Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 818 — »Ich blieb nicht auf halbem Wege stehen, mein biederer Bruder. – Da ich weiß, was Bildung, was sogenannter Fortschritt der Zeit und Volksaufklärung vermag, und wie grade ihre größere, immer zunehmende Verbreitung unser allergefährlichster Feind ist, so gab ich mir Mühe, dieselbe zu beschränken. Bei meinem System war dies eine leichte Aufgabe. Die Arbeiter konnten bald nur zur höchsten Noth auskommen, sie mußten dabei Vermehrung des Verdienstes wünschen und erstreben, aber sie durften von mir nicht verlangen, daß ich sie auf meine Kosten bereichern sollte. Meine Vorkehrungen waren so getroffen, daß kein Verdacht in ihnen aufsteigen konnte. So geschah, was ich voraus berechnet hatte. Diese armen Teufel kamen bittweise bei mir um Verkürzung der Schulstunden ein, damit ihre Kinder ihnen zur Hand sein und auch etwas erwerben möchten! – Sollte ich den Tyrannen spielen? Ich hätte mich nicht beruhigen können! – Ich beschränkte also die Schulstunden, gab auch den Kindern Arbeit und bereite nunmehr eine consequente Verwilderung der Nachkommenschaft vor, die man am besten durch Furcht und Strenge wird erziehen können. Dieses Geschlecht wird in doppelter Hinsicht Sclav sein, Sclav der Freiheit, die es nicht wünschen darf, und Sclav der eigenen Lasterhaftigkeit, in die es rettungslos versinken muß ohne Bildung, ohne Besitz und ohne Hoffnung auf solchen.
— 819 — »Noch bin ich nicht am Ziele, aber ich nähere mich ihm. Der heutige Morgen hat mir gezeigt, daß ich diese freie Arbeiterschaar nicht mehr zu fürchten habe. Ungeachtet des Lärms, den sie machten, und trotz der heftigen Drohungen Einzelner bin ich doch überzeugt, daß sie eher neben meinen Maschinen den Geist aufgeben, als mir die Arbeit aufkündigen. Nur die fatale Geschichte mit dem Wenden und die schmählichen Gerüchte, die unsere Ehre compromittiren, macht mir einiges Bedenken und hat auch diesen schon halb bewußtlosen Maschinenmenschen eine Art Selbstthätigkeit eingeimpft, die ich ihnen kaum zugetraut hätte. Auf welche Weise wir auch diese unterdrücken und das von uns abhängige Volk für immer uns wieder unterthänig, ja vollkommen leib- und seeleneigen machen können, das wollen wir Brüder, sobald Aurel angekommen sein wird, reiflich überlegen.« »Herr Aurel am Stein,« meldete der Bediente. Im Feuer des Gesprächs hatte Adrian nicht auf die Fähre geachtet, die einige Male von der Insel an’s Land und von diesem wieder nach der Insel gekommen war. »Sehr willkommen!« rief Adrian, indem er lebhaft aufsprang, um den theuern Bruder zu empfangen. Aurel stand schon auf der Schwelle. Adrian ging ihm mit offenen Armen entgegen, drückte ihn jubelnd an sich und küßte ihn wiederholt. Auch Adalbert gab seine Freude in gleicher Weise, nur weniger stürmisch zu erkennen.
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ihm. Der heutige Morgen hat mir gezeigt, daß ich diese<br />
freie Arbeiterschaar nicht mehr zu fürchten habe.<br />
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einiges Bedenken und hat auch diesen schon halb bewußtlosen<br />
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Auf welche Weise wir auch diese unterdrücken und das<br />
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