Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 674 — zuführte. Ich ward traurig, kalt, abstoßend, melancholisch. Da flohen mich die Männer, die immer nur Lust und Scherz beim Weibe suchen. Ich kam, möchte ich sagen, klänge es nicht zu fürchterlich, aus der Mode, und um doch ein anständiges Leben dem Scheine nach fortsetzen zu können und der verhaßten Armuth nicht gänzlich zu verfallen, ward ich genöthigt, die Salons zu besuchen. »Dies ist mein äußerst beneidenswerther Lebenslauf,« schloß Bianca mit bitterm Lächeln ihre Erzählung, »und finden Sie jetzt noch, daß ein ehrlicher Mann seine Hand rettend nach mir ausstrecken darf, ohne sich für immer zu besudeln, dann, Herr Kapitän, will ich es wagen, Ihrer Großmuth mich anzuvertrauen!« »Aber Ihre Ältern, Bianca? Wissen sie, auf welchen Wegen ihre geliebte Tochter wandelte?« »Gott Lob, Sie wissen es nicht, wenn sie nicht gleich Gott allwissend sind! Der Tod hat sie längst erlöst.« Es war stiller und immer stiller geworden im Pavillon. Nur wenige Gruppen saßen noch verstreut im großen Saale. Da ward die Thür des kleinen Gemaches, wo Aurel sich mit Bianca unterhielt, behutsam geöffnet und Gilbert’s lebhaftes Gesicht lauschte herein. Gleich darauf stand er vor dem Kapitän. »Endlich ist das Fahrwasser sicher,« sagte er mit leichtfertigem Lächeln. »Ich habe verteufelt warten

— 675 — und mich verkriechen müssen wie eine Schiffsratte, und hatte es doch so eilig!« »Was gab es?« fragte Aurel. »Zum Teufel, Herr Kapitän, wird man denn taub, wenn man einem so reizenden Mädchen, wie Ihre Gesellschafterin es ist, in die geheimnißvollen feuchten Sterne schaut?« Gilbert begleitete diese galanten Worte mit anmuthvoller Verbeugung gegen Bianca. »Als ich vor beinahe zwei Stunden Sie hier aufsuchte, lief mir draußen im Saale ein solcher Himmel mit zwei blauen Sonnen in die Arme, ich fing ihn auf und weil es ja doch eine große Seltenheit zu sein pflegt, den Himmel warm und weich an sein Herz zu schließen, so nahm ich mir geschwind diese Freiheit und berührte die beiden funkelnden Sonnen mit meinen Lippen. Und um solcher himmlischen Neigung wegen wollten mich die glanzfilzigen Bengel todtschlagen! Darum mußte ich ausreißen und bis jetzt warten. Ich habe mich aber doch amusirt! Oben auf dem Stintfange traf ich ein freundliches Kind, frisch und munter wie ein Lachs. Mit ihm habe ich Sternenkunde getrieben bis jetzt und alle sieben Himmel Muhameds durchstreift. Es war prächtig, auf Matrosenehre!« Aurel schüttelte lächelnd den Kopf. »Schon gut, mein Junge, ich kenne Dich! Behalte jetzt Deine himmlischen Erkenntnisse für Dich und sage, was Deine Eile zu bedeuten hat?«

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zuführte. Ich ward traurig, kalt, abstoßend, melancholisch.<br />

Da flohen mich die Männer, die immer nur Lust<br />

und Scherz beim Weibe suchen. Ich kam, möchte ich<br />

sagen, klänge es nicht zu fürchterlich, aus der Mode,<br />

und um doch ein anständiges Leben dem Scheine nach<br />

fortsetzen zu können und der verhaßten Armuth nicht<br />

gänzlich zu verfallen, ward ich genöthigt, die Salons<br />

zu besuchen.<br />

»<strong>Die</strong>s ist mein äußerst beneidenswerther Lebenslauf,«<br />

schloß Bianca mit bitterm Lächeln ihre Erzählung,<br />

»und finden Sie jetzt noch, daß ein ehrlicher<br />

Mann seine Hand rettend nach mir ausstrecken darf,<br />

ohne sich für immer zu besudeln, dann, Herr Kapitän,<br />

will ich es wagen, Ihrer Großmuth mich anzuvertrauen!«<br />

»Aber Ihre Ältern, Bianca? Wissen sie, auf welchen<br />

Wegen ihre geliebte Tochter wandelte?«<br />

»Gott Lob, Sie wissen es nicht, wenn sie nicht gleich<br />

Gott allwissend sind! Der Tod hat sie längst erlöst.«<br />

Es war stiller und immer stiller geworden im Pavillon.<br />

Nur wenige Gruppen saßen noch verstreut im<br />

großen Saale. Da ward die Thür <strong>des</strong> kleinen Gemaches,<br />

wo Aurel sich mit Bianca unterhielt, behutsam geöffnet<br />

und Gilbert’s lebhaftes Gesicht lauschte herein. Gleich<br />

darauf stand er vor dem Kapitän.<br />

»Endlich ist das Fahrwasser sicher,« sagte er mit<br />

leichtfertigem Lächeln. »Ich habe verteufelt warten

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