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Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 684 —<br />

dem Deckmantel der Nacht sich hier fast täglich wiederholen,<br />

vermag die ausschweifendste Phantasie <strong>des</strong><br />

Dichters nicht zu erfinden.<br />

Zu den besuchtesten Orten <strong>des</strong> Hamburger Berges<br />

gehörte zur Zeit unserer Geschichte die Mohrentaverne.<br />

Man hatte ihr diesen Namen gegeben, weil durch<br />

Zufall die meisten nicht europäischen Matrosen sich<br />

hier zusammenfanden. Immer konnte man sicher sein,<br />

gegen Mitternacht in der Höllengluth dieser Taverne<br />

an dreißig Mohren, Mulatten, Indier und Malayen anzutreffen.<br />

Der farbige Mensch herrschte hier, der weiße<br />

ward nur geduldet und mußte sich ohne Weigerung<br />

den Gesetzen fügen, die zu eigener Belustigung<br />

die Fremdlinge jeden Abend auf’s Neue entwarfen und<br />

mit unerbittlicher Strenge handhabten.<br />

<strong>Die</strong> Mohrentaverne zeichnete sich schon äußerlich<br />

durch ihre Gestalt aus. Sie stellte nämlich eine colossale<br />

schwarz getheerte Tonne vor, deren hoher Zapfen<br />

auf dem Spunde zum Schornstein diente. Ihr Inneres<br />

war sehr geräumig, bestand aus Vorraum, Küche, dem<br />

großen Gesellschaftslocal und mehreren cabinenartigen<br />

Nebenzellen, die man durch Riegelthüren beliebig<br />

verschließen konnte. Im Hintergrunde, ebenfalls auf<br />

Tonnen ruhend, war das Orchester angebracht; denn<br />

ohne Musik kann der Matrose auf dem festen Lande<br />

nicht leben. Schlecht gepolsterte Bänke liefen zwischen<br />

den Zellen an den Wänden hin. Hier standen<br />

auch Tische und Sessel für die Zechlustigen, obwohl

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