Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 878 — dem Schwachen die ewige Liebe ihre milde, versöhnende Hand reiche! – »Es war die Zeit, wo die Bienen zu schwärmen beginnen. Mein Knabe stand im vierten Jahre und konnte kaum den Tag erwarten, wo er den Großvater in den Wald begleiten sollte, um das unterhaltende Schauspiel mit anzusehen und die Behandlung dieser nützlichem Thiere zu erlernen. Johannes hatte ihm eine ›Beute‹ zu stellen versprochen, wenn sich ein gesunder, neuer Schwarm auf seinem Revier anlegte. »Um einer glücklichen Bienenärndte versichert zu sein, hatte Johannes schon vorsorglich die leeren ›Beuten‹ mit sogenannter Bienenschminke bestrichen, eine aus vielen wohlriechenden Kräutern unter mancherlei Heimlichkeiten zusammengesetzte Salbe. Diese dient den Spurbienen zum Köder, welche gleichsam als Herolde den Schwärmen vorausfliegen und sich auf den, ihnen am meisten zusagenden, Beutebäumen niederlassen. »Endlich erschienen die Bienen. Die ganze Haide summte von den schwärmenden Thieren und lockte überall die Zeidler auf ihre Standorte zu den ›Beuten‹. Auch Johannes, bewaffnet mit seiner Zeidelart, meinen Sohn an der Hand brach zeitig auf. Der alberne Nachbarsbursche, der sich in Emma’s Schelmenaugen vergafft hatte, wollte als Beistand mitgehen, allein Johannes gestattete dies nicht und wies den in seinem Vornehmen etwas Hartnäckigen barsch zurück.
— 879 — Der Zeidler duldet nie Uneingeweihte in seinem Revier, am wenigsten zur Zeit des Schwärmens, da ihre Gegenwart, dem Volksglauben zufolge, den neu eingefaßten Schwärmen Unglück bringen soll. »So ging mein Vater mit dem kleinen lachenden braunlockigen Johannes, der mir noch von weitem manches Kußhändchen zuwarf, allein in die Haide. Was bis zum späten Abend im öden Dickicht geschehen sein mag an jenem unheilvollen Tage, weiß nur Gott allein! Wir armen Zurückgebliebenen, die wir sorglos der Heimkehrenden warteten, wir haben über das Geschehene nur Vermuthungen zusammenstellen können. Wir ahnten nichts Böses, wir saßen arbeitend am blumengeschmückten Fenster und freuten uns der warmen hellen Luft, des sonnigen windstillen Tages. Bis in die sinkende Nacht beschlich uns kein ängstlicher Gedanke, da Johannes in der Haide eben so heimisch war, wie auf seinem Hofe. Erst als die Schatten erloschen waren und die Nacht ihre grauen Dämmerungen in trüben Nebeln über die Wälder breitete, begann mein Herz ängstlich zu schlagen, und unruhig nach Vater und Sohn zu verlangen. »Noch immer hoffte ich, daß die Zögernden unversehrt heimkehren würden, denn ich kannte die Gewohnheiten meines Vaters, in Folge deren er oft sogar
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