Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 588 — sich vielmehr jetzt an das gemißhandelte schöne Mädchen, das mit verhülltem Gesicht zu Gilbert’s Füßen am Boden saß und den bisherigen Verhandlungen in tiefstem Schweigen zugehört hatte. Im Innersten erschüttert durch die schamlosen Bemerkungen des Mannes, den sie Vater nennen mußte, vermied sie aufzublicken. »Liebe Elwire,« redete jetzt Aurel die Unglückliche mit sanfter Stimme an und legte seine Hand auf ihr gebeugtes Haupt, »liebe Elwire, können Sie Vertrauen zu mir fassen?« Elwire ließ die Hände sinken und schlug die thränenfeuchten Augen schüchtern zu dem Kapitän auf. »Wenn Sie mir gestatten, daß ich etwas für Sie thun darf, Elwire, so werde ich Sie einer achtbaren Familie empfehlen, in deren Schooße Sie Niemand verfolgen wird. Oder wollen Sie Ihren Vater nicht verlassen?« Bei diesen Worten stand das Mädchen hastig vom Boden auf und warf sich mit leidenschaftlicher Heftigkeit an Aurel’s Brust. »O Gott, noch immer hier!« rief sie schaudernd. »Lassen Sie uns fortgehen, recht weit fort! Ich will gern Ihre Sclavin sein, nur retten Sie mich!« Klütken-Hannes lachte. »Da hören Sie’s ja,« sagte er. »Noch hat das Mordmädel Sie nicht ordentlich angeguckt und schon will sie Ihre Magd, Ihre Sclavin, Ihre Maitresse sein! Ich sag’s ja, das ganze Weibervolk ist Teufelsgelichter!«

— 589 — »Fassen Sie Muth, Elwire!« sprach Aurel der fieberhaft Zitternden zu. »Gern möchte ich Sie schon jetzt dieser Mördergrube entreißen, allein es ist mir nicht möglich. Noch eine Nacht müssen Sie hier ausharren in Geduld und Ergebung. Vertrauen Sie auf Gott und mein Wort, liebe Elwire! Niemand darf Ihnen ein Haar krümmen, ohne der härtesten Strafe gewiß zu sein.« Das schöne Mädchen trat seufzend von Aurel zurück und legte stützend ihren Arm auf Gilbert’s Schulter. »Wir kommen wieder,« flüsterte ihr der Jüngling zu. »Ein gegebenes Wort hat mein Kapitän noch nie gebrochen.« »Ich hoffe, daß Sie mir späterhin werden Gerechtigkeit wiederfahren lassen, Elwire,« sagte Aurel zu dem traurigen Mädchen. »Bis morgen muß ich Sie dem Schutz aller Hilflosen empfehlen, der Ihnen gewiß einen unsichtbaren Engel senden wird. Leben Sie wohl, Elwire, und geben Sie der festen Überzeugung Raum, daß Sie in mir einen zuverlässigen Freund gefunden haben!« Er ergriff die Hand des Mädchens. Dieses erfaßte schnell mit beiden Händen die seinige und riß sie leidenschaftlich an ihre Lippen. Dann wendete sie sich eben so heftig ab und lief nach dem Hintergrunde des Kellergewölbes, wo sie hinter einem Verschlage verschwand.

— 589 —<br />

»Fassen Sie Muth, Elwire!« sprach Aurel der fieberhaft<br />

Zitternden zu. »Gern möchte ich Sie schon jetzt<br />

dieser Mördergrube entreißen, allein es ist mir nicht<br />

möglich. Noch eine Nacht müssen Sie hier ausharren<br />

in Geduld und Ergebung. Vertrauen Sie auf Gott und<br />

mein Wort, liebe Elwire! Niemand darf Ihnen ein Haar<br />

krümmen, ohne der härtesten Strafe gewiß zu sein.«<br />

Das schöne Mädchen trat seufzend von Aurel zurück<br />

und legte stützend ihren Arm auf Gilbert’s Schulter.<br />

»Wir kommen wieder,« flüsterte ihr der Jüngling zu.<br />

»Ein gegebenes Wort hat mein Kapitän noch nie gebrochen.«<br />

»Ich hoffe, daß Sie mir späterhin werden Gerechtigkeit<br />

wiederfahren lassen, Elwire,« sagte Aurel zu<br />

dem traurigen Mädchen. »Bis morgen muß ich Sie<br />

dem Schutz aller Hilflosen empfehlen, der Ihnen gewiß<br />

einen unsichtbaren Engel senden wird. Leben Sie<br />

wohl, Elwire, und geben Sie der festen Überzeugung<br />

Raum, daß Sie in mir einen zuverlässigen Freund gefunden<br />

haben!«<br />

Er ergriff die Hand <strong>des</strong> Mädchens. <strong>Die</strong>ses erfaßte<br />

schnell mit beiden Händen die seinige und riß sie leidenschaftlich<br />

an ihre Lippen. Dann wendete sie sich<br />

eben so heftig ab und lief nach dem Hintergrunde <strong>des</strong><br />

Kellergewölbes, wo sie hinter einem Verschlage verschwand.

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