Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 516 — Besser jedoch ist es, Ihr überlaßt mir in dieser Nacht die Wahl meiner Thätigkeit selbst. Faullenzen werd’ ich meiner Seele nicht, sonst wär’ ich lieber gleich hinterm Ofen sitzen geblieben!« Johannes fügte sich ohne Weiteres in Heinrich’s Bedingungen und kehrte sich nunmehr zu seinen Vasallen. »Waldbrüder,« redete er sie an. »Heut’ bei Sonnenuntergang erfuhrt Ihr von mir, welche Verbrechen der Graf Magnus von Boberstein an der wehrlosen Unschuld verübt hat. Ihr wißt, wen zu rächen ich Euch versammelt habe, weßhalb diese Schaar rechtlos unterdrückter Männer zu uns gestoßen ist! Es soll heut’ Nacht ein Anfang gemacht werden mit Bestrafung herrischer Bosheit, und schützt uns der Vater der Nacht und der Geist gerechter Vergeltung, dessen Stimme an mich ergangen ist, so wird unsere Rache eine segensreiche sein. Nur keine Frevelthat! Keinen Mord! An unsern Händen darf kein Tropfen Menschenblut kleben. Wir sind die Schergen der Nemesis, die unsichtbar über uns waltet. Wo wir in ihrem Namen auftreten, da geschieht es zur Herbeiführung eines besseren Zustandes auf Erden. Schwört, daß sich Keiner frevelnd vergehen, Keiner etwas Anderes thun will, als was ich ihm befehle!« Die Räuber schworen ohne Zaudern.

— 517 — »Zwanzig von Euch, die zuletzt in unsern Bund getreten sind, bleiben zurück, um die Frauen zu schützen,« fuhr Johannes fort. »Ihr erwartet uns, was auch geschehen mag, an der Streu, wo wir jüngst übernachteten, bis ich das Zeichen gebe.« Ohne Murren traten zwanzig der Räuber zurück, die Übrigen warfen ihre Büchsen über die Schultern und ordneten sich in Reihe und Glied. »Zündet einige Kienfackeln an!« befahl der Räuber, »und haltet die Wergballen bereit.« Blitzschnell lohten die harzigen Brände in dem niedergebrannten Kohlenstoße auf. »Folgt mir in tiefstem Schweigen!« rief Johannes und schritt, umgeben von den drei Wenden und Heinrich, über die Lichtung dem Walde zu, in dem nach einer Viertelstunde die Kienfackeln wie funkelnde Leuchtkäfer verschwanden. Hinter den Räubern in dicht gedrängten Schaaren folgten die Leibeigenen, ihre Angehörigen dem Schutz der vereideten Söhne der Haide überlassend. 29. DER HAIDEBRAND. Auf Boberstein trafen an diesem Tage zahlreiche Verwandte des verstorbenen Grafen ein, um am nächsten Morgen dessen feierlicher Beisetzung in der Familiengruft des Schlosses beizuwohnen. In der uns bekannten Schloßhalle ruhten auf schwarzem Katafalk die sterblichen Überreste des Todten. Die Halle war

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»Zwanzig von Euch, die zuletzt in unsern Bund getreten<br />

sind, bleiben zurück, um die Frauen zu schützen,«<br />

fuhr Johannes fort. »Ihr erwartet uns, was auch<br />

geschehen mag, an der Streu, wo wir jüngst übernachteten,<br />

bis ich das Zeichen gebe.«<br />

Ohne Murren traten zwanzig der Räuber zurück, die<br />

Übrigen warfen ihre Büchsen über die Schultern und<br />

ordneten sich in Reihe und Glied.<br />

»Zündet einige Kienfackeln an!« befahl der Räuber,<br />

»und haltet die Wergballen bereit.«<br />

Blitzschnell lohten die harzigen Brände in dem niedergebrannten<br />

Kohlenstoße auf.<br />

»Folgt mir in tiefstem Schweigen!« rief Johannes und<br />

schritt, umgeben von den drei Wenden und Heinrich,<br />

über die Lichtung dem Walde zu, in dem nach einer<br />

Viertelstunde die Kienfackeln wie funkelnde Leuchtkäfer<br />

verschwanden. Hinter den Räubern in dicht gedrängten<br />

Schaaren folgten die Leibeigenen, ihre Angehörigen<br />

dem Schutz der vereideten Söhne der Haide<br />

überlassend.<br />

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Auf Boberstein trafen an diesem Tage zahlreiche Verwandte<br />

<strong>des</strong> verstorbenen Grafen ein, um am nächsten<br />

Morgen <strong>des</strong>sen feierlicher Beisetzung in der Familiengruft<br />

<strong>des</strong> Schlosses beizuwohnen. In der uns bekannten<br />

Schloßhalle ruhten auf schwarzem Katafalk<br />

die sterblichen Überreste <strong>des</strong> Todten. <strong>Die</strong> Halle war

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