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Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 929 —<br />

fünf Kindern erkannt haben! – Sie hatten alle mit dem<br />

hinsterbenden Jahre ihre Augen für immer geschlossen;<br />

sie waren – arme, schuldlose Opfer der Speculation<br />

eines herzlosen Tyrannen – vor Hunger gestorben!<br />

Ihre bejammernswerthen Ältern hatten den furchtbaren<br />

Entschluß gefaßt, ihrem gemeinsamen Peiniger mit<br />

den kleinen Leichen der Geopferten ein Neujahrsgeschenk<br />

zu machen. <strong>Die</strong> bleichen, kalten Lippen ihrer<br />

Kinder, aus denen noch jetzt die gelblichen Zähne wie<br />

um Brod bittend hervorsahen, sollten dem Manne <strong>des</strong><br />

Gol<strong>des</strong> ein glückliches Neujahr wünschen.<br />

Als die Leichen mit den Gesichtern nach Osten gewandt<br />

an die Thür <strong>des</strong> reichen Fabrikherrn niedergelegt<br />

waren, sprachen die Männer ein Vaterunser, wie<br />

über dem Grabe eben Beerdigter. Nur die Frau, die einzige,<br />

welche von allen Müttern der übrigen Verhungerten<br />

den Muth gehabt hatte, ihr Kind, ein Mädchen von<br />

sieben Jahren, auf diesem Schmerzenswege zu begleiten,<br />

brach jetzt in lautes Schluchzen aus. Der Kälte und<br />

<strong>des</strong> tiefen Schnees nicht achtend, stürzte sie nieder auf<br />

ihre Knie, umschloß nochmals mit mütterlichem Arm<br />

den entschlafenen Liebling und drückte Kuß auf Kuß<br />

auf seine kalten Lippen. Bald ging ihr Schluchzen in ein<br />

lautes Weinen und Stöhnen über. Ausrufe <strong>des</strong> Schmerzes,<br />

Worte <strong>des</strong> Zornes und der Verzweiflung, endlich<br />

ein erschüttern<strong>des</strong> Gebet um Erbarmen stieg von ihrem<br />

Munde zum stürmenden Himmel auf!

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