Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 48 — habe? Rechne doch nur zusammen, was Dir und Deinen Nachkommen dieser Fund nützen kann! Der Graf ist freilich todt, an ihn können wir uns nicht mehr wenden, aber seine drei Söhne leben und besitzen, was in Folge schlechter und lüderlicher Wirthschaft von den großen Gütern ihrer Vorfahren aus dem allgemeinen Untergang zu retten war. Zwei sind im Auslande, der Älteste blieb in seiner Heimath. An ihn wenden wir uns. Die Jugendstreiche seines grausamen Vaters sind noch nicht vergessen im Volke. Der Vater erzählt sie dem Sohne, der Sohn dem Enkel, wenn sie den Kindern ein Bild schwerer Zeiten, kummer- und thränenreicher Tage entwerfen wollen. Er hat oft davon hören müssen und es kann und wird ihn nicht überraschen, wenn die Folgen von seines Vaters Schandthaten jetzt an seine Thür klopfen und um Recht bitten. Ich weiß, daß er hochmüthig drein schauen wird, denn er ist von Gemüth nicht viel besser als sein Herr Vater. Er wird die Ächtheit des Papieres läugnen und Dich anfangs abweisen. Später, wenn Du mit gerichtlicher Verfolgung drohst, wird er sich geschmeidiger zeigen und das Ende nach mancherlei Winkelzügen wird sein, daß er Dir eine anständige Geldsumme zahlt, dem Scheine nach, um Dich abzufinden, eigentlich aber um Dein Schweigen damit zu erlaufen. Diese aber wird Dir und Deinem Enkel vortrefflich zu statten kommen.«
— 49 — »Du vergißt, alter, ehrlicher Freund, daß jene Nachkommen, deren die Schrift Erwähnung thut, gar nicht vorhanden sind.« Der Maulwurffänger sah den Wenden mit seinen hellgrauen funkelnden Augen so schlau an, daß Sloboda ganz verwirrt ward. »Diese Nachkommenschaft will ich aus ihrem Grabe erwecken,« sagte er düster und mit einem Blick, in dem ein Gemisch triumphirender Lust, Bosheit und Rachsucht funkelte. »Frage mich nicht, alter Freund, was ich damit sagen will, Du sollst es später erfahren! Erinnere Dich nur noch der schauerlichen Hochzeitsnacht, des Herbsttages, der Streu in der Haide –« »O ich erinnere mich!« rief Sloboda aus, sein Gesicht mit beiden Händen bedeckend, als wolle er die Erscheinung eines erschütternden Bildes, das in grausiger Beleuchtung vor ihm aufstieg, von sich abwenden. »Aber sie kam um – ward umgebracht – mit Gewalt, mit Absicht – ich darf nicht daran denken!« »So heißt es, Jan, und möglich, daß es so ist, dennoch verspreche ich Dir, die Schatten der Todten aus ihren unbekannten Gräbern aufsteigen und sie Zeugniß ablegen zu lassen! Ich will nicht umsonst gelebt haben, nicht umsonst ruhelos Berge und Haide durchwandert sein zu jeder Stunde des Tages und der Nacht! Für Dich oder für die allgemeine Gerechtigkeit lebte, forschte, arbeitete ich. Nicht der kleinste Umstand
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»Du vergißt, alter, ehrlicher Freund, daß jene Nachkommen,<br />
deren die Schrift Erwähnung thut, gar nicht<br />
vorhanden sind.«<br />
Der Maulwurffänger sah den Wenden mit seinen<br />
hellgrauen funkelnden Augen so schlau an, daß Sloboda<br />
ganz verwirrt ward.<br />
»<strong>Die</strong>se Nachkommenschaft will ich aus ihrem Grabe<br />
erwecken,« sagte er düster und mit einem Blick, in dem<br />
ein Gemisch triumphirender Lust, Bosheit und Rachsucht<br />
funkelte. »Frage mich nicht, alter Freund, was<br />
ich damit sagen will, Du sollst es später erfahren! Erinnere<br />
Dich nur noch der schauerlichen Hochzeitsnacht,<br />
<strong>des</strong> Herbsttages, der Streu in der Haide –«<br />
»O ich erinnere mich!« rief Sloboda aus, sein Gesicht<br />
mit beiden Händen bedeckend, als wolle er die Erscheinung<br />
eines erschütternden Bil<strong>des</strong>, das in grausiger Beleuchtung<br />
vor ihm aufstieg, von sich abwenden. »Aber<br />
sie kam um – ward umgebracht – mit Gewalt, mit Absicht<br />
– ich darf nicht daran denken!«<br />
»So heißt es, Jan, und möglich, daß es so ist, dennoch<br />
verspreche ich Dir, die Schatten der Todten aus<br />
ihren unbekannten Gräbern aufsteigen und sie Zeugniß<br />
ablegen zu lassen! Ich will nicht umsonst gelebt<br />
haben, nicht umsonst ruhelos Berge und Haide durchwandert<br />
sein zu jeder Stunde <strong>des</strong> Tages und der Nacht!<br />
Für Dich <strong>oder</strong> für die allgemeine Gerechtigkeit lebte,<br />
forschte, arbeitete ich. Nicht der kleinste Umstand