Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

finanz.math.tugraz.at
von finanz.math.tugraz.at Mehr von diesem Publisher
26.12.2012 Aufrufe

— 778 — »Darüber wird Herr Vollbrecht Ew. Gnaden die erwünschte Auskunft geben können,« sagte der Kammerdiener, indem er sich zurückzog und dem ersten Buchhalter den Vortritt gestattete. »Sie sind von dem Vorgefallenen unterrichtet, Herr am Stein?« fragte Vollbrecht. »Was fällt den Unsinnigen ein?« fuhr der Graf auf. »Wollten sie aus meinen Diensten gehen, so konnten sie dies in aller Ruhe thun, mir gesetzlich aufkündigen und anderwärts ein Unterkommen suchen. Dieses Einstellen der Arbeit aber nimmt die Miene eines Aufstandes an. Man wird sie zwingen und züchtigen müssen!« »Diese Widersetzlichkeit, Herr am Stein, kann Sie nicht überraschen,« versetzte Vollbrecht. »Ich habe Sie, wie es meine Pflicht war, genau von der überhand nehmenden unzufriedenen Stimmung unterrichtet, die seit Ihrer letzten Lohnherabsetzung den Ältesten wie den Jüngsten Ihrer Arbeiter ergriffen hat. Sie lachten meiner Warnungen, erklärten die getroffenen Maßregeln für unumgänglich nöthig und verboten mir sogar diese Angelegenheit je wieder in Ihrer Gegenwart zu berühren. – Ich erlaubte mir, Ihren Befehlen entgegen zu handeln, Ihren Zorn auf mich zu laden. Sie lachten mich aus, Herr am Stein! Ich flehe Sie inständigst an, wenigstens jetzt nicht mehr jene Verfahrungsart beizubehalten, die nothwendig Ihre persönliche Sicherheit gefährden muß!«

— 779 — »Nun, ich will mich einmal tüchtig von Ihnen schulmeistern lassen, lieber Vollbrecht,« erwiederte mit spöttischer Miene Adrian. »Reden Sie, was beabsichtigt dies hungrige Lumpengesindel?« Der Graf warf sich in einen mit violettem Sammet ausgeschlagenen großen Fauteuil, der neben seinem Bett stand und lehnte den Kopf mit geschlossenen Augen auf das warme nachgebende Polster. »Wenn dies Lumpengesindel, wie Sie Ihre Arbeiter zu nennen belieben, wirklich hungrig ist,« entgegnete Vollbrecht, »so vermuthe ich, daß es Brod von Ihnen verlangen wird. Es wäre dies wenigstens sehr folgerecht. Indeß weiß ich nicht, wohin Ihr Streben geht. Meine Beobachtungen haben mir nur gesagt, daß seit der großen Lohnverkürzung sämmtliche Arbeiter eine trostlose herzzerreißende Niedergeschlagenheit ergriffen hat, der sich bei Einzelnen ein tiefer Unmuth beigesellte. Mir schien es, als habe der letztere zum Theil einen andern Grund. Die Arbeiter sprechen zuweilen, wenn sie sich unbeobachtet glauben, von unbekannten Verwandten des gnädigen Herrn, die – Ansprüche auf den Mitbesitz des gräflich Magnus’schen Nachlasses haben sollen!« Adrian riß die Augen weit auf, ohne seine halbliegende bequeme Stellung zu verändern. »Davon sprechen meine Arbeiter?« sagte er mit bittersüßem Lächeln. »Hm, daraus sehe ich, daß meine bäurischen Freunde, die ich vor ein paar Wochen etwas

— 778 —<br />

»Darüber wird Herr Vollbrecht Ew. Gnaden die erwünschte<br />

Auskunft geben können,« sagte der Kammerdiener,<br />

indem er sich zurückzog und dem ersten Buchhalter<br />

den Vortritt gestattete.<br />

»Sie sind von dem Vorgefallenen unterrichtet, Herr<br />

am Stein?« fragte Vollbrecht.<br />

»Was fällt den Unsinnigen ein?« fuhr der Graf auf.<br />

»Wollten sie aus meinen <strong>Die</strong>nsten gehen, so konnten<br />

sie dies in aller Ruhe thun, mir gesetzlich aufkündigen<br />

und anderwärts ein Unterkommen suchen. <strong>Die</strong>ses Einstellen<br />

der Arbeit aber nimmt die Miene eines Aufstan<strong>des</strong><br />

an. Man wird sie zwingen und züchtigen müssen!«<br />

»<strong>Die</strong>se Widersetzlichkeit, Herr am Stein, kann Sie<br />

nicht überraschen,« versetzte Vollbrecht. »Ich habe Sie,<br />

wie es meine Pflicht war, genau von der überhand<br />

nehmenden unzufriedenen Stimmung unterrichtet, die<br />

seit Ihrer letzten Lohnherabsetzung den Ältesten wie<br />

den Jüngsten Ihrer Arbeiter ergriffen hat. Sie lachten<br />

meiner Warnungen, erklärten die getroffenen Maßregeln<br />

für unumgänglich nöthig und verboten mir sogar<br />

diese Angelegenheit je wieder in Ihrer Gegenwart zu<br />

berühren. – Ich erlaubte mir, Ihren Befehlen entgegen<br />

zu handeln, Ihren Zorn auf mich zu laden. Sie lachten<br />

mich aus, Herr am Stein! Ich flehe Sie inständigst an,<br />

wenigstens jetzt nicht mehr jene Verfahrungsart beizubehalten,<br />

die nothwendig Ihre persönliche Sicherheit<br />

gefährden muß!«

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!