Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 784 — sehr groß, aber mit fürstlichem Luxus meublirt. Seidene Tapeten aus Lyon, kunstvoll gewebt und von einem prächtigen Carmoisin, bekleideten die Wände. Lehnstühle und Sopha’s in verschiedenen Formen, mit entsprechendem Sammet überzogen, standen in reicher Auswahl um den länglich runden Speisetisch von massivem Mahagony. Hohe breite Spiegel, in Mahagonyrahmen, mit Rosenholz ausgelegt, waren zwischen den Fenstern angebracht. Ein erst kürzlich fertig gewordener Kamin von reinstem Alabaster, auf dessen Sims marmorne Statuen und große antike Vasen mit duftendem Blumenstaub gestellt waren, schmückte die südliche Ecke dieses luxuriösen Zimmers. Ein dicker, echt persischer Teppich, den Adrian’s jüngster Bruder vor einigen Monaten in England gekauft hatte, bedeckte den kunstreich getäfelten Fußboden. Adrian hatte am Abend des vergangenen Tages einige Gäste bewirthet. Es war sein Geburtstag gewesen und diesen pflegte er in Gesellschaft Gleichdenkender festlich zu begehen. Er hatte deßhalb auch ein lucullisches Mahl bereiten lassen. Überreste desselben standen durch Nachlässigkeit der Dienerschaft, die an solchem Freudentage unbeaufsichtigt geblieben und hinsichtlich des Genusses dem guten Beispiel des Gebieters schuldigst nachgefolgt war, noch jetzt im grauen Schein des kalten Novembermorgens auf der Tafel. Halbgeleerte Champagnergläser, kastanienlaubgrüne große Römer, breite Tummler von Purpurglas
— 785 — und kleine goldgelbe Henkelkrüge zum Genuß heißer Getränke bestimmt, gaben einen ungefähren Begriff von der schwelgerischen Mahlzeit, die man hier eingenommen hatte. Dazwischen blinkten die hohen, prächtigen Tafelaufsätze von gediegenem Silber, zum Theil noch Familienerbstücke des alten Grafengeschlechtes, die modernen geschmackvollen Karaffen aus Kristallglas und die hunderterlei brillanten Kleinigkeiten, mit denen man in neuester Zeit eine festliche Tafel recht glänzend auszuschmücken pflegt. In dieses von Wein und Speisen noch duftende Zimmer begab sich Adrian, um in dem prächtigsten der rothsammtenen Sessel seine Sclaven zu erwarten. Hierher führte Vollbrecht die darbenden, vor Frost und Hunger klappernden Spinner. Der Zufall oder die göttliche Vorsehung hätte keinen passenderen Ort für die folgende Unterredung wählen können. Adrian hatte kaum mit einem mißbilligenden Blicke auf die noch herrschende Unordnung im Zimmer seinen Platz eingenommen, als Vollbrecht die Flügelthüren des Saales öffnete und vier bis fünf Männer einließ. »Herr am Stein will Euch anhören,« sprach er zu den frühen Gästen mit seiner milden, herzgewinnenden Freundlichkeit. »Klagt ihm Euer Leid, entwerft ein Bild Eurer Noth und gewiß, Eure Worte werden nicht unbeachtet verklingen!« Vollbrecht betrat zugleich mit den Arbeitern das Speisezimmer, dessen schimmernde Pracht jetzt nur
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sehr groß, aber mit fürstlichem Luxus meublirt. Seidene<br />
Tapeten aus Lyon, kunstvoll gewebt und von einem<br />
prächtigen Carmoisin, bekleideten die Wände. Lehnstühle<br />
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Mahagony. Hohe breite Spiegel, in Mahagonyrahmen,<br />
mit Rosenholz ausgelegt, waren zwischen den<br />
Fenstern angebracht. Ein erst kürzlich fertig gewordener<br />
Kamin von reinstem Alabaster, auf <strong>des</strong>sen Sims<br />
marmorne Statuen und große antike Vasen mit duftendem<br />
Blumenstaub gestellt waren, schmückte die südliche<br />
Ecke dieses luxuriösen Zimmers. Ein dicker, echt<br />
persischer Teppich, den Adrian’s jüngster Bruder vor<br />
einigen Monaten in England gekauft hatte, bedeckte<br />
den kunstreich getäfelten Fußboden.<br />
Adrian hatte am Abend <strong>des</strong> vergangenen Tages einige<br />
Gäste bewirthet. Es war sein Geburtstag gewesen<br />
und diesen pflegte er in Gesellschaft Gleichdenkender<br />
festlich zu begehen. Er hatte deßhalb auch<br />
ein lucullisches Mahl bereiten lassen. Überreste <strong>des</strong>selben<br />
standen durch Nachlässigkeit der <strong>Die</strong>nerschaft,<br />
die an solchem Freudentage unbeaufsichtigt geblieben<br />
und hinsichtlich <strong>des</strong> Genusses dem guten Beispiel<br />
<strong>des</strong> Gebieters schuldigst nachgefolgt war, noch jetzt im<br />
grauen Schein <strong>des</strong> kalten Novembermorgens auf der<br />
Tafel. Halbgeleerte Champagnergläser, kastanienlaubgrüne<br />
große Römer, breite Tummler von Purpurglas