Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 542 — Da sank Magnus doch der Muth! Er fühlte schaudernd, wenigstens auf Minuten, daß ein Gottesgericht über ihn hereingebrochen sei, und wie ein Verbrecher, der es nicht wagt, den sündigen Blick zum reinen Himmel aufschlagen zu dürfen, winkte er mit der Hand und schlich, wie bei den Römern die besiegten Feinde durchs Joch, gebückten Hauptes durch die Schaar seiner Leibeigenen, die eine schmale Gasse öffneten und den Gerichteten unangetastet, nur Verwünschungen über ihn ausstoßend, in die freie Haide entließen. Erst einige hundert Schritt hinter dem zürnenden Volk traf er mit den Seinigen wieder zusammen, von denen es Keiner, Utta nicht ausgenommen, für rathsam erachtet hatte, in der drohendsten Gefahr dem allgemein Verhaßten beizustehen oder mit ihm zu unterliegen. In ihrer Mitte verschwand der Geächtete im rollenden Dampf der Flammen. – Johannes hatte seinen Zweck erreicht. Magnus war bestraft, vertrieben, die Burg seiner Väter sank in Staub und Asche, und Herta, sein geliebtes Kind, das Vermächtniß der unglücklichen Eugenie, war ihm wiedergegeben! – Es blieb jetzt nichts mehr zu thun übrig, als dem noch verderblicheren Umsichgreifen der Flammen zu steuern. Auf sein Geheiß war man schon beim Entzünden der Haide darauf bedacht gewesen. Bei weitem der größte Theil der Wenden hatte ringsum in ziemlicher Entfernung vom See an Stellen, wo die Waldung nicht durch Holzschläge oder unbebaute
— 543 — Stellen begrenzt war, Erdwälle aufwerfen und Bäume niederschlagen müssen, und so bedurfte es jetzt nur noch gehöriger Aufsicht, um die Flammen an weiterem Vordringen zu hindern. Eine Anzahl seiner eigenen Leute nebst einigen Wenden wurden überall hin vertheilt, so weit die Gluth sich erstreckte, die Übrigen nebst Sloboda und dem Maulwurffänger brachen nach der Waldblöße auf, wo sie die wendischen Frauen und Mädchen ihrer harrend wußten. Zwei Stunden nach Mitternacht erreichten sie die »Streu«, wie diese Blöße genannt wurde, schauerlich von den Flammen der Haide und der Gluth des in den Himmel hinaufwallenden Rauches erleuchtet. Wie Geister auf Grabmälern saßen die erschrockenen Wendinnen in weitem Kreise, bewacht von den Vertrauten des Räubers, die ebenfalls ihre Blicke in stillem Entsetzen auf den gräßlichen Brand hefteten, dessen breite Schwertlohen häufig aus der blutigen Woge, die über dem Saum der Bäume lag aufblitzten und dann eine furchtbare Helle weithin verbreiteten. Hier sah Herta ihr geliebtes Haideröschen wieder und beide gleich Unglückliche sanken einander schluchzend in die Arme. Sie hatten keine Worte für ihr unendliches Weh, nur ihre Thränen, ihre Blicke, ihre Küsse und Händedrücke sprachen. – Johannes gönnte den Ermatteten ein paar Ruhestunden. Erst gegen Morgen, nachdem ein die Erde weithin
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Da sank Magnus doch der Muth! Er fühlte schaudernd,<br />
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über ihn hereingebrochen sei, und wie ein Verbrecher,<br />
der es nicht wagt, den sündigen Blick zum reinen Himmel<br />
aufschlagen zu dürfen, winkte er mit der Hand<br />
und schlich, wie bei den Römern die besiegten Feinde<br />
durchs Joch, gebückten Hauptes durch die Schaar<br />
seiner Leibeigenen, die eine schmale Gasse öffneten<br />
und den Gerichteten unangetastet, nur Verwünschungen<br />
über ihn ausstoßend, in die freie Haide entließen.<br />
Erst einige hundert Schritt hinter dem zürnenden Volk<br />
traf er mit den Seinigen wieder zusammen, von denen<br />
es Keiner, Utta nicht ausgenommen, für rathsam erachtet<br />
hatte, in der drohendsten Gefahr dem allgemein<br />
Verhaßten beizustehen <strong>oder</strong> mit ihm zu unterliegen.<br />
In ihrer Mitte verschwand der Geächtete im rollenden<br />
Dampf der Flammen. –<br />
Johannes hatte seinen Zweck erreicht. Magnus war<br />
bestraft, vertrieben, die Burg seiner Väter sank in Staub<br />
und Asche, und Herta, sein geliebtes Kind, das Vermächtniß<br />
der unglücklichen Eugenie, war ihm wiedergegeben!<br />
– Es blieb jetzt nichts mehr zu thun übrig,<br />
als dem noch verderblicheren Umsichgreifen der<br />
Flammen zu steuern. Auf sein Geheiß war man schon<br />
beim Entzünden der Haide darauf bedacht gewesen.<br />
Bei weitem der größte Theil der Wenden hatte ringsum<br />
in ziemlicher Entfernung vom See an Stellen, wo<br />
die Waldung nicht durch Holzschläge <strong>oder</strong> unbebaute