Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 412 — Schnell entriß er dem zunächst sitzenden Bauer das Glas und leerte es in einem Zuge bis auf den Grund, mit freundlichem Augenwink Clemens und Haideröschen grüßend und sich gegen Letztere graziös verneigend. Es würde ein vergebliches Bemühen sein, den Jubel zu schildern, der jetzt ausbrach. Ohne Maß und Ziel in Freude und Schmerz, in Verehrung wie in Haß, betäubten die vom Trunk aufgeregten Wenden den jungen Grafen mit Lobeserhebungen. Er war auf einmal der gütigste, der gerechteste, der freundlichste und mildthätigste Herr. Jeder beeiferte sich, ihm dies persönlich zuzuschreien und wo möglich für seine Großmuth die Hand zu küssen, was denn einen unbeschreiblichen Lärm und die größte Unordnung hervorbrachte. »Tusch! Tusch! – Ein Hoch dem allergnädigsten Herrn Grafen! – Zugeblasen! Zugeblasen! – Musikanten, aufgepfiffen! –« so schrien und commandirten hundert Stimmen durch einander und die Tusche der Musiker nahmen eine Viertelstunde lang kein Ende. Obwohl das Essen noch nicht ganz beendigt war, gab man es doch freiwillig auf. Der Brazka ließ die Diele fegen, um den Tanz beginnen zu lassen, nach dem Jung und Alt unter johlendem Schreien lebhaft verlangte. Ein so außerordentlicher Fall, ein Hochzeitsgeschenk so unerhörter Art, schien solchen Verstoß gegen das Herkommen zu rechtfertigen.

— 413 — »Immer seid lustig, Kinder!« sagte Magnus. »Ein Fäßchen Branntwein geb’ ich der Gesellschaft zum Besten. Es wird eben angezapft und soll, hoff’ ich, etwas besser munden, als Euer kraftloser Fusel. Ein Stündchen will ich mich mit den schönen Gefährten der schönen Braut auf der Diele drehen, dann muß ich heim eilen, denn morgen warten meiner wichtige Geschäfte.« Der kaum gedämpfte Jubel brach von Neuem, wo möglich in noch verstärkterem Maße, aus, Tische, Bänke und Schemel wurden bei Seite geschoben, die Burschen bestellten den Vortanz, und als sich die durchdringenden Klänge der Tarackawa, begleitet von dem kreischenden Schreien der Huslje hören ließen, konnte Haideröschen nicht umhin, dem freundlich lächelnden Grafen gewährend die Hand zu reichen. Magnus hatte viele bestechende Eigenschaften, mit denen es ihm ein Leichtes gewesen wäre, die Herzen seiner Unterthanen zu gewinnen und Jedermann für sich einzunehmen. Dazu gehörte eine genaue Kenntniß aller dem Volke eigenthümlichen Gebräuche, seine Meisterschaft in den von den Wenden hochgehaltenen Spielen und Tänzen, die Leichtigkeit, mit welcher er sich in ihrer Sprache ausdrücken konnte, und noch manches Andere der Art, wodurch der Vornehme dem gemeinen Manne angenehm, gleichsam menschlicher wird, weil es in gewissem Sinne die Kluft ausfüllen hilft, die vom Glück Begünstigte immer in weiter Ferne hält von dem Armen, Mittellosen und Ungebildeten.

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»Immer seid lustig, Kinder!« sagte Magnus. »Ein Fäßchen<br />

Branntwein geb’ ich der Gesellschaft zum Besten.<br />

Es wird eben angezapft und soll, hoff’ ich, etwas besser<br />

munden, als Euer kraftloser Fusel. Ein Stündchen will<br />

ich mich mit den schönen Gefährten der schönen Braut<br />

auf der <strong>Die</strong>le drehen, dann muß ich heim eilen, denn<br />

morgen warten meiner wichtige Geschäfte.«<br />

Der kaum gedämpfte Jubel brach von Neuem, wo<br />

möglich in noch verstärkterem Maße, aus, Tische, Bänke<br />

und Schemel wurden bei Seite geschoben, die Burschen<br />

bestellten den Vortanz, und als sich die durchdringenden<br />

Klänge der Tarackawa, begleitet von dem<br />

kreischenden Schreien der Huslje hören ließen, konnte<br />

Haideröschen nicht umhin, dem freundlich lächelnden<br />

Grafen gewährend die Hand zu reichen.<br />

Magnus hatte viele bestechende Eigenschaften, mit<br />

denen es ihm ein Leichtes gewesen wäre, die Herzen<br />

seiner Unterthanen zu gewinnen und Jedermann für<br />

sich einzunehmen. Dazu gehörte eine genaue Kenntniß<br />

aller dem Volke eigenthümlichen Gebräuche, seine<br />

Meisterschaft in den von den Wenden hochgehaltenen<br />

Spielen und Tänzen, die Leichtigkeit, mit welcher<br />

er sich in ihrer Sprache ausdrücken konnte, und noch<br />

manches Andere der Art, wodurch der Vornehme dem<br />

gemeinen Manne angenehm, gleichsam menschlicher<br />

wird, weil es in gewissem Sinne die Kluft ausfüllen<br />

hilft, die vom Glück Begünstigte immer in weiter Ferne<br />

hält von dem Armen, Mittellosen und Ungebildeten.

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