Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 802 — 41. DIE ZUSAMMENKUNFT. Wohl eine Stunde verharrte Graf Adrian in dieser Stellung. Niemand störte seinen Gedankengang. In und außer dem Haufe, überall war Todtenstille. Der schreiende Haufe seiner Spinner war auseinandergestoben, Vollbrecht und die Diener waren verschwunden. Er hatte vollkommen Zeit, über sich und seine Lage nach zudenken. Als er die Augen wieder aufschlug, fielen sie auf die gerichtliche Vorladung. Von Neuem erwachte sein Grimm und machte sich in Worten Luft. »Fluch diesem Sloboda, diesem grauhaarigen Schuft von Maulwurffänger!« rief er aus. »Gewiß, es ist blos eine freche Erfindung, mit der sie mich schrecken und einschüchtern wollen, denn wo ist gleich ein Boberstein vorhanden mit allen erforderlichen, unwiderleglichen Papieren? – Irgend ein Landläufer muß sich dazu hergegeben haben, diesen elenden Plebejern für ein Stück Geld zu willfahren. Aber ich werde ihre Schliche aufdecken, ich werde die Lügner entlarven und dann, wehe Euch, schamlose Buben! Erbarmungsloser als mein von Euch so hart geschmähter Vater werd’ ich dann mit Euch verfahren!« Ein Bedienter trat ein. »Was giebt es?« »Der Briefbote ist angekommen, gnädiger Herr. Wenn Sie ihn etwa persönlich sprechen wollen – im Comptoirzimmer wartet er Ihrer Befehle.«

— 803 — Adrian war sehr erfreut von dieser Botschaft. Er verließ die kalten prunkvollen Räume des Speisesaales, steckte die Citation zu sich und ging nach dem Comptoir. Unterwegs warf er einen Blick auf die weißen Gebäude, auf die thurmhohen rothbraunen Schornsteine der Fabrik. Sie rauchten und das surrende Getön, das aus der Luft herabklang, sagte ihm, daß die Spinner wieder an ihre Arbeit gegangen waren. Diese Entdeckung machte ihn um Vieles zuversichtlicher und gab ihm die angeborene feste Zähigkeit des Willens wieder, die eine Zeit lang ihn verlassen hatte. Unter den vielen Geschäftsbriefen befand sich auch ein Schreiben Aurel’s. Es war kurz und derb, wie der Kapitän es liebte, und verkündigte dem älteren Bruder seine nahe Ankunft. Adrian’s Züge nahmen einen spöttischen Ausdruck vornehmen Übermuthes an, der in glücklicher Gefühlsstimmung wie eingemeißelt auf ihnen lag. Adalbert konnte jede Minute eintreffen, Aurel näherte sich mit Sturmeseile – was sollte er, von seinen geliebten Brüdern umgeben, noch für das Haus Boberstein fürchten, das von Allen mit gleicher Liebe umfaßt ward, für das Jeder sein Leben in die Schanze geschlagen hätte? »Alle diese Stürme werden vorübergehen,« rief er sich voll Selbstvertrauen zu, »und sich in der Stille beruhigen, wie diese gewagte und so drohend aussehende Demonstration meiner Spinner. Hatte ich nicht vorausgesehen, daß es dahin kommen mußte, und wird

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Wohl eine Stunde verharrte Graf Adrian in dieser<br />

Stellung. Niemand störte seinen Gedankengang. In<br />

und außer dem Haufe, überall war Todtenstille. Der<br />

schreiende Haufe seiner Spinner war auseinandergestoben,<br />

Vollbrecht und die <strong>Die</strong>ner waren verschwunden.<br />

Er hatte vollkommen Zeit, über sich und seine Lage<br />

nach zudenken.<br />

Als er die Augen wieder aufschlug, fielen sie auf<br />

die gerichtliche Vorladung. Von Neuem erwachte sein<br />

Grimm und machte sich in Worten Luft.<br />

»Fluch diesem Sloboda, diesem grauhaarigen Schuft<br />

von Maulwurffänger!« rief er aus. »Gewiß, es ist blos<br />

eine freche Erfindung, mit der sie mich schrecken und<br />

einschüchtern wollen, denn wo ist gleich ein Boberstein<br />

vorhanden mit allen erforderlichen, unwiderleglichen<br />

Papieren? – Irgend ein Landläufer muß sich dazu<br />

hergegeben haben, diesen elenden Plebejern für ein<br />

Stück Geld zu willfahren. Aber ich werde ihre Schliche<br />

aufdecken, ich werde die Lügner entlarven und<br />

dann, wehe Euch, schamlose Buben! Erbarmungsloser<br />

als mein von Euch so hart geschmähter Vater werd’ ich<br />

dann mit Euch verfahren!«<br />

Ein Bedienter trat ein.<br />

»Was giebt es?«<br />

»Der Briefbote ist angekommen, gnädiger Herr.<br />

Wenn Sie ihn etwa persönlich sprechen wollen – im<br />

Comptoirzimmer wartet er Ihrer Befehle.«

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