Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 436 — Dem Räuber schwoll die Zornader, in seinen blauen Augen sprühte ein wildes Feuer, er ballte die gebräunte schön geformte Hand und schlug wüthend auf den Tisch, daß er knackte. »Brav!« stieß er höhnisch heraus. »Wenn Ihr diese Bestie brav nennt, so könnt Ihr eben so gut den Wolf zu Eurem Schlafkameraden machen. Mir wäre wohl, hätte ich ihn in meinen Händen, wie der Geier das Lamm. Dann wollte ich mich an seinem Jammer erlaben, und wenn er unter den Qualen, die ich für ihn erfinden würde, ausgeröchelt hätte, wollte ich, ein frommer Büßer, wieder unter friedliebenden Menschen wohnen.« »Möge Euch Gott diese lästerlichen Worte vergeben, zu denen Ihr doch wohl gegründete Ursache haben müßt, Herr Johannes,« sagte Heinrich, »allein wenn Ihr auf diesen Tag warten wollt, so werdet Ihr Euch noch einige Jahrtausende in Geduld zu fassen haben. Der Graf ist heimgegangen zu seinen Vätern.« Der Räuber erblaßte. »Also todt,« sprach er, sich mit der Hand über die hohe Stirn streichend, »todt, ohne erfahren zu haben, wozu seine Tyrannei, seine Lieblosigkeit, seine verballhornte Ansicht von der Menschheit und ihrer Gliederung in verschiedene Stände mich getrieben hat! – Nun, ich hoffe, daß er eines elenden, verzweifelten Todes gestorben ist!« »Gott sei ihm gnädig!« sagte der Maulwurffänger, »er erstickte an einem Fluche –«

— 437 — »Ha! An einem Fluche! O, Gott ist gerecht, Gott ist den Armen gnädig, Gott straft die Übermüthigen!« schrie der Räuber und erhob beide Hände wie zu einem wilden Gebet gen Himmel. »An einem Fluche, den er über seinen eigenen Sohn ausstieß,« ergänzte Heinrich. »Sprecht Ihr vom Grafen Erasmus?« »Erasmus von Boberstein verfluchte sterbend seinen Sohn Magnus!« wiederholte langsam und ernst der Maulwurffänger. Der Räuber ließ sein Haupt sinken und hing eine lange Weile seinen Gedanken nach. Dann winkte er nochmals dem Gaste, sich zu setzen, und nahm selbst wieder Platz in seinem Stuhle. »Diesen Vorgang müßt Ihr mir ausführlich erzählen, Heinrich,« hob er nach einiger Zeit wieder an, »denn wie ich auch darüber nachdenke, ich kann keinen Zusammenhang darin finden. – Magnus war damals sein Augapfel, sein Ein und Alles! Wer ihm zu nahe trat, der zog sich unausbleiblich den Zorn des Grafen zu! – Es war ein kräftiger, feuriger Knabe, voll eigenthümlicher Energie! – Und solchen Sohn hat solch’ ein Vater verflucht! – Doch erzählt, Heinrich, erzählt!« »Ihr sähet mich nicht hier in diesem unauffindbaren Versteck, Herr Johannes, hätte mich nicht der Tod des Grafen Erasmus und die Umstände, welche ihn veranlaßt haben, zu Euch geführt. – Es scheint, Ihr seid trotz Eurer Allseitigkeit nicht gut unterrichtet von den

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»Ha! An einem Fluche! O, Gott ist gerecht, Gott<br />

ist den Armen gnädig, Gott straft die Übermüthigen!«<br />

schrie der Räuber und erhob beide Hände wie zu einem<br />

wilden Gebet gen Himmel.<br />

»An einem Fluche, den er über seinen eigenen Sohn<br />

ausstieß,« ergänzte Heinrich.<br />

»Sprecht Ihr vom Grafen Erasmus?«<br />

»Erasmus von Boberstein verfluchte sterbend seinen<br />

Sohn Magnus!« wiederholte langsam und ernst der<br />

Maulwurffänger.<br />

Der Räuber ließ sein Haupt sinken und hing eine lange<br />

Weile seinen Gedanken nach. Dann winkte er nochmals<br />

dem Gaste, sich zu setzen, und nahm selbst wieder<br />

Platz in seinem Stuhle.<br />

»<strong>Die</strong>sen Vorgang müßt Ihr mir ausführlich erzählen,<br />

Heinrich,« hob er nach einiger Zeit wieder an, »denn<br />

wie ich auch darüber nachdenke, ich kann keinen Zusammenhang<br />

darin finden. – Magnus war damals sein<br />

Augapfel, sein Ein und Alles! Wer ihm zu nahe trat, der<br />

zog sich unausbleiblich den Zorn <strong>des</strong> Grafen zu! – Es<br />

war ein kräftiger, feuriger Knabe, voll eigenthümlicher<br />

Energie! – Und solchen Sohn hat solch’ ein Vater verflucht!<br />

– Doch erzählt, Heinrich, erzählt!«<br />

»Ihr sähet mich nicht hier in diesem unauffindbaren<br />

Versteck, Herr Johannes, hätte mich nicht der Tod <strong>des</strong><br />

Grafen Erasmus und die Umstände, welche ihn veranlaßt<br />

haben, zu Euch geführt. – Es scheint, Ihr seid<br />

trotz Eurer Allseitigkeit nicht gut unterrichtet von den

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