Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 864 — Emma, die natürlich in diesem Kreise auch nicht fehlen durfte, versah das Amt einer Dienerin. »Ich erinnere mich einer Nacht, wo es eben so stürmte,« sagte der Maulwurffänger, indem er mit den Lippen schnalzte und die geleerte Tasse der theebereitenden Herta ungenirt zuschob. »Das war dazumal, als ich die Bekanntschaft des Fürsten der Haide machte, eines in seiner Art braven Mannes, weßhalb ich aufrichtig bedaure, daß ich nicht weiß, was aus ihm geworden ist.« »Ist es mir doch, als hätte ich kurz vor dem Tode meines Oheims zuweilen ebenfalls von diesem Manne sprechen hören,« bemerkte Herta. »Er mußte ein Mann von Gewicht sein.« »Wie man’s nimmt, meine gnädige Gräfin,« versetzte der Maulwurffänger, die neugefüllte Tasse dankend aus Herta’s schmaler Hand empfangend. »Als ich jung war, fürchtete, haßte und liebte man ihn, je nachdem Einer oder der Andere ein gutes oder böses Gewissen sich zur Nachtruhe unter den Kopf schieben konnte, denn der Johannes der Haide, wie er mit seinem richtigen Tauf- und Familiennamen hieß, war seiner Zeit ein ganz scharfer Richter, bei dem zwei mal zwei vier, und krumm immer krumm blieb und wenn ihm einer versprochen hätte, das Öl aus den Lampen aller klugen Jungfrauen für seine Nachtleuchte ihm zu verschaffen!«

— 865 — »Sonderbar!« fiel Herta ein. »Obwohl ich immer ein düsteres Vorgefühl und eine Scheu vor den Thaten meines Vaters gehabt habe, mit Bestimmtheit konnte ich doch nie erfahren, ob er und der berühmte oder berüchtigte Fürst der Haide ein und dieselbe Person seien! Denn Ihr wißt, braver Alter, daß sich Johannes nach der Zerstörung des Schlosses Boberstein in die abgeschlossenste Einsamkeit zurückzog. Die Streifzüge des Fürsten der Haide wurden aber noch geraume Zeit fortgesetzt – wie ich nunmehr vermuthe, von den Tapfersten seiner Gefährten. Und so erfahre ich mithin erst jetzt, daß Johannes, mein Retter und Rächer, wirklich jenen für alle vornehmen Verbrecher schreckenvollen Namen führte.« »Es ist so, wie ich sage, meine gnädigste Gräfin,« betheuerte Pink-Heinrich. »Derselbige Johannes, der in seinen guten Tagen ein Hauptschütze war und ein wahrer Mordhahn im Fechten und Reiten, und dem just wegen so vortrefflicher Eigenschaften der gnädigen Gräfin in Gott ruhende liebe Mutter zu tief in Aug’ und Herz geblickt hatte, derselbige Johannes legte sich später nach dem Unglück und Verdruß mit dem seligen Herrn Oheim auf das freie Kriegshandwerk. Nach Ihrer gnädigen Äußerung hat er also ferner nicht mehr mit dem Stegreif gut’ Freund sein mögen?« Auf einen Wink Herta’s trug Emma die Theemaschine nebst Tassen fort und Herta schickte sich an, in

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Emma, die natürlich in diesem Kreise auch nicht fehlen<br />

durfte, versah das Amt einer <strong>Die</strong>nerin.<br />

»Ich erinnere mich einer Nacht, wo es eben so stürmte,«<br />

sagte der Maulwurffänger, indem er mit den Lippen<br />

schnalzte und die geleerte Tasse der theebereitenden<br />

Herta ungenirt zuschob. »Das war dazumal, als ich<br />

die Bekanntschaft <strong>des</strong> Fürsten der Haide machte, eines<br />

in seiner Art braven Mannes, weßhalb ich aufrichtig<br />

bedaure, daß ich nicht weiß, was aus ihm geworden<br />

ist.«<br />

»Ist es mir doch, als hätte ich kurz vor dem Tode<br />

meines Oheims zuweilen ebenfalls von diesem Manne<br />

sprechen hören,« bemerkte Herta. »Er mußte ein Mann<br />

von Gewicht sein.«<br />

»Wie man’s nimmt, meine gnädige Gräfin,« versetzte<br />

der Maulwurffänger, die neugefüllte Tasse dankend<br />

aus Herta’s schmaler Hand empfangend. »Als ich jung<br />

war, fürchtete, haßte und liebte man ihn, je nachdem<br />

Einer <strong>oder</strong> der Andere ein gutes <strong>oder</strong> böses Gewissen<br />

sich zur Nachtruhe unter den Kopf schieben konnte,<br />

denn der Johannes der Haide, wie er mit seinem richtigen<br />

Tauf- und Familiennamen hieß, war seiner Zeit<br />

ein ganz scharfer Richter, bei dem zwei mal zwei vier,<br />

und krumm immer krumm blieb und wenn ihm einer<br />

versprochen hätte, das Öl aus den Lampen aller<br />

klugen Jungfrauen für seine Nachtleuchte ihm zu verschaffen!«

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