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Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 649 —<br />

Wolken, die von Abend her gleich beschwingten Engeln<br />

langsam über die blauen Berge schwebten, mit gefalteten<br />

Händen nach. Da ging die Botenfrau vorüber<br />

und grüßte die Mutter.<br />

»›Guten Abend, Käthe! So andächtig? Und seht doch<br />

aus, als hättet Ihr in acht Tagen kein warmes Gericht<br />

mehr nur von weitem gerochen? Wie möchte ich mich<br />

nur so placken für nichts und wieder nichts!‹<br />

»Dabei blieb sie wenige Schritte von der Mutter stehen,<br />

stemmte sich mit beiden Händen auf ihren langen<br />

Stock und heftete ihre falschen grünlich-grauen Augen<br />

fest auf meine betende Mutter. Ich fürchtete mich immer<br />

vor diesem langen, hagern Weibe mit dem braunen,<br />

von zahllosen Runzeln bedeckten Gesicht, in dem<br />

die falschen Augen wie grüne Flammen brannten. Im<br />

Allgemeinen war das Weib beim Volke seiner Klugheit<br />

und seines körnigen Witzes wegen beliebt, auch konnte<br />

ihr Niemand offenbare Schlechtigkeiten nachsagen.<br />

»›Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!‹ entgegnete<br />

meine Mutter. ›Ihr kennt ja den Spruch, Korbmartha!‹<br />

So hieß man nämlich ihres übergroßen Tragkorbes<br />

wegen die Botenfrau. Indem hüpfte meine Schwester<br />

aus der Hütte, um Wasser im vorüberrauschenden<br />

Bache zu schöpfen. Korbmartha sah ihr nach und blickte<br />

dann noch lebhafter auf meine Mutter.<br />

»›Ist das Euere Tochter?‹ fragte sie, den Stecken aufhebend<br />

und nach der Schwester zeigend.

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