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Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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ward da viel geweint und gelacht und ein paar Monate<br />

später gab’s sogar ein Kindtaufessen. Das Töchterchen<br />

war in die Wochen gekommen, just durch ein Wunder,<br />

wie vor Zeiten die Gebenedeite unter den Weibern. Der<br />

Herr Hauptmann aber duldete durchaus kein Glossiren<br />

über diesen Punkt und so verschwanden denn Mutter<br />

und Kind, ohne daß wir Vielbeschäftigten etwas davon<br />

erfuhren. Ich hatte längst die ganze Geschichte vergessen,<br />

war in Folge eines Umschwunges unseres Geschäftes,<br />

das seinen Werkführer durch den Tod unseres<br />

Hauptmanns verlor, in einem Anfall von Reue wieder<br />

unter die Ehrlichen gegangen und nährte mich durch<br />

einen Trödelkram, den ich von einem Orte zum andern<br />

schleppte. Nach langem Herumziehen kam ich endlich<br />

auch zur Meßzeit damit nach Leipzig. Hier lachte mir<br />

das Glück; einige gelungene Speculationen verschafften<br />

mir Geld, das ich höchst nutzbar und zum Besten<br />

der darbenden Menscheit in einem kleinen Leihgeschäft<br />

sicher anlegte. Ich borgte gegen billige Procente<br />

auf Pfänder und handelte auch altes Gold und<br />

Silber ein, wenn ich’s so billig bekommen konnte, daß<br />

mir der Jude den doppelten Preis dafür bezahlte. Meinen<br />

Namen hatte ich natürlich schon längst abgelegt<br />

und einen recht gewöhnlichen, hinter dem die Polizei<br />

nichts Verdächtiges witterte, angenommen. Überhaupt<br />

habe ich im Taufen eine große Gewandtheit, und hätte<br />

ich zur Zeit <strong>des</strong> berühmten Schneidermeisters von<br />

Leyden gelebt, der sterblich in’s Taufen vernarrt war, so

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