Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 420 — aus der Wohnstube, in feuchtem Rauche trüb und flackernd brennend, ließ am Boden liegend eine Mädchengestalt erkennen, die in völliger Erschöpfung kaum noch athmete. Es war Haideröschen. – Die Brautkrone lag neben ihr, das schöne goldblonde Haar hing in aufgelösten Flechten um den entblößten Busen. Ihre festliche Kleidung war schmutzig, zum Theil zerrissen. Ein Blick genügte, um hier an einem verübten Verbrechen nicht mehr zu zweifeln. – Clemens stürzte neben der Röchelnden nieder und rief sie mit den zärtlichsten Namen. Sie gab keine Antwort, aber sie hörte, sie sah ihn. Jammernd nur schlug sie beide Hände fest über ihre Augen und wimmerte in herzzerreißenden Tönen. Der scharfe Blick des Maulwurffängers, der in jedem Winkel der dunklen Kammer den Grafen suchte, bemerkte auf dem Tische ein weißes Blatt. Er hob es auf und hielt es gegen herbeigeholte Lichter. Es war der Freibrief für Clemens und Haideröschen, mit Magnus’ Namensunterschrift und Wappen! Der Brief lautete auf den morgenden Tag. – Als der Maulwurffänger das Blatt durchlesen hatte, ließ er es entsetzt zur Erde fallen. »Auf morgen also! Satanische Bosheit, Du hast gesiegt und wir Armen können nicht einmal gegen ihn klagen! Der Entsetzliche hat blos sein Herrenrecht an der Leibeigenen geübt! –«
— 421 — Alle standen sprachlos. Sloboda lag gebeugt am Boden neben Haideröschen und netzte mit seinen Schmerzensthränen ihre schönen Haare. Clemens weinte ebenfalls wie ein Kind. Ehrhold dagegen stieß in gerechtem Grimme furchtbare Verwünschungen aus und erhob inmitten der bestürzten Hochzeitsgäste die Hand zum Schwur. Der Maulwurffänger fiel ihm in den Arm. »Halt ein!« sagte er. »Nicht Du allein, nicht ein Einziger schwöre hier, wir alle, die wir Männer sind, verbinden uns in gemeinsamem Schwure zu gemeinsamer That! Wer mir beistimmt, der thue, wie ich!« Der Maulwurffänger kniete nieder. Alle ahmten seinem Beispiel nach. Dann erhoben sämmtliche Wenden zugleich mit dem Deutschen ihre Hände und dieser sprach: »So lange es noch Herren giebt, die ihre Macht mißbrauchen zum Nachtheile ihrer Untergebenen; so lange noch ein Volk auf Erden lebt das in Armuth, Elend und Druck jammert und rechtlos umherirren muß: so lange laßt uns Brüder sein und mit einem Herzen, in einem Sinne handeln! So lange laßt uns verbunden sein zur Befreiung des Volkes vom Druck der Herrschaft, welchen Namen sie auch führen mag! So lange endlich laßt uns nicht schonen weder Gut, noch Blut, noch Leben! Dazu verhelfe uns der gnädige Gott. Amen!«
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- Seite 389 und 390: — 389 — hältst, und rechne auf
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aus der Wohnstube, in feuchtem Rauche trüb und<br />
flackernd brennend, ließ am Boden liegend eine Mädchengestalt<br />
erkennen, die in völliger Erschöpfung<br />
kaum noch athmete. Es war Haideröschen. – <strong>Die</strong> Brautkrone<br />
lag neben ihr, das schöne goldblonde Haar hing<br />
in aufgelösten Flechten um den entblößten Busen. Ihre<br />
festliche Kleidung war schmutzig, zum Theil zerrissen.<br />
Ein Blick genügte, um hier an einem verübten Verbrechen<br />
nicht mehr zu zweifeln. –<br />
Clemens stürzte neben der Röchelnden nieder und<br />
rief sie mit den zärtlichsten Namen. Sie gab keine Antwort,<br />
aber sie hörte, sie sah ihn. Jammernd nur schlug<br />
sie beide Hände fest über ihre Augen und wimmerte in<br />
herzzerreißenden Tönen.<br />
Der scharfe Blick <strong>des</strong> Maulwurffängers, der in jedem<br />
Winkel der dunklen Kammer den Grafen suchte, bemerkte<br />
auf dem Tische ein weißes Blatt. Er hob es auf<br />
und hielt es gegen herbeigeholte Lichter. Es war der<br />
Freibrief für Clemens und Haideröschen, mit Magnus’<br />
Namensunterschrift und Wappen! Der Brief lautete auf<br />
den morgenden Tag. –<br />
Als der Maulwurffänger das Blatt durchlesen hatte,<br />
ließ er es entsetzt zur Erde fallen.<br />
»Auf morgen also! Satanische Bosheit, Du hast gesiegt<br />
und wir Armen können nicht einmal gegen ihn<br />
klagen! Der Entsetzliche hat blos sein Herrenrecht an<br />
der Leibeigenen geübt! –«