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Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 519 —<br />

Vetters. Nachdem sie so ganz ihr Herz vor Gott ausgeschüttet<br />

hatte, kehrte sie mit den übrigen Leidtragenden<br />

wieder zurück in die oberen Gemächer, ohne<br />

jedoch in deren Gesellschaft die Abendstunden zuzubringen.<br />

Sie zog es vor, auf ihrem Zimmer, nur von<br />

Emma umgeben, die Mitternacht heranzuwachen.<br />

Es befremdete die verwittwete Gräfin, daß von den<br />

Unterthanen eine verhältnißmäßig nur sehr geringe<br />

Anzahl im Schlosse erschien, um ihrem verblichenen<br />

Gebieter die letzte Ehre zu erweisen. <strong>Die</strong> Leibeigenen<br />

waren eigentlich dazu verpflichtet, indem es die Sitte<br />

im Hause Boberstein erheischte, daß der je<strong>des</strong>malige<br />

Erbe der Herrschaft den durch das Ableben ihres bisherigen<br />

Gebieters gleichsam Verwaisten mittelst Darreichung<br />

seiner Hand zum Kusse von Neuem Schutz<br />

verhieß und sie als rechtmäßig ererbte Unterthanen<br />

anerkannte. Am Katafalk seines Vaters war die Aufrechthaltung<br />

dieser Sitte für Magnus eine Unmöglichkeit;<br />

denn außer einigen zitternden Greisen, die längst<br />

keine <strong>Die</strong>nste mehr thun konnten und unter Seufzen<br />

und Beten dem Grabe zuwankten, befanden sich unter<br />

den Leibeigenen, die zur Leichenschau kamen, blos<br />

heulende Weiber und neugierig gaffende, in zerlumpten<br />

Kutten und Pelzen steckende Kinder.<br />

Über solche Nichtachtung alter Gebräuche der jetzt<br />

ihm zugefallenen Leibeigenen war Magnus höchlichst<br />

empört. Er konnte nicht zweifeln, daß ihm allein diese<br />

Opposition gelte, daß die ehemaligen Unterthanen

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