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Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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»›Ihr wißt es ja,‹ sagte die Mutter. ›Gott erhalte sie<br />

mir nur gesund! Das liebe Kind ist meines Mannes Augapfel.‹<br />

»<strong>Die</strong> Botenfrau schüttelte den Kopf, und als meine<br />

Schwester im Hause wieder verschwunden war, sagte<br />

sie:<br />

»›Käthe, Ihr verdientet gradezu Hungers zu sterben<br />

für Eure Unvernunft! Warum füttert Ihr das Mädel wie<br />

ein Wickelkind? Sie könnte ja, weiß der Herr, von der<br />

Mutter weg flugs heirathen, wenn sie Groschen hätte!<br />

Wäre die mein, die müßte dienen, und Ihr werdet recht<br />

wohl thun, Käthe, wenn Ihr die hübsche Blitzkröte lieber<br />

heut’ als morgen fortschafft und ein Maul weniger<br />

zu füttern habt.‹<br />

»›Lieber Gott,‹ versetzte meine Mutter traurig, die<br />

Hände immer wie zum Gebet verschlungen, ›wohin soll<br />

ich sie denn bringen? Sie ist schwach und zart, und die<br />

Bauern mögen sie nicht.‹<br />

»›Wer spricht denn von groben Bauern,‹ fiel die Botenfrau<br />

ein. ›Ein Mädel, so nett und flink und schelmisch,<br />

wie Eure Rese, muß in die Stadt. Solche Waldforellen<br />

hat man da gern. <strong>Die</strong> werden Euch dreimal so<br />

theuer bezahlt, wie das plumpe Volk, und hat sie erst<br />

ein halbes Jahr gedient, dann sollt Ihr Eure Freude an<br />

dem Mädel sehen, wenn sie Euch ’mal besucht. Wie<br />

eine Bürgermeisters-Tochter wird sie einhergehen und<br />

Kleider haben von halbseidenem Zeuge.‹

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