Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 82 — von ächtestem Havannah rauchend, deren tief dunkelblaues Gedüft er mit wohlgefälligem Lächeln verfolgte, ließ sich Adrian von dem Buchhalter Bericht erstatten über die Ausgaben der letzten Woche an Arbeitslohn. Der Buchhalter las: »Hundert und zwanzig Feinspinnern jedem Einzelnen einen Thaler fünf Silbergroschen.« »Streichen Sie für nächste Woche diese fünf Silbergroschen, Herr Vollbrecht,« unterbrach Adrian den Vortragenden. »Die letzten Briefe meiner Correspondenten in Leipzig, Hamburg, Wien und andern Plätzen berichten, daß uns ein großer Gewinn sicher ist, wenn wir auf den nächsten Messen alle Concurrenten durch Billigkeit unserer Wolle aus dem Felde schlagen können. Dies läßt sich leicht durch eine Herabsetzung des Arbeitslohnes erreichen, der ohnehin zu hoch war.« »Aber Herr Graf –« »Herr am Stein, lieber Vollbrecht, wenn’s beliebt!« »Nun denn, Herr am Stein, die Arbeiter klagen schon seit langer Zeit, daß sie mit dem jetzigen Lohne kaum mehr ihre Familien unterhalten können! Der harte Winter von 29 auf 30 ist sehr vielen dieser Armen gefährlich geworden und hat ihre geringen Ersparnisse gänzlich erschöpft.« »Desto besser, so haben wir sie in unserer Gewalt! Es ist nicht gut, wenn der Arbeiter wohlhabend wird. Das macht ihn nur stolz, brutal, aufsätzig, wie wir’s

— 83 — vor einigen Jahren schon einmal erleben mußten. Damals hätte es noth gethan, wir hätten diese Elenden mit Bitten bestürmt und sie vom Kopf zur Zehe übergoldet, nur um ein paar Hände zu bekommen. Ich habe mir diese Lehre gemerkt und mich fest entschlossen, es nie wieder dahin kommen zu lassen. Noch einige Jahre und die im Wohlleben schwelgenden Arbeiter wären unsere Gebieter geworden! Gott Lob, mein und einiger Collegen System hat bereits angefangen, Früchte zu tragen! Das unmerkliche Schmälern des Lohnes, durch die große Concurrenz leicht zu rechtfertigen, hat diese Übermüthigen uns wieder unterthänig gemacht. Sorglos verpraßten sie inzwischen ihre Ersparnisse, der schwere Winter half auch mit zehren und jetzt haben sie nichts mehr als ihr gutes Auskommen von einem Tage zum andern. Was wollen sie mehr? Ihr Verdienst wird ihnen pünktlich zur Stunde ausgezahlt, während wir armen Speculanten die Gefahr des Wagens stets mit in Anschlag bringen und sie häufig genug mit Gleichmuth überwinden müssen.« »Sie sprechen von einem guten Auskommen Ihrer Arbeiter, Herr am Stein, und müssen doch wissen, daß schon seit Jahr und Tag die Kartoffel der Meisten alleinige Nahrung ist!« »Kartoffeln sind eine sehr nahrhafte Kost und geben Kraft. Man merkt’s an den vielen Kindern dieser Spinner und Weber! Und überdies giebt es noch Hunderttausende, für die ein Menschenfreund auch sorgen

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vor einigen Jahren schon einmal erleben mußten. Damals<br />

hätte es noth gethan, wir hätten diese Elenden<br />

mit Bitten bestürmt und sie vom Kopf zur Zehe übergoldet,<br />

nur um ein paar Hände zu bekommen. Ich habe<br />

mir diese Lehre gemerkt und mich fest entschlossen, es<br />

nie wieder dahin kommen zu lassen. Noch einige Jahre<br />

und die im Wohlleben schwelgenden Arbeiter wären<br />

unsere Gebieter geworden! Gott Lob, mein und einiger<br />

Collegen System hat bereits angefangen, Früchte<br />

zu tragen! Das unmerkliche Schmälern <strong>des</strong> Lohnes,<br />

durch die große Concurrenz leicht zu rechtfertigen,<br />

hat diese Übermüthigen uns wieder unterthänig gemacht.<br />

Sorglos verpraßten sie inzwischen ihre Ersparnisse,<br />

der schwere Winter half auch mit zehren und<br />

jetzt haben sie nichts mehr als ihr gutes Auskommen<br />

von einem Tage zum andern. Was wollen sie mehr?<br />

Ihr Verdienst wird ihnen pünktlich zur Stunde ausgezahlt,<br />

während wir armen Speculanten die Gefahr <strong>des</strong><br />

Wagens stets mit in Anschlag bringen und sie häufig<br />

genug mit Gleichmuth überwinden müssen.«<br />

»Sie sprechen von einem guten Auskommen Ihrer<br />

Arbeiter, Herr am Stein, und müssen doch wissen, daß<br />

schon seit Jahr und Tag die Kartoffel der Meisten alleinige<br />

Nahrung ist!«<br />

»Kartoffeln sind eine sehr nahrhafte Kost und geben<br />

Kraft. Man merkt’s an den vielen Kindern dieser<br />

Spinner und Weber! Und überdies giebt es noch Hunderttausende,<br />

für die ein Menschenfreund auch sorgen

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