Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 690 — Pupille und der gespaltene Mund mit großen und spitzen die Lippen überragenden Vorderzähnen vollendeten das Bild eines Mannes, der mit Fug und Recht bei den Bällen des Satans als Musikdirector hätte fungiren können. »Blutrüssel, der Nimmersatt!« schrien lachend ein Dutzend. »Mögest Du noch eine Million Pinten vertilgen!« Der Musiker dankte durch ein entsetzenerregendes Grinsen und empfing das dampfende Glas mit dem glühendheißen Getränk. »Auf meine Rechnung, wackrer Bursche! Die drei nächsten hast Du noch gut bei mir! So ungewöhnliche Geistesgaben müssen belohnt werden!« So rief Aurel, überlustig seinen Hut schwenkend und sich mit kräftigen Rippenstößen Bahn zu dem Musiker brechend. Dieser vergaß über der Seltsamkeit solch’ großmüthigen Anerbietens das Trinken und die übrigen Gäste der Taverne wurden von der Keckheit Aurel’s so verblüfft, daß sie die erhaltenen Stöße und Tritte ungestraft hinnahmen. »Wer bist Du?« sagte Blutrüssel, mit gewaltigem Schlingen das große Glas zur Hälfte leerend und die dargehaltene Hand des Kapitäns annehmend. »Hier

— 691 — werden blos ausgepichte, tausend Millionenmal durchwetterte und mit Teufelsspeck gemästete Kerle geduldet. Man wird eingeführt in so ehrenwerthe Gesellschaft oder ’nausgeschmissen, Bursche! Man hat Dich nicht eingeführt, dünkt mich, und dazu riechst Du noch genau wie eine frisirte Landratte. Hut ab, Kerl, und Reverenz gemacht!« Aurel zog den Hut und blickte mit mächtigem Auge rundum. »Wohl bin ich eingeführt, alter Seehund, und wenn ein Kerl, der sechsmal die Linie passierte, keine Landratte ist, bin ich’s nicht!« »Dann trink ’mal auf meine Gesundheit!« sagte Blutrüssel und reichte ihm das halbvolle Glas mit dem heißen Grog. Aurel zog es aus bis auf die Nagelprobe. »Pfui!« rief er. »Lauwarmes Wasser schmeckt besser. Ein anderes, Mutterchen, und dreimal gesteift!« »Du gefällst mir, Junge,« sagte Blutrüssel mit Grandezza. »Ich erkläre Dich hiermit für eingeführt sammt Deinem blassen Gesellen, der sich dort so angelegentlich mit der Erforschung von Mäuseöhrchens Montblanc zu schaffen macht. Wie heißt Du?« »Klütken-Hannes!« »Teufel auch!« »Oder wenn Du willst, Steinherz.« »Ich grüße Dich, Steinherz, und nenne Dich Bruder von ganzer Seele! Umarme mich!«

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Pupille und der gespaltene Mund mit großen und spitzen<br />

die Lippen überragenden Vorderzähnen vollendeten<br />

das Bild eines Mannes, der mit Fug und Recht bei<br />

den Bällen <strong>des</strong> Satans als Musikdirector hätte fungiren<br />

können.<br />

»Blutrüssel, der Nimmersatt!« schrien lachend ein<br />

Dutzend. »Mögest Du noch eine Million Pinten vertilgen!«<br />

Der Musiker dankte durch ein entsetzenerregen<strong>des</strong><br />

Grinsen und empfing das dampfende Glas mit dem glühendheißen<br />

Getränk.<br />

»Auf meine Rechnung, wackrer Bursche! <strong>Die</strong> drei<br />

nächsten hast Du noch gut bei mir! So ungewöhnliche<br />

Geistesgaben müssen belohnt werden!«<br />

So rief Aurel, überlustig seinen Hut schwenkend und<br />

sich mit kräftigen Rippenstößen Bahn zu dem Musiker<br />

brechend.<br />

<strong>Die</strong>ser vergaß über der Seltsamkeit solch’ großmüthigen<br />

Anerbietens das Trinken und die übrigen Gäste<br />

der Taverne wurden von der Keckheit Aurel’s so<br />

verblüfft, daß sie die erhaltenen Stöße und Tritte ungestraft<br />

hinnahmen.<br />

»Wer bist Du?« sagte Blutrüssel, mit gewaltigem<br />

Schlingen das große Glas zur Hälfte leerend und die<br />

dargehaltene Hand <strong>des</strong> Kapitäns annehmend. »Hier

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