Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 922 — »Es fehlt kein Wort außer denen, die ich nicht entziffern kann.« »Aber daraus wird ja kein Teufel klug!« »Warum denn nicht? Es giebt nichts Klareres unter der Sonne, das ist plan. Man reist, man läßt sich bestimmen, man streicht Geld ein und lebt fidel und sorgenlos, bis es ein Ende hat!« »Es kann eine Falle sein,« bemerkte Blutrüssel und rollte seine vorstehenden gelblich-trüben Augen unter furchtbarem Zähnefletschen. »Ich habe Erfahrung darin, Hans! Ehedem reiste ich auf kurze Zeit in ähnlichen Geschäften.« »Pah! Was Falle! Tausend Mark wirft kein Mensch zum Fenster hinaus, um einem Andern damit bequem den Hals umdrehen zu können!« »Darüber, siehst Du, blöde Kellerassel, darüber ließ sich ein Langes und Breites reden. Weil Du aber für gewisse Feinheiten interessanter Lebensarten keinen Sinn hast, will ich es unterlassen. Du bist blos für die plumpen, großen Geschäfte – fürs bequeme Gelderpressen, wenn der Erwerb mit Schwierigkeiten verbunden ist. Nun, ich tadle dies auch nicht, denn es führt manchmal weiter, als studirte Handgriffe und raffinirte Pläne. Aber Eins wenigstens nimm nicht auf die leichte Achsel – ich meine die Reise! Wohin lockt Dich der splendide Zahler?«
— 923 — Gleichgiltig zog Klütken-Hannes seinen Brief nochmals vor und nannte die einzelnen Orte, welche berührt werden sollten. Es waren dies mit Ausnahme von zwei bis drei unbedeutenden Landstädtchen immer nur Vorwerke oder einsam gelegene Schenkhäuser, die über wenig befahrene Communicationswege in bedeutender Entfernung von der großen Landstraße tief in die Haide führten. Über diese Reiseroute stutzte Blutrüssel mehr wie über Alles. Sein Gesicht würde, wäre dies möglich gewesen, bleifarbig geworden sein, so heftig erschrak er; denn er sah sich auf einmal wieder auf den Schauplatz seiner Jugendvergehungen versetzt. Waren diese auch längst in seinem Gewissen begraben, so traten sie doch als bleiche Geistererscheinungen jetzt unerwartet vor sein inneres Auge und ein Frösteln der Angst, ein Schauer der Verzweiflung rieselte ihm durch Mark und Bein. »Hans,« sagte er nach einiger Zeit zu seinem Gaste, der inzwischen behaglich seinen Punsch trank, »Du wirst einen Begleiter brauchen in jenen Einöden. Die Wege sind dort nicht immer leicht zu finden, kaum im Sommer, wie viel weniger im Winter! Man muß lange vertraut sein mit jenen endlosen Haiden, um nicht umzukommen in Sumpf und Moorbruch. Nimmst Du mich an zum Führer?« »Du kannst mir nichts nützen. Hast ja gehört, daß meine Reise ein Geheimniß bleiben soll! Dein Gesicht
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in bedeutender Entfernung von der großen Landstraße<br />
tief in die Haide führten. Über diese Reiseroute stutzte<br />
Blutrüssel mehr wie über Alles. Sein Gesicht würde,<br />
wäre dies möglich gewesen, bleifarbig geworden<br />
sein, so heftig erschrak er; denn er sah sich auf einmal<br />
wieder auf den Schauplatz seiner Jugendvergehungen<br />
versetzt. Waren diese auch längst in seinem Gewissen<br />
begraben, so traten sie doch als bleiche Geistererscheinungen<br />
jetzt unerwartet vor sein inneres Auge und ein<br />
Frösteln der Angst, ein Schauer der Verzweiflung rieselte<br />
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der inzwischen behaglich seinen Punsch trank, »Du<br />
wirst einen Begleiter brauchen in jenen Einöden. <strong>Die</strong><br />
Wege sind dort nicht immer leicht zu finden, kaum im<br />
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