 Mitarbeitern des „VEB Frottana“ 

etwa 220 Mitarbeiter (+20 Auszubildene) 

auch heute einen Arbeitsplatz. Mit 

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28 

Geschichte

29



Möve-Bademäntel, Ausstattung der deutschen Olympiamannschaft zu den Sommerspielen 1952 in Helsinki 

der Privatisierung durch die Vossen-Frottiergruppe 

aus Gütersloh erhielten 240 

Arbeitskräfte sogar einen Arbeitsvertrag 

in ihrem alten Betrieb. Heute fertigt die 

Firma unter dem Lifestyle-Label „Möve“ 

und „frottana“ modische Frottiererzeugnisse 

für Bad und Wellness. 

Die „Damino GmbH“ beschäftigt in Großschönau 

weitere 140 Mitarbeiter. Mit 

modernster Computertechnik wird dort 

Tisch- und Bettwäsche gewebt, veredelt 

und konfektioniert. Auch die Jacquard- 

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30 

Geschichte



Kalandern, mit Hilfe von Walzen werden Textilien verdichtet und geglättet, 1928. Foto: © Damino 

technik setzt die Firma aus Großschönau 

fort. Ihre Wurzeln gehen bis ins Jahr 

1666 zurück. Die Damastweberei hatten 

die Brüder Friedrich und Christoph Lange 

in den Niederlanden erlernt, bevor sie die 

Kunst 1666 nach Großschönau brachten. 

Hier wurde erstmals in Deutschland Damast 

gewebt, und schon wenige Jahrzehnte 

später war Großschönauer Tafelwäsche 

aus Leinendamast weltbekannt. 

Mit der Privatisierung wurde aus den „VEB 

Bekleidungswerken Seifhennersdorf“ im 

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Geschichte 

31



Warenpresse und Legerei um 1928. Foto: © Damino 

Jahr 1990 die „Spekon Sächsische Spezialkonfektion 

GmbH“. Die Tradition des 

Fallschirmbaus wird hier seither fortgesetzt. 

Weniger gut erging es Abraham Dürninger. 

Die Firma, die seit Kriegsjahren 

ohnehin mit Problemen zu kämpfen hatte, 

hatte 1990 noch 75 Mitarbeiter. Kurz 

nach der Wende konnten zwar neuere 

Webstühle in Betrieb genommen werden, 

doch entwickelte sich die Auftragslage 

der Weberei nicht entsprechend 

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32 

Geschichte



ihren Produktionskapazitäten. Heute ist 

die Abraham Dürninger & Co. GmbH eine 

reine Textildruckerei. 

Zurzeit gibt es in der Region der Lausitz 

zirka 80 Textil- und Bekleidungsunternehmen 

mit insgesamt etwa 2.000 Mitarbeitern. 

Nach Angaben des VTI sind 

davon zirka 15 Prozent der Mitarbeiter in 

der Bekleidungsindustrie beschäftigt, 25 

Prozent im Bereich Heim- und Haustextilien 

sowie etwa 50 bis 60 Prozent im 

Bereich der technischen Textilien. Am 

zukunftsträchtigsten erweisen sich demnach 

die Entwicklung und Verarbeitung 

technischer Textilien. 

Fragt man nach regionalen Leuchttürmen 

der Branche fallen vor allem die Namen 

von „frottana“ und „Damino“ in Großschönau 

und von der Seifhennersdorfer 

„Spekon“. Gute Zukunftsaussichten haben 

– so ergab es eine Umfrage unter 

Textilunternehmern – auch der Textilveredler 

„Ploucquet Textiles“ aus Zittau und 

der Hersteller von technischen Textilien 

„C.F. Weber“ in Spitzcunnersdorf. 

Produktionstechnisch und strukturell ist 

die Textilindustrie in der Oberlausitz auf 

einem guten Stand – die Situation ist natürlich 

nicht mehr zu vergleichen mit jener 

im Herbst 1989. Einige Unternehmen 

haben sich auf den Märkten behauptet – 

durch innovative Produkte und betriebsgerechte 

Marketing-Strategien. Probleme 

sehen die Unternehmer vor allem in 

der ungünstigen Bevölkerungsprognose 

der Region: Noch ist das traditionelle, 

branchenspezifische Wissen ein echtes 

Pfund, mit dem die Unternehmen der 

Region wuchern können. Doch zeichnet 

sich ein Fachkräftemangel ab, und das 

Wissen, mit dem sich den Herausforderungen 

der Globalisierung begegnen ließe, 

verschwindet. 

Traditionsbewusstsein und Innovation 

sind die Schlagworte, mit denen die 

Oberlausitzer Textilindustrie auf die Abwanderung 

von Arbeitsplätzen nach Asien 

reagieren kann. Der VTI hat die Notwendigkeit 

erkannt und unter der Schirmherrschaft 

des Bundesministeriums für 

Bildung und Forschung die Kampagne 

„Go Textile!“ initiiert, um die Ausbildung 

in der Textil- und Bekleidungsindustrie zu 

fördern. 

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Geschichte 33

Soziale Beziehungen in einer mittelalterlichen Stadt – 

Sozialtopographie 

von Mattis Lehmann 

Um das Jahr 1500 entwickelte sich Görlitz 

zur größten Stadt zwischen Erfurt und 

Breslau. Die größten Wirtschaftszweige 

waren dabei das Görlitzer Brauwesen und 

die Tuchproduktion bzw. der Fernhandel. 

Für die Verhältnisse in der Stadt Görlitz 

folgte, dass einer relativ kleinen Oberschicht, 

die allerdings 1528 schon mehr als 

die Hälfte des Görlitzer Gesamtvermögens 

kontrollierte, eine relativ ausgeprägte Mittelschicht 

und ein überproportional großer 

Anteil der Stadtarmut gegenüber standen. 

Das Vermögen der Reichen entstammte 

dabei aus dem Handel, Brauwesen und 

der Nutznießung feudaler Rechte. Die mittel- 

und kleinbürgerlichen Schichten waren 

häufig weniger vermögende Kaufleute und 

kleine Warenproduzenten. Im Unterschied 

zu der Stadtarmut besaßen sie aber immerhin 

noch Produktionsmittel. Die Ärmsten 

der Stadt waren Lohnarbeiter, Bettler, 

Tagelöhner, Hausgesinde etc.; 1528 waren 

es 40,5% aller steuerpflichtigen Bürger in 

Görlitz, die der Stadtarmut angehörten. 

Um 1500 wurden die Armen immer mehr 

aus der Stadt hinaus in die Vorstädte gedrängt, 

wo sie dann meistens als Mieter 

wohnten. 

Das mittelalterliche Görlitz teilte sich innerhalb 

der Stadt in vier Viertel, die nach 

den Toren der Stadt benannt waren: Das 

Nicolaiviertel, das Reichenbacherviertel, 

das Frauen- und das Neißeviertel. Den 

einzelnen Vierteln konnte Jecht nach den 

Geschossbüchern auch die einzelnen Straßen 

zuordnen. Allgemein fanden sich das 

Großbürgertum und die Brauhöfe konzentriert 

am Untermarkt, in Neiße-, Peters-, 

Brüder-, Nicolai- und Jüdengasse, sowie 

an Obermarkt und Peterskirche, vereinzelt 

auch in Langen- und Webergasse 

und am Fischmarkt und Handwerk. Die 

hochwertigen Brauhöfe waren speziell am 

Untermarkt und in der Petersgasse angesiedelt, 

wodurch die beiden Machtzentren 

der Stadt verbunden wurden, die Peterskirche 

und das Rathaus. Vereinzelt fanden 

sich Brauhöfe auch in der Neißegasse. 

Die niedrigwertigeren Brauhöfe standen 

am nordwestlichen Obermarkt und in der 

Langen- und der Nonnengasse, vereinzelt 

auch am Untermarkt. Daraus ergab sich 

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34 

Geschichte

Sozialtopographie von Görlitz 

ein Sozialgefälle bei der Anordnung der 

Brauhöfe vom Zentrum zum Stadtrand. 

Da das mittlere Bürgertum auf den ersten 

Blick verstreut über die Stadt wohnte, 

lohnt sich eine genauere Unterteilung. Die 

an die Oberschicht angrenzenden Bürger 

wohnten zumeist in Brüder-, Peters-, Nicolaigasse 

und Obermarkt. Daraus lässt sich 

eine enge Verzahnung mit den Wohnsitzen 

der reichen Familien erkennen. Ihnen 

folgten die Bürger der Mittelschicht. Sie 

wohnten am Obermarkt, in Neiße-, Nicolai-, 

Brüder-, Stein-, Langen-, Weber- und 

Kränzelgasse, sowie an Obermarkt, Untermarkt 

und Handwerk. Der weniger vermögende 

Anteil des Bürgertums lebte in 

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Geschichte 

35

Soziale Beziehungen in einer mittelalterlichen Stadt – 

Sozialtopographie 

den Seitengassen. In Langen-, Fleischer-, 

Breiten-, Krischelund Jüdengasse, an 

Fischmarkt und im Handwerk. Das Kleinbürgertum 

wohnte zumeist am Rande der 

Stadt: Fischmarkt, Jüdenring und in den 

Seitengassen. 

Es ist davon auszugehen, dass die Görlitzer 

Bürger sich über ihren eigenen sozialen 

Status im Klaren waren. Die Einschätzung 

des sozialen Standes einer Person stand in 

einer Wechselwirkung mit der sozialen Einschätzung 

des Wohnviertels. Desweiteren 

bestand aller Wahrscheinlichkeit nach auch 

eine persönliche Bindung an die Nachbarschaft. 

Betrachtet man die Verteilung des 

Vermögens und der Häuserwerte, so sollte 

man allerdings bedenken, dass auch innerhalb 

eines Hauses ein soziales Gefälle 

bestand. Mieter und Hausgesinde standen 

in der sozialen Hierarchie wahrscheinlich 

auf niedrigerer Stufe als der Hausbesitzer. 

Bei den Geschossbüchern handelt es sich 

um Steuerbücher der Stadt Görlitz. Ab dem 

Jahr 1426 bis zu den Jahren preußischer 

Herrschaft wurden pro Jahr mindestens 

zwei Geschossbücher, ein Sommer- und 

ein Wintergeschoss, für jeweils Stadt und 

Vorstadt angelegt. 

Besteuert wurden „mobilia“ (fahrende 

Habe) und „immobilia“ (Unfahrende 

Habe), wobei die „mobilia“ ein Eidgeschoss 

war, bei dem der Besitzer unter Eid alle zu 

besteuernden Dinge angab. Daraus resultiert, 

dass bei der Beurteilung der „mobilia“ 

immer eine gewisse Unsicherheit besteht. 

Bei den „Immobilien“ wurde bei der Besteuerung 

immer der letzte Verkaufspreis 

des Objektes (Acker, Haus etc.) zugrunde 

gelegt. 

Die „Liber Resignationum“ bilden die Ausdifferenzierung 

des ältesten Stadtbuches 

von Görlitz von 1305. Die Reihe beginnt 

1432 und endet 1580. Sie umfasst 11 Bände. 

Der Großteil der Görlitzer Testamente 

findet sich in den „Libri Resignationum“. 

Zwar existieren auch Testamente in den 

„Libri Actorum“, ihr Umfang ist jedoch verschwindend 

gering. 

Bei den „Libri Resignationum“ handelt es 

sich um Stadtbücher, in denen Auflassungen 

verzeichnet wurden. „Die Auflassung 

erfolgte vor den Schöppen und wurde in 

bestimmte Bücher eingetragen, um die 

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36 

Geschichte

Sozialtopographie von Görlitz 

Rechtsgültigkeit herzustellen“. Im Jahr 

1500 hatte sich die die Testierpraxis und 

die Form der Testamente soweit gefestigt, 

dass sie sich relativ leicht erkennen lassen. 

Bis dahin war eine einheitliche Form nur 

schwer festzustellen. 

Die Görlitzer Testamente aus dem Jahr 

1500 sind allesamt in deutscher Sprache 

geschrieben. Häufig finden sich wiederkehrende 

Formeln, so zum Beispiel: 

„[…]so als [N.N.] mit Schwachheit befallen, 

hat er bey guter vernunft sein Testament 

und letzten willen, bestalt und 

gemacht, und begeret das[…]“. Diese 

Formel findet sich zu Beginn eines Testamentes, 

ebenso wie die Namen der Testatoren 

und eventueller Vormünder. Danach 

folgt der Hauptteil, in dem die Legate und 

das Seelgerät vergeben werden. Dieser 

Teil variiert jedoch stark von Testament zu 

Testament und folgt keiner einheitlichen 

Form. Am Ende der Testamente finden 

sich zumeist die Erwähnung der Zeugen 

und des Jahres. 

Insgesamt liegen für das Jahr 1500 15 

Testamente vor. 

Neben den Testamenten finden sich auch 

noch andere Texte in den „Libri Resignationum“. 

Es gibt keine Einzelurkunden zu 

letztwilligen Verfügungen, was im Zusammenhang 

mit dem Magdeburger Stadtrecht 

steht, zu dem Görlitz zugehörig war. 

Rechtsgültigkeit erlangte ein Testament 

erst durch den Eintrag ins Stadtbuch. 

Verwandtschaftsgrade werden häufig 

in den Testamenten erwähnt. Für Jorge 

Richter sind Stieftochter, Bruder und Frau 

bekannt, Georg Emerichs Frau und Kinder 

werden erwähnt, ebenso wie die von Mathias 

Engelhart, Jorge Richter dem Gertener, 

Nickel Beyr, und Merten Tschassel.68 

Margarethe Jacoff Weyderyns Kinder werden 

auch erwähnt, lassen sich jedoch nicht 

zuordnen. Des Weiteren sind Geschwister 

von Jorge Richter, Merten Tschassel, Mathias 

Engelhart, Ursula Canyn, Anna Reßerynn 

und Nickel Beyrs bekannt. Weitere 

Verwandtschaftsgrade werden erwähnt bei 

Barbara Casper Langenickel, Anna Reßerynn, 

Ursula Canyn, Magdalena Hanschen 

Schmydyn und Jorge Richter. In einigen 

Fällen bleibt das Verhältnis von Testatoren, 

Vormündern und Legatempfängern 

jedoch ungeklärt. 

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Geschichte 

37

Die Märklin-Eisenbahn und das Paradies 

Weihnachtlich 

Eine Märklin-Eisenbahn, das war nicht 

nur ein Kindertraum im vormaligen 

Westen. Auch im Osten schwärmten 

tausende Kinder davon, eine eigene 

Märklin-Anlage zu besitzen. Auch ich als 

DDR-Kind war bereits mit fünf Jahren 

vernarrt in die äußere Schönheit wie in 

die zuverlässige Technik der Modellbahnen 

von Märklin. Märklin, das war für 

mich der Inbegriff des vermeintlich goldenen 

Westens. Meine Familie – der Vater, 

die Mutter, zwei Söhne, eine Tochter 

– wohnte damals in Görlitz, im fernöstlichen 

Zipfel der Deutschen Demokratischen 

Republik. Vom Bruder meiner 

Mutter bekam ich ein paar Märklin- 

Schienen – Vorkriegsware mit durchgehendem 

Mittelleiter –, eine kleine Lokomotive, 

zwei Personenwagen, ein Signal 

und einen Trafo. Westverwandtschaft 

hatten wir so gut wie keine. Aber ein 

lieber Patenonkel in West-Berlin sorgte 

dafür, daß aus dem schlichten Kreis 

mit Abstellgleis ganz allmählich – immer 

zu Weihnachten und zum Geburtstag – 

eine bescheidene Anlage wurde. 

Hatte meine Mutter die „Landschaft“ zunächst 

mit grünem Pinsel auf braunes 

Packpapier gemalt und bestanden die 

Häuser zunächst aus den Holzbausteinen 

des kleinen Bruders, so konnte ich 

später einiges Zubehör im passenden 

Maßstab 1:87 auch in der DDR erwerben. 

Aber natürlich waren meine Wünsche 

immer viel größer als der Geldbeutel 

der Eltern – nur der Vater arbeitete, 

und der verdiente bei der Kirche extrem 

schlecht – und auch viel größer als die 

Spendenwilligkeit des Patenonkels. Und 

außerdem herrschte in unserer Görlitzer 

Altbauwohnung extreme Enge: Für uns 

fünf Personen standen nur 60 Quadratmeter 

zur Verfügung. 

Aus all diesen Gründen mußte ich mich 

wohl oder übel damit abfinden, daß die 

Anlage bis zuletzt ziemlich klein blieb 

(die größte Platte maß 180 cm x 95 

cm) und daß sie immer nur von Heiligabend 

bis Dreikönige aufgebaut war. 

Mit ihr war nämlich das häusliche Sofa 

überbaut, das eigentlich von der Familie 

dringend gebraucht wurde. Nach Dreikönige 

verschwand die Märklin-Herrlichkeit 

zu meinem Bedauern wieder in 

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38 

Erinnerungen

Unvergessene Weihnachten 

Weihnachtlich 

Nur zu Weihnachten – wie hier 1964 – durfte ich mit meiner Märklin-Eisenbahn im Wohnzimmer spielen. 

(Foto: Familienarchiv) 

vielen kleinen Kartons und landete samt 

sorgsam verpackter Platte für fast 50 

Wochen auf dem Boden. Natürlich bastelten, 

sangen, spielten und musizierten 

wir zu Weihnachten mehr als zu jeder 

anderen Jahreszeit. Aber die Modelleisenbahn 

setzte der Weihnachtszeit jedesmal 

die Krone auf. 

Nun aber zum Eigentlichen meiner Geschichte. 

Als getauftes Kind eines Diakons 

und einer christlichen Kindergärtnerin 

interessierte ich mich natürlich 

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Erinnerungen 

39

Die Märklin-Eisenbahn und das Paradies 

Weihnachtlich 

nicht nur für elektrische Eisenbahnen, 

sondern auch für „höhere“ Dinge. Beim 

Lesen biblischer Geschichten und beim 

Nachdenken über Glaubensthemen in 

der Jungschar tauchte bei mir mit etwa 

sieben Jahren die Frage auf, die wohl jeder 

Christ sich irgendwann einmal stellt, 

die Frage nämlich: Wie wird es bei Gott 

im Paradies sein? 

Meine Mutter – bald darf sie das 86. 

Lebensjahr vollenden! – überlegte eine 

Weile und antwortete dann mit einem 

gewagten Vergleich, der dem fragenden 

Kind die Augen für das Paradies öffnete 

und den der gnädige Gott ihr sicherlich 

verzeihen wird. Seit diesem Moment, in 

dem meine Mutter zu sprechen anhub, 

freue ich mich unbändig auf das Paradies 

und die ungetrübte Gemeinschaft 

mit Gott. Ja wirklich, die Freude von 

damals hält bis in mein derzeitiges 58. 

Lebensjahr an. Ich weiß und glaube felsenfest, 

daß Gott für mich im Paradies 

Wunderbares bereithalten wird. Meine 

Mutter erzählte damals wie folgt: 

„Weißt du, mein Junge, das Paradies, 

das ist die ewige Glückseligkeit. Da wird 

es nicht den geringsten Kummer, nicht 

das geringste Leid mehr geben. Da wird 

Gott ganz spürbar für dich da sein. Da 

werden bei dir keine Wünsche mehr offenbleiben. 

Da wird Gott dich zu einem 

langen Schuppen mit vielen Türen und 

dahinter mit vielen Kammern führen. 

Und in jeder Kammer steht eine große 

Märklin-Eisenbahn-Anlage. Eine herrlicher 

als die andere. Und dann wird Gott 

zu dir sagen: ,Such dir eine aus. Was du 

auswählst, gehört dir. Du kannst damit 

spielen, nicht nur von Weihnachten bis 

Dreikönige, sondern so lange du willst, 

eine ganze Ewigkeit lang.’“ 

Ich bin ja so gespannt auf das Paradies 

… Vielleicht läßt Gott mich wenigstens 

fünf Minuten spielen … 

Unvergessene Weihnachten. Band 10 

36 besinnliche und heitere 

Zeitzeugen-Erinnerungen. 

192 Seiten, viele Abbildungen, Ortsregister. 

Zeitgut Verlag, Berlin. www.zeitgut.com 

Taschenbuch-Ausgabe 

ISBN: 978-3-86614-244-2, 8,90 € 

Gebundene Ausgabe 

ISBN: 978-3-86614-243-5, 11,90 € 

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40 

Erinnerungen

Vom Dritten Reich zur Nachkriegszeit 

Ingrid Volkmann bei einem Ausflug an die Regnitz zu Pfingsten 1949 (Foto: Familienarchiv) 

Schlesien wird polnisch 

Wie viele Tage wir für die Strecke von 

etwa 200 Kilometer – mit den Umwegen 

waren es sicher viel mehr – benötigten, 

kann ich nicht mehr rekonstruieren. Eines 

Tages hielt der Zug auf einem größeren 

Bahnhof. Es gab einen längeren 

Aufenthalt und ein aufgeregter Wortwechsel 

war unter den Menschen auf 

dem Bahnsteig zu hören. Meine Mutter 

kurbelte neugierig das Fenster he- 

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Erinnerungen 

41


runter: „Wir sind ja in Kohlfurt (heute 

Węgliniec)! Hier ist ja dein Vati geboren! 

Und deine Großeltern besaßen früher 

hier ihre Fleischerei!“ Wahrscheinlich 

hatte der Zug die Neiße auf einer 

notdürftig reparierten Brücke überquert 

und wir waren schon in Schlesien östlich 

von Görlitz. 

Da ein längerer Halt zu erwarten war, 

stiegen wir aus, um vielleicht Informationen 

zu erhalten. Dabei erfuhr Mutter 

von dem Gerücht: Schlesien wird bis an 

die Neiße polnisch. Nun war guter Rat 

teuer. Sollte man dem unglaublichen Gerede 

trauen? Unsere Mitreisenden aus 

Jauer und die meisten anderen Flüchtlinge 

wollten trotz der Vorstellung, unter 

polnischem Regiment leben zu müssen, 

unbedingt in ihre Heimat zurückkehren 

– in dem Glauben, die meist versprengten 

Familienangehörigen anzutreffen. 

Mutti schlug vor, zunächst, wie schon im 

Februar, bei den Großeltern in Görlitz- 

Moys ein Unterkommen zu suchen – in 

der Hoffnung, dass sie das Kriegsende 

heil überstanden hatten. Nur zwanzig 

Kilometer trennten uns von ihnen. 

….. „Also bewahrheitet sich doch das 

hartnäckige Gerücht: Polen besetzt 

die rechte Neißeseite“, schreibt der 

katholische Pfarrer Franz Scholz am 

25.5.1945. 

Dieses Datum könnte nach unserer 

Odyssee vom Sudetengau auch der Tag 

der Ankunft in Kohlfurt gewesen sein, 

an dem wir mit diesem Gerücht konfrontiert 

wurden und den Beschluss zur 

Umkehr nach Görlitz fassten. Mutti erkundigte 

sich, wie wir dorthin gelangen 

könnten. Da hieß es, dass der gerade 

einlaufende Zug nach Görlitz weiterführe, 

aber leider schon mit Polen besetzt 

sei. 

Der lange Güterzug kam mit quietschenden 

Bremsen zum Stehen. Nach 

und nach wurden die großen, schweren 

Türen der Waggons entriegelt. Müde 

und ausgemergelte Menschen stiegen 

vorsichtig aus oder setzten sich mit 

baumelnden Beinen an den Ausgang, 

um frische Luft zu schnappen. Ich 

sehe mich noch weinend den Zug entlanglaufen 

und bei jedem Waggon die 

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42 

Erinnerungen

Kindheit und Jugend im Schatten des Reichsarbeitsdienstes 

Nachkriegszeit 

Menschen fragen: „Ist bei euch noch 

Platz für zwei Frauen und zwei Kinder?“ 

Die Polen schauten meist verständnislos, 

und falls sie begriffen, worum es 

ging, konnten sie ja nur bedauernd mit 

den Schultern zucken, denn es war ja 

wirklich kein Platz vorhanden. Die Güterwaggons 

waren mit Hausrat und 

Menschen bis in den hintersten Winkel 

vollgepfercht. Mutti und Oma schoben 

die beiden Kinderwagen den Bahnsteig 

entlang. Schließlich erreichten wir die 

Lokomotive. Und welch ein Glück: Lokomotivführer 

und Heizer waren Deutsche, 

zumindest verstanden und sprachen 

sie Deutsch. Sie hatten Mitleid mit 

uns und boten uns den Platz auf dem 

Kohlentender der Lokomotive an. 

Ein breites Brett wurde organisiert und 

quer über die Kohleladung gelegt. Beide 

Kinderwagen, den einen mit meinem 

kleinen Bruder und den zweiten mit den 

Koffern, hievten die Männer beherzt hinauf. 

Mutti saß auf der einen Seite des 

Brettes und umklammerte den Wagen 

mit dem Säugling, Oma auf der anderen 

Seite sorgte dafür, dass der zweite 

Wagen mit dem Gepäck nicht abstürzte. 

Denn jedes Mal, wenn der Heizer 

Kohle schaufelte, rutschte etwas Kohle 

nach und das Brett geriet gefährlich ins 

Wanken. Ich hockte mich zu Heizer und 

Lokomotivführer in den Führerstand, 

denn dort herrschte in der kühlen Frühlingsnacht 

eine angenehme Wärme. Für 

mich war es ein echtes Abenteuer! Ich 

erinnerte mich an die Winterferien in 

Tarnopol im Jahr zuvor, als ich oft auf 

der Drehscheibe vor der Lokomotivhalle 

fahren durfte. Jetzt aber erlebte 

ich unmittelbar, wie das fauchende und 

qualmende Ungetüm in Gang gesetzt 

wurde. Wenn der Heizer die Klappe 

zum Heizkessel öffnete, konnte ich in 

den glühenden Feuerrachen schauen. 

Dabei fiel mir die Hexe aus dem Märchen 

von Hänsel und Gretel ein, die in 

einen brennenden Feuerofen gestoßen 

wurde. Ich durfte sogar selbst ein paar 

Kohlen in das glühende Loch hineinschaufeln, 

aber das war für ein kleines 

Mädchen doch recht beschwerlich. 

Es dauerte nicht lange, da hatten sich 

rings um den Tender in ihrer Not noch 

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Erinnerungen 43


andere Menschen geklammert, 

die Richtung Westen wollten, 

vor allem einige Männer, die 

der Gefangennahme entgehen 

wollten. Und obwohl Kohlfurt 

und Görlitz nur 20 Kilometer 

voneinander entfernt waren, 

stand uns wieder eine stundenlange 

Irrfahrt durch die Nacht 

bevor. Die schöne Brücke an 

der direkten Verbindung, der 

Viadukt über die Neiße, war ja 

gesprengt, und der Lokführer 

steuerte sicher auf den Übergang 

zu, den wir am selben Tag 

schon einmal überquert hatten. 

Später erfuhr ich auch, dass aller 

Güter- und Personenverkehr 

weiter nördlich bei Forst über 

eine erhalten gebliebene Eisenbahnbrücke 

rollen musste. 

Der Zug war fast die halbe 

Nacht unterwegs, hielt wieder 

des Öfteren und erreichte den 

Hauptbahnhof Görlitz erst im 

Morgengrauen, noch zur von 

der Besatzungsmacht verord- 

Ingrid Volkmann an ihrem Konfirmationstag im Jahre 1950 

(Foto: Familienarchiv) 

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44 

Erinnerungen

Kindheit und Jugend im Schatten des Reichsarbeitsdienstes 

Nachkriegszeit 

neten Sperrstunde. Alle Mitfahrer hatten 

schreckliche Angst vor den Polen, 

deren Zugfahrt ebenfalls hier endete. 

So riet der Lokführer, uns zunächst auf 

dem Bahnsteig im Wartehäuschen zu 

verschanzen. Dort verbarrikadierten 

wir mit dem Gepäck von innen Türen 

und Fenster und harrten aus, bis es 

hell wurde und die Sperrstunde aufgehoben 

war. Langsam trauten sich 

einige Personen der deutschen Gruppe 

nach draußen. Meine Mutter fasste 

schließlich auch Mut und ging los, um 

meinen Großvater zu suchen, von dem 

sie wusste, dass er vor unserer Evakuierung 

in der Fleischerei Haupt in der 

Landskronstraße in der Nähe des Bahnhofs 

gearbeitet hatte. Und tatsächlich: 

Nach kurzer Wartezeit tauchte sie mit 

ihm auf. Das war ein freudiges Wiedersehen! 

Dann hieß es, den Weg durch 

die Stadt zu Fuß zurückzulegen, mit 

dem Säugling und dem Gepäck in den 

beiden Kinderwagen, um eine passierbare 

Brücke zu erreichen. In Höhe der 

Reichenbacher Brücke hatten die sowjetischen 

Soldaten eine Pontonbrücke 

errichtet. Über dieses wackelige Nadelöhr 

drängten sich mit uns Menschen, 

die von Ost nach West oder von West 

nach Ost wanderten. Viele Flüchtlinge 

aus Schlesien wollten zurück in ihre 

Heimat, denn sie hatten noch nichts 

von dem Unheil gehört, das sich über 

ihren Köpfen zusammenbraute. Wir 

gelangten mit unserem Passierschein 

an vielen Militärposten vorbei bis Moys 

und konnten meine andere Großmutter 

wohlbehalten umarmen. 

Ingrid Volkmann 


Kindheit und Jugend im Schatten des 

Reichsarbeitsdienstes 1935-1955. 

426 Seiten mit Fotos und Dokumenten. 

Sammlung der Zeitzeugen (85). 

Zeitgut Verlag, Berlin. 

Klappenbroschur 

ISBN: 978-3-86614-271-8, 16,90 € 

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Erinnerungen 45

Eine Fahrt ins Böhmerland 

Im Jahr 1886 unternahm der Dresdener 

Redakteur und Schriftsteller Max Dittrich 

(1844-1917) gemeinsam mit einem 

Freund eine Reise nach Böhmen. Von 

Dresden aus ging es durch die Sächsische 

Schweiz in das Nachbarland hinüber. Über 

Tetschen-Bodenbach und Aussig führte 

die Reise zunächst nach Prag. Von dort 

aus reiste man weiter nach Königgrätz 

um sich die Schlachtfelder und Denkmale 

von 1866 anzusehen. Die Heimreise führte 

dann über Reichenberg, Zittau und 

Görlitz wieder nach Dresden zurück. Die 

gesamte Reise wurde mit der Bahn unternommen 

und war fast durchgehend von 

heftigem Regenwetter geprägt. Trotzdem 

erlebten die Beiden auf ihrer Reise durch 

das Böhmerland allerhand. Max Dittrich 

machte hinterher daraus ein kleines 

Büchlein, welches auch heute noch amüsant 

zu lesen ist. Wir möchten uns hier 

und heute auf den Bericht über den Besuches 

in Zittau und Görlitz beschränken. 

Der Text wird ungekürzt wiedergegeben, 

der Schreibstil und die Rechtschreibung 

von vor über 135 Jahren wurden dabei 

unverändert beibehalten. 

Ein Besuch in Zittau anno 1886 

Der Zug, den wir von Reichenberg zur 

Weiterfahrt benutzten, verließ die Stadt 

8 Uhr 25 Minuten. Pünktlich hatte uns 

der Omnibus nach dem Bahnhofe gebracht 

und wenige Minuten darauf ging 

es durch anmuthige Landschaften wieder 

nach Sachsen. 

Gegen 9¼ Uhr lief der Train im Bahnhofe 

zu Zittau ein. Hier stiegen wir aus, um 

uns die reichste Stadt des Königreichs 

Sachsen flüchtig anzusehen, berühmt 

durch ihre wechselvolle Geschichte, ihre 

Siege über die Hussiten, ihre Leiden im 

dreißigjährigen, siebenjährigen und den 

Franzosenkriegen wie im Jahre 1866, 

berühmt aber auch durch ihre schneidigen, 

zungenfertigen Bewohner und 

ihren hochverdienten, als Präsident der 

zweiten Kammer der sächsischen Ständeversammlung 

im ganzen Lande bekannten 

und beliebten Bürgermeister Dr. 

Haberkorn, berühmt endlich durch ihre 

reizende Umgebung und ihre „schienen 

schienen Barge“, deren Kronjuwel der romantisch 

gelegene Oybin ist. 

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46 

Geschichte


Wir schlenderten langsam die 

schöne breite Bahnhofstraße hinein 

nach der schmucken Stadt. Dieselbe 

ist sehr reich an hervorragenden 

Bauwerken, welche alle der Neuzeit 

ihre Entstehung verdanken: Johanneum, 

in dem sich Gymnasium und 

Realschule befinden, die Bürgerschule, 

die Baugewerkenschule, die 

Turnhalle, die neue Post und das 

Stadtbad mit großartigem Säulenvorbau, 

enthaltend Schwimmbassins 

für Männer und Frauen, russische 

und irisch-römische, sowie 

Moor-, Douche- und medicinische 

Bäder. Neben dem Johanneum ist 

eine stattliche Gedenksäule aufgerichtet 

zur Erinnerung an die Verleihung 

einer Verfassung an das 

sächsische Volk. 

Durch die belebte Bautznerstraße 

mit der doppelthürmigen Johanniskirche, 

Zittaus Hauptgotteshaus, 

wanderten wir nun nach dem Markt 

Rathaus in Zittau um 1885 

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48 

Geschichte


mit hübschem Brunnen, ein weiter Platz 

von stattlichen Gebäuden mit Verkaufsläden 

aller Art umsäumt und abgeschlossen 

durch das prächtige Rathaus um Burgstyle 

des Mittelalters, 1840-1845 nach den 

Plänen des Professors Schramm mit einem 

Kostenaufwand von 500.000 Mark 

erbaut. 

Nicht weit vom Rathause in einer Seitengasse 

lasen wir auf einem Restaurationsschild 

„Volksküche“. Wir traten ein, 

wurden von dem Wirthe, einem behäbigen 

Fleischermeister, sehr gut bedient 

und erhielten auch auf unsern Wunsch 

jede Auskunft über die Volksküche, ein 

Privat-Unternehmen und -Institut, wo der 

Unbemittelte für billiges Geld eine gute, 

nahr- und schmackhafte Kost erhalten 

kann. Die Restaurationsräume liegen im 

Erdgeschoß, im ersten Stock dagegen, zu 

welchem aus den Parterrelocalitäten eine 

eiserne Wendeltreppe emporführt befinden 

sich einige hübsche Vereinszimmer. 

Der Besitzer zeigte uns sein ganzes Reich 

mit großer Bereitwilligkeit. 

Von hier gingen wir nach dem Marktplatze 

zurück, nahmen eine Droschke 

und fuhren hinaus nach der Weinau, 

ein prachtvoller Park mit guter Restauration. 

Wir kutschierten längere Zeit in 

den herrlichen Anlagen umher, probirten 

auch pflichtgemäß das dort verschänkte 

gute Bier, nachher ging’s zurück, an dem 

neuen stattlichen Krankenhause vorbei, 

durch die Stadtpromenaden nach dem 

Bahnhofe. Dort wurde noch eine Postkarte 

an die im Café Seltmann zu Prag 

hausenden lieben Leute mit einem poetischen 

Dank vollgeschrieben und in den 

Kasten geworfen, dann dampften wir – 

es war 11 Uhr 49 Minuten – weiter gen 

Görlitz zu. 

Wir warfen unterwegs manchen Blick 

auf das wunderschöne Stück Gotteserde, 

welches zu beiden Seiten des Bahnkörpers 

vorüberflog. „Wer es doch einmal à 

la Hans Ohnesorge mit dem Ränzel auf 

dem Rücken durchwandern und durchstreifen 

könnte!“ so dachten und sagte 

ich wie mein Gefährte, hörten dabei aber 

schon, Einer wie der Andere, die Kette im 

Geiste rasseln, welche Jedem am Beine 

klirrt, der im Kampfe des Erwerbslebens 

seinen Mann stehen muß, Tag für Tag! 

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Geschichte 49


Zeichnung alter Bahnhof Görlitz um 1866 

Ein Besuch in Görlitz anno 1886 

In Görlitz, wo wir wenige Minuten vor 

2 Uhr angelangten, wurde abermals Station 

gemacht. 

Es blieb uns über eine Stunde Zeit, bevor 

der Schnellzug abging, dessen Benutzung 

den Schluß unserer Reise bilden sollte. 

Während mein Genoß in einer comfortablen 

Weinstube auf der Bahnhofstraße 

vor Anker ging, schlenderte ich zunächst 

nach der Post, wo ich Briefe von lieber 

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50 

Geschichte


Hand erwartete und vorfand, dann nach 

dem Kriegerdenkmal – dem ersten anno 

1870 bei Weißenburg vom 1. schlesischen 

Jäger-Bataillon Nr. 5 eroberten und von 

einem Fries aus gebranntem Thon umgebenen 

französischen Geschütz – und 

dem Kaisertrutz, jetzt Hauptwache und 

Arsenal. 

Die Straßen der von 1635 bis 1815 sächsisch 

gewesenen Stadt, welche den 

Hussiten erfolgreich widerstand und sie 

blutig auf’s Haupt schlug, im dreißig- und 

siebenjährigen Kriege viel Drangsale zu 

erdulden hatte, haben durchaus großstädtisches 

Gepräge, dasselbe gilt von 

den Gebäuden und Verkaufsgewölben, 

sowie dem Leben und Treiben. 

Görlitz, welches auch reich ist an mancherlei 

Reminiscenzen aus längst verrauschten 

Zeiten, gehört zu den wohlhabenderen 

Städten der preußischen 

Monarchie, um ihre Hebung machte sich 

namentlich der Bürgermeister Gottlieb 

Ludwig Demiani verdient, dem auch 1862 

ein Denkmal errichtet worden ist. 

Ein Besuch der Stadt und ihrer vielfachen 

Sehenswürdigkeiten, darunter die Heilige-Grab-Kirche, 

errichtet in der zweiten 

Hälfte des XV. Jahrhunderts durch den 

Görlitzer Bürgermeister Georg Emmerich, 

der ein Görlitzer Bürgermädchen verführt 

hatte und dies Vergehen sühnen wollte, 

ist lohnend und die vor Kurzem dort 

stattgefundene Gewerbe-Ausstellung bot 

dazu passende und auch vielfach stark 

benutzte Gelegenheit. 

Ich mußte mich mit einem Bummelgang 

durch die frequentesten Straßen begnügen 

und dann meinen Gefährten in dem 

Weinlocal auf der Bahnhofstraße abholen, 

damit wir den Abgang unseres Courierzuges 

nicht versäumten. 

Punkt 1 Uhr 56 Minuten dampften wir 

ab. 

aus: Max Dittrich. 

Eine Fahrt ins Böhmerland: 

Reiseskizzen. Meißen 1886, S. 99-102 

Mitgeteilt von Uwe Kahl, Zittau. 

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Geschichte 51

Weihnachtskrippen aus Grulich 

Grulicher Krippen 

Wenn das Schlesische Museum zu Görlitz 

im Dezember wieder öffnen kann, 

wird eine großflächige Krippenlandschaft 

aufgebaut sein und auf das 

Weihnachtsfest einstimmen. Bereits vor 

einigen Jahren bekam das Museum von 

den Sammlern Marita und Manfred Ihle 

in Spremberg drei Weihnachtskrippen 

mit Grulicher Holzfiguren geschenkt, 

die nun erstmals präsentiert werden. 

Grulich/Králíky liegt in Tschechien zwischen 

dem Glatzer Schneegebirge und 

dem Hannsdorfer Bergland dicht an der 

Grenze zu Schlesien. Im 19. Jahrhundert 

entwickelte sich hier die Schnitzerei 

von Krippenfiguren zu einem blühenden 

Gewerbe. In Grulich und in ca. 30 

umliegenden Dörfern waren zeitweise 

mehrere hundert Familien mit der Krippenschnitzerei 

beschäftigt. In halbindustriellen 

Familienbetrieben schnitzten 

Männer die „Grulicher Manndln“ 

aus gekochter Fichte und Frauen und 

Kinder bemalten die Figuren mit Leimfarbe. 

Trotz dieser massenhaften Produktion 

weisen die Figuren eine große 

Vielfalt auf, wurden doch nicht nur die 

Heilige Familie, die Hirten mit ihren Tieren, 

die Engel und die Hl. Drei Könige 

hergestellt, sondern auch andere Ensembles 

wie Bauernhöfe, Werkstätten 

von Handwerkern, Marktszenen oder 

der Bergbau. Die Krippen wurden bis 

nach Amerika vertrieben und waren 

auch in Schlesien sehr beliebt und weit 

verbreitet. 

Marita und Manfred Ihle gelang es im 

Laufe vieler Jahre, drei große Krippen 

zusammenzustellen. Die größte Krippe 

ist 2,6 m breit und umfasst neben dem 

Stall von Bethlehem und dem Tempelberg 

in Jerusalem eine ausgedehnte 

Landschaft mit über 130 Grulicher Krippenfiguren. 

Sie zeigt zahlreiche Szenerien 

aus dem täglichen Leben und es 

gibt viele liebevoll ausgeführte Details 

zu entdecken. 

Das Museum freut sich, diesen Schatz 

nun öffentlich präsentieren zu können - 

wenn nicht durch Corona-Schutzmaßnahmen 

das Vorhaben wieder abgesagt 

werden muss. Die kleine Ausstellung 

soll ergänzt werden durch Hinterglas- 

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52 

Ausstellung

im Schlesischen Museum zu Görlitz 

Grulicher Krippen 

Grulicher Krippenfiguren: Anbetung des Jesuskindes durch die Hirten. Foto: SMG 

bilder aus der Grafschaft Glatz, die 

aus der Sammlung Heidi und Fritz Helle 

stammen. Die Präsentation soll bis 

Maria Lichtmess am 7. Februar 2021 im 

Lichthof des Museums zu sehen sein. 

Schlesisches Museum zu Görlitz 

Schönhof, Brüderstraße 8, 02828 Görlitz 

www.schlesisches-museum.de 

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Ausstellung 

53

Reinlichkeit ist eine Zier 

Sonderausstellung 

„Die unendliche Frische“ mit einer sogenannten „Wellenbad-Schaukel“, die das Meer in das heimische 

Badezimmer bringen sollte. Foto: © Anja Köhler 

Von Anja Köhler 

Elektrische Zahnbürste, Lockenstab und 

elektrischer Rasierapparat – sie alle gehören 

zu unserem Alltag und machen ihn 

angenehmer. Das Angebot an Hautpflegemitteln, 

Zahnpasta und Haar-Styling- 

Produkten ist schier endlos. Jährlich gibt 

es neue Trends in Sachen Haarmode und 

Barttracht. Keine Haarfarbe scheint zu 

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54 

Ausstellung

Sonderausstellung im Dorfmuseum Markersdorf 

(01.März 2020 bis 01. August 2021) 

Vor allem ehemaligen DDR-Bürgern sicherlich noch bekannt, verschiedene Seifen des Seifenwerks Riesa 

und des VEB Florena, 1950 – 1990. Foto: © Anja Köhler 

verrückt, kein Bart zu ausgefallen. In Zeiten 

von Desinfektionsmitteln im Handtaschenformat 

und Feuchttüchern für jede 

Lebenslage scheinen der Hygiene keine 

Grenzen gesetzt zu sein. Tägliche Hygiene 

ist fester Bestandteil unseres Lebens. 

Wasserklosetts und weibliche Hygieneartikel 

möchten wir nicht mehr missen. Dabei 

vergessen wir oft, dass die Menschheit 

den Großteil ihres Daseins ohne all 

diese Hilfsmittel verbrachte. Die Sonderausstellung 

„Reinlichkeit ist eine Zier“ gibt 

einen kleinen Einblick in die Welt der persönlichen 

Hygiene des 19. und 20. Jahrhunderts. 

Begeben Sie sich mit uns auf 

eine teilweise zum Schmunzeln einladen- 

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Ausstellung 

55



de Reise in die Welt von Seife, Zahnpasta 

und Co. 

Die unendliche Frische 

Die Körperpflege diente und dient in erster 

Linie der Reinigung des Körpers und 

der Vermeidung von Krankheiten. Je nach 

Kulturkreis kommt eine weitere Aufgabe 

hinzu: die Vermeidung von unangemessenen 

Körpergerüchen. In Griechenland 

und Rom wurde vorwiegend warm gebadet, 

um den Körper zu reinigen, jedoch 

verlor sich diese Tradition in Europa nach 

dem Untergang des Römischen Reiches 

und endete schließlich im 17. und 18. 

Jahrhundert gar in einer regelrechten 

„Wasserscheu“. Dies änderte sich erst im 

Laufe des 19. Jahrhunderts, als wissenschaftliche 

Erkenntnisse zu einer Rückbesinnung 

auf das Waschen mit Wasser 

führten. Die industrielle Herstellung von 

Seife sowie weitere Entwicklungen sorgten 

schließlich dafür, dass unsere heutige 

tägliche Hygiene von Flüssigseife, Deoroller 

und Desinfektionsmitteln gekennzeichnet 

ist. 

„Die kritischen Tage“ 

Die Hygiene der Frau hat schon immer 

besondere Ansprüche gestellt. Bis in das 

19. Jahrhundert hinein, fertigten Frauen 

ihre Hygieneprodukte selbst an. Diese 

bestanden aus Altkleidern, Moos, Wolle, 

Leinen oder ähnlichem und wurden 

größtenteils gewaschen und wiederverwendet. 

Erst Ende des 19. Jahrhunderts, 

mit der zunehmenden gesundheitlichen 

Aufklärung und damit einhergehenden 

Verbreitung von Hygienevorschriften, 

begann die industrielle Herstellung von 

Damenhygieneartikeln, die oft jedoch 

sehr teuer waren. Der 1. Weltkrieg stellte 

einen Meilenstein für die Entwicklung 

preiswerterer Erzeugnisse dar, die zu den 

uns heute bekannten Hygieneprodukten 

führte. 

Im Reich der weißen Zwerge 

Bereits in der Steinzeit säuberten sich die 

Menschen ihre Zähne mit Weidenstöckchen. 

Die Römer vertrauten zur Desinfektion 

des Mundraumes gar auf ein 

kostenloses „Mundwasser“: Urin. Erste 

Zahnbürsten kamen um 1500 in China 

auf und waren pinselförmig. Kaufleute 

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56 

Ausstellung



Set „Putzi“ mit Zahnputzbecher, Zahnbürste, Zahncreme und Mundwasser des VEB Florena, 1980er Jahre. 

Foto: © Anja Köhler 

brachten die Zahnpinsel mit nach Europa, 

wo die Reinigung der Zähne mit Hilfe 

von Schwämmen oder Tüchern verbreitet 

war. 1780 entstand in England die erste 

Zahnbürstenfabrik. Bereits Ende des 19. 

Jahrhunderts wurde auch die elektrische 

Zahnbürste erfunden, allerdings war ihre 

Herstellung viel zu kostspielig. 

Die weltweit erste Zahnpasta wurde 1850 

in den USA hergestellt, führend auf dem 

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Ausstellung 

57



europäischen Markt wurde allerdings 

eine Marke aus Dresden: Chlorodont. 

Und eine weitere bekannte Marke kommt 

aus Dresden: Odol. Karl August Lingner 

bekam 1892 ein neues Antiseptikum zur 

Vermarktung angeboten. Er stand vor 

der Wahl daraus eine antibakterielle Seife 

oder ein Gesundheits-Haarwasser zu 

machen, entschied sich dann aber für ein 

Mundwasser. Diese Entscheidung machte 

ihn schließlich zu einem der reisten Männer 

des Kaiserreichs. Chlorodont und Odol 

hatten etwas gemeinsam: Beide wurden 

durch ausgeklügelte Marketingkampagnen 

bekannt gemacht, die auch Künstler 

wie Giaccomo Puccini einbezogen, der 

extra eine „Ode an Odol“ komponierte. 

Der Zopf ist ab 

Bereits im Alten Ägypten und bei den 

Griechen und Römern wurde viel Zeit 

und Geld für die Gestaltung und Pflege 

des Haupthaares aufgewendet. Im Laufe 

der Jahrhunderte gab es eine Vielzahl 

verschiedener Haarmoden, die mal kürzere, 

mal längere Haare verlangten. Dabei 

wurde das Haar gewöhnlich nur mit 

Wasser und Seife oder seifenähnlichen 

Substanzen gewaschen. Duftöle parfümierten 

die Frisur und Schmuck wie 

Kämme oder Nadeln waren Ausdruck von 

Reichtum. Erste Haarwaschmittel im heutigen 

Sinne wurden im 19. Jahrhundert 

in England hergestellt. Diese reinigten 

und parfümierten das Haar gleichzeitig 

und verliehen im Glanz. 1898 eröffnete 

Hans Schwarzkopf in Berlin eine Farben-, 

Drogen- und Parfümeriehandlung. Das 

„Shampoon mit dem schwarzen Kopf“ 

wurde zum ersten Markenartikel der 

Branche in Deutschland. 

Um das Haar nach dem Waschen auch 

Trocknen zu können, brachte AEG Anfang 

des 20. Jahrhunderts einen Haartrockner 

auf den Markt. wie Ondulierstab, Glätteisen 

und Co. machten die Behandlung 

des Haupthaares in den folgenden Jahren 

grenzenlos. 

War bei den Griechen Körperbehaarung 

bei Frauen und Männern gleichermaßen 

unbeliebt, wandelte sich dies in den folgenden 

Jahrhunderten, vor allem in der 

Männermode. Vollbärte wechselten mit 

glattrasierten Gesichtern, Schnurrbärte 

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58 

Ausstellung



verschiedene Frisiereisen mit Preisliste, erste Hälfte 20. Jahrhundert. Foto: © Anja Köhler 

verdrängten volle Koteletten. Die Nassrasur 

wurde traditionell beim Barbier mit 

dem Rasiermesser durchgeführt. Dies 

änderte sich erst mit der Erfindung des 

mechanischen Rasierapparates im Jahre 

1901 durch King Camp Gillette. Er wurde 

vor allem während des 1. Weltkrieges 

von amerikanischen Soldaten verwendet, 

um die erstmals in Gebrauch befindlichen 

Gasmasken luftdicht am Gesicht abschließen 

zu lassen. 

Das stille Örtchen 

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Ausstellung 

59



Da die Aborte oft außerhalb des Hauses anzutreffen waren, wurde für die Nacht ein Topf unter das Bett 

gestellt. Dieser konnte aus Keramik, Metall oder sogar Glas sein. Foto: © Anja Köhler 

Donnerbalken, Lokus, Abort, heimliches 

Gemach, Abtritt, stilles Örtchen – viele 

Namen für einen elementar wichtigen 

Bestandteil der täglichen Hygiene: die 

Toilette. Der heute verwendete Name 

stammt aus dem Französischen und 

meinte ursprünglich den gesamten Vorgang 

des sich für den Tag Vorbereitens. 

Da die Damen des französischen Hofes 

für ihre „toilette“ spezielle Ankleidezim- 

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60 

Ausstellung



mer besaßen, die auch den Leibstuhl beheimateten, 

ging der Begriff schließlich 

im 19. Jahrhundert im Deutschen allein 

auf das Klosett über. Bereits in Mesopotamien, 

Griechenland und Rom gab es 

öffentliche Toilettenanlagen, die sogar 

über Wasserspülung verfügten. Die Technologie 

ging allerdings mit dem Ende des 

Römischen Reiches verloren. 

Das Mittelalter kannte in Burgen und 

Klöstern den sogenannten Aborterker, 

der direkt ins Freie führte. 

Schlossanlagen des Barock und Rokoko 

verfügten eher selten über Toiletten, so 

dass oft Korridore, Raumecken, Hauseingänge, 

Durchfahrten und Gärten als Abtritt 

benutzt wurden. 

Bereits 1596 hatte Sir John Harington 

das Wasserklosett im Auftrag von Königin 

Elizabeth I. erfunden. Er erntete mit 

dieser Erfindung allerdings nur Unverständnis 

und so dauerte es noch bis 1755 

ehe der Schotte Alexander Cummings ein 

Patent auf ein Wasserklosett anmeldete. 

Toiletten mit Wasserspülung setzten sich 

in deutschen Städten erst gegen Ende 

des 19. Jahrhunderts durch, als es sowohl 

Wasseranschlüsse in den Häusern 

als auch eine entsprechende Kanalisation 

gab. Auf dem Land waren Plumpsklos bis 

weit in das 20. Jahrhundert verbreitet. 

Die Sonderausstellung „Reinlichkeit ist 

eine Zier“ ist in diesem Jahr besonders 

aktuell, spielt Hygiene derzeit doch eine 

zentrale Rolle in unser aller Leben. Die 

Ausstellung wird ergänzt durch Leihgaben 

aus dem Stadtmuseum Neustadt i. 

Sa. und dem Heimatmuseum Herrnhut. 

Da derzeit alle Museen geschlossen bleiben 

müssen, steht die Sonderausstellung 

allen Interessierten, die nicht warten wollen, 

digital unter www.vr.museum-oberlausitz.de/ 

auf Deutsch und Polnisch zur 

Verfügung. 

Dorfmuseum Markersdorf 

Kirchstraße 2, 02829 Markersdorf 

Tel.: 035829/60329 

www.museum-oberlausitz.de 

Öffnungszeiten: 

Mi – Fr 10.00 – 16.00 Uhr 

Sa/ So/ Feiertags 13.00 – 17.00 Uhr 

Impressum: 

Herausgeber (V.i.S.d.P.): 

incaming media GmbH 

Geschäftsführer: 

Andreas Ch. de Morales Roque 

Carl-von-Ossietzky-Straße 45 

02826 Görlitz 

Ruf: (03581) 87 87 87 

Fax: (03581) 40 13 41 

info@stadtbild-verlag.de 

www.stadtbild-verlag.de 

Geschäftszeiten: 

Mo. - Fr. von 9.00 bis 17.00 Uhr 

Druck: 

Graphische Werkstätten Zittau GmbH 

Ausstellung 

Verantw. Redakteur: 


(Mitglied im Deutschen 

Fachjournalistenverband) 

Redaktion: 


Dr. Ernst Kretzschmar 

Dipl. - Ing. Eberhard Oertel 

Bertram Oertel 

Anzeigen verantw.: 

Dipl. - Ing. Eberhard Oertel 

Mobil: 0174 - 31 93 525 

Teile der Auflage werden auch kostenlos 

verteilt, um eine größere Verbreitungsdichte 

zu gewährleisten. Für 

eingesandte Texte & Fotos übernimmt 

der Herausgeber keine Haftung. Artikel, 

die namentlich gekennzeichnet 

sind, spiegeln nicht die Auffassung 

des Herausgebers wider. Anzeigen 

und redaktionelle Texte können nur 

nach schriftlicher Genehmigung des 

Herausgebers verwendet werden. 

Anzeigenschluss für die Januar-Ausgabe: 

15. Dezember 2020 

Redaktionsschluss: 20. Dezember 2020 

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Lockdown light: Außerordentliche Wirtschaftshilfe für Unternehmen 

ETL-Steuerberatung 

Update: Vom Lockdown betroffene Unternehmen und Selbständige warten dringend auf die versprochene 

finanzielle Unterstützung. Deshalb haben die zuständigen Ministerien ein Verfahren der Abschlagszahlung 

vereinbart. Laut gemeinsamer Pressemitteilung des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums 

für Wirtschaft und Energie können Soloselbständige eine Abschlagszahlung von bis zu 5.000 Euro 

erhalten. Für andere Unternehmen sind Abschlagszahlungen bis 10.000 Euro vorgesehen. Die Antragstellung 

wird in der letzten Novemberwoche starten, d. h. voraussichtlich ab 25. November 2020. Damit sollen die 

ersten Auszahlungen noch im November bei den Betroffenen ankommen. 

Die Antragstellung für die Abschlagszahlungen wird, ebenso wie die spätere reguläre Auszahlung, über die 

Online-Plattform www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de erfolgen. Um Missbrauch vorzubeugen, sind 

Maßnahmen zur Sicherstellung der Identität des Antragstellers getroffen wurden. 

Die Bundesregierung spricht von einem besonderen November. Mit der Schließung von allen Freizeit- und 

Kultureinrichtungen sowie der Gastronomie und Hotellerie soll die Ausbreitung des Covid-19-Virus abgebremst 

werden. Damit stehen viele Unternehmen vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen. Folgerichtig 

gewährt die Bundesregierung den Unternehmen, Betrieben, Selbständigen, Vereinen und Einrichtungen, die 

aufgrund staatlicher Anordnung nicht ihren Geschäften nachgehen können, eine einmalige wirtschaftliche 

Unterstützung. 

Als außerordentliche Wirtschaftshilfe werden den direkt vom Lockdown betroffenen Unternehmen bis zu 

75 % des Novemberumsatzes des letzten Jahres gezahlt. Berechnungsgrundlage für die außerordentliche 

Wirtschaftshilfe wird der durchschnittliche wöchentliche Umsatzes des Vergleichsmonats werden. Für Restaurants 

wird die Berechnungsgrundlage auf die Umsätze mit dem vollen Steuersatz beschränkt. Im Gegenzug zur 

gekürzten Bemessungsgrundlage dürfen Gaststätten zusätzliche Umsätze mit dem Außerhausverkauf tätigen, 

ohne dass diese auf die Wirtschaftshilfe angerechnet wird. Bei anderen antragsberechtigten Unternehmen, 

die im November Umsatz generieren können, bleiben diese Umsätze ohne Anrechnung, soweit die Umsätze in 

Summe mit der Wirtschaftshilfe den Vorjahresumsatz nicht übersteigen. Wie bereits bei der Überbrückungshilfe 

I und II sollen vor allem die Fixkosten abgesichert werden, die trotz der temporären Schließung anfallen. 

Über das bereits bekannte Antragsportal zur Überbrückungshilfe soll in Kürze auch die Beantragung der außerordentlichen 

Wirtschaftshilfe möglich sein. Damit ist die Antragstellung in der Regel nur mit Unterstützung 

durch einen Steuerberater oder Rechtsanwalt möglich. Für Soloselbstständige, die bis zu 5.000 Euro Novemberhilfe 

beanspruchen können, wird eine Möglichkeit geschaffen, sich selbst auf der Online-Plattform anzumelden 

und den Antrag zu stellen. Grundsätzlich können alle Betriebe einen Antrag stellen, die direkt von der 

staatlich angeordneten Betriebsschließung betroffen sind. Betriebe, die nur mittelbar vom Lockdown betroffen 

sind, weil z. B. ihre Geschäftskunden schließen müssen, dann berechtigt, wenn sie regelmäßig und nachweislich 

80 Prozent ihrer Umsätze mit Geschäftspartnern erwirtschaften, die direkt vom Lockdown betroffen sind. 

Im Unterschied zur Überbrückungshilfe sind jedoch auch Unternehmen und Selbständige antragsberechtigt, 

die nach dem 1. November 2019 gegründet wurden oder ihre geschäftliche Tätigkeit aufgenommen haben. 

Hier gilt der Oktober 2020 als Grundlage für die außerordentliche Wirtschaftshilfe. Soloselbstständige dürfen 

den monatlichen Umsatzdurchschnitt des Jahres 2019 wählen, wenn sie im November 2019 keine, oder nur 

geringe Umsätze erzielt haben. 

Da auch bei der außerordentlichen Wirtschaftshilfe eine Doppelförderung oder Überkompensation ausgeschlossen 

werden soll, werden andere staatliche Unterstützungshilfen, die für den gleichen Zeitraum geleistet 

werden, angerechnet. In erster Linie sind hier das Kurzarbeitergeld für die Belegschaft, aber auch die Überbrückungshilfe 

II zu nennen. Inwieweit die Wirtschaftshilfe auch für außerbetriebliche Aufwendungen des 

Unternehmers genutzt werden kann, bleibt ebenso abzuwarten, wie der Zeitpunkt der Zahlung. Da zunächst 

die technischen Voraussetzungen für die Beantragung geschaffen werden müssen und auch Beantragung und 

Bewilligung selbst einige Zeit in Anspruch nehmen werden, ist mit einer Auszahlung der Wirtschaftshilfe voraussichtlich 

nicht vor Mitte Dezember 2020 zu rechnen. Es ist allen betroffenen Unternehmen zu wünschen, 

dass es schneller geht oder die Bundesregierung die Möglichkeit von Abschlagszahlungen ermöglicht. 

62 

Autor: Ulf Hannemann, Freund & Partner GmbH (Stand: 12.11.2020) 

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