Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 86 — »Ich erlaube mir, Ihnen zu widersprechen, Herr am Stein. Die Arbeit wird durch die Maschine erschwert, da der Arbeiter beinahe noch ein Mal so viel Käutchen liefern muß, als früher, wo er blos mit seinen eigenen Händen arbeitete! Legen Sie den armen Menschen, die ohnehin meistentheils in Ihrer Fabrik Verunglückte sind, lieber einige Groschen zu, da sie einen bedeutenden Vortheil durch die Maschinen gewinnen.« »Vom Gewinn lebt der Kaufmann, für den Gewinn speculirt er. Die Maschinen kosten Geld, viel Geld, und ehe die Arbeiter das Käuteln auf denselben lernen, werden sie mir manches Schock Garn verderben. Schreiben Sie 15 statt 20 und halten Sie mich nicht länger durch Ihre humanistischen und kosmopolitischen Einwürfe auf.« Nach dieser, in spöttischem Tone vorgebrachten Bemerkung enthielt sich Vollbrecht jedes neuen Einwurfes bei den noch häufigen Lohnverkürzungen, die Herr am Stein zu besserm Gedeihen seiner Fabrik anordnete. Der reiche Mann that dies mit dem heitersten Gleichmuth, ohne eine Miene zu verziehen oder nur seine bequeme Lage im prächtigen Polsterstuhle zu ändern. Er wußte, daß er ungestraft so verfahren durfte, da er längst vielleicht noch genauer von dem Zustande seiner Arbeiter unterrichtet war, als der menschenfreundliche, an fremdem Unglück innig Antheil
— 87 — nehmende Vollbrecht. Adrian gründete eine mit diplomatischer Schlauheit berechnete Speculation auf diese Lohnverkürzung, die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mißglücken konnte. Es lag nämlich in seinem Plane, während des Winterhalbjahres bei heruntergesetztem Lohne noch einige hundert Arbeiter mehr anzunehmen und deßhalb eine dritte Maschine zu stellen. Durch so viele Hände hoffte er binnen sechs Monaten so viel Waare zu liefern, daß er andern Concurrenten damit den Rang ablaufen und durch billigere Preise sie nicht allein für kurze Zeit völlig beseitigen, sondern sie auch zwingen könnte, ihren Arbeitern ebenfalls geringeren Lohn zu geben, was dann seinerseits eine abermalige Lohnverkürzung zur Folge haben mußte. Durch diese doppelte Betrügerei oder fein angelegte Speculation mußte Adrian über hunderttausend Thaler rein verdienen. Sie machte ihn ferner zum Ersten in seinem Fache und lieferte alle Arbeiter, die ihm früher die Zähne gewiesen hatten, so ganz in seine Gewalt, daß sie völlig von seiner Gnade abhängig wurden. Mit dem Überschuß des neu gewonnenen Kapitals wollte Adrian einen Theil der Güter wieder an sich bringen, die sein wilder sittenloser Vater durch schlechte Wirthschaft, verbunden mit den lang dauernden Kriegsstürmen und den gewaltigen Umwälzungen in allen Verhältnissen, verloren hatte. Inzwischen setzte sich die Fähre vom Seeufer her nach der Insel zu in Bewegung, beladen mit einer
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nicht allein für kurze Zeit völlig beseitigen, sondern sie<br />
auch zwingen könnte, ihren Arbeitern ebenfalls geringeren<br />
Lohn zu geben, was dann seinerseits eine abermalige<br />
Lohnverkürzung zur Folge haben mußte. Durch<br />
diese doppelte Betrügerei <strong>oder</strong> fein angelegte Speculation<br />
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die Zähne gewiesen hatten, so ganz in seine Gewalt,<br />
daß sie völlig von seiner Gnade abhängig wurden. Mit<br />
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Adrian einen Theil der Güter wieder an sich bringen,<br />
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