Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 372 — ihr erlauben. Aber das Herz stand ihr still und ein eisiger Schauer überrieselte sie, als auf ihre Frage eine Männerstimme antwortete: »Ich bedaure, daß meine schöne Cousine ihr Herz so schnell an dieses Geschöpf verschenkt hat.« Es war Magnus, der in Lebensgröße vor ihr stand und mit der ihm eigenen galanten Unverschämtheit die Arme über der Brust verschlang und höhnisch lächelnd seine Falkenaugen auf das erschrockene Mädchen heftete. Die erste Bewegung Herta’s war, nach der Klingel zu langen, die auf dem Nachttisch zu Häupten ihres Bettes stand. Allein Magnus sah dies voraus und fiel ihr in den Arm. »Das ist nicht die Art, schöne Muhme, einen Ehrenhandel beizulegen.« Herta kehrte die Sprache zurück. Sie schleuderte einen Blick tiefer Verachtung auf den Abscheulichen und sagte: »Entfernen Sie sich sogleich, Elender, oder ich erhebe ein Geschrei, daß die Mauern dieses Schlosses beben!« »Das wirst Du nicht thun, reizendes Mühmchen, weil Du ein Weib bist und Deine Stimme dadurch an Klang verlieren könnte. Bei Gott, ich sah Dich nie in einem verführerischeren Costüme!« Im ersten Schreck hatte Herta nicht bemerkt, daß ihr Nachtkleid von den runden Schultern gefallen war

— 373 — und sie wie eine blendende Marmorbüste in reizender Formenschönheit dem Grafen gegenüber saß. Schmerz und Schaam entlockten ihren zürnenden Augen die bittersten Thränen, und indem sie sich schnell in die Decken hüllte und das Gewand wieder zu ordnen suchte, versetzte sie: »Vergebe Ihnen Gott diesen Frevel, ich vermag es nicht!« »Ich komme auch nicht deßhalb, anbetungswürdiges Mädchen, ich erscheine, weil Du es befohlen hast.« »Schamloser Lügner, ich befohlen!« »Auf Edelmannswort, Muhme! Gestatte mir zu reden und Du wirst einsehen, daß ich vollkommen in meinem Rechte bin!« Herta verhüllte ihr Gesicht und begann laut zu schluchzen. Magnus stützte sich nachlässig auf den Nachttisch und fuhr in leisem Flüstertone fort: »Erinnere Dich Deiner vor einigen Tagen mir gegebenen Zusage, liebenswürdige Cousine. Du versprachst mir für die Beleidigung, welche Du mir durch Deine Fürsprache für das Bauernkind zugefügt, Genugthuung. Mir überließest Du Ort und Zeit unseres Zusammenkommens, und um Dir zu zeigen, wie hoch Du in meiner Achtung stehst, wählte ich grade diesen Ort, grade diese Stunde und schlug den gefahrvollsten Weg zu diesen traulich-stillen Plätzchen ein. Hier werden

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ihr erlauben. Aber das Herz stand ihr still und ein eisiger<br />

Schauer überrieselte sie, als auf ihre Frage eine<br />

Männerstimme antwortete:<br />

»Ich bedaure, daß meine schöne Cousine ihr Herz so<br />

schnell an dieses Geschöpf verschenkt hat.«<br />

Es war Magnus, der in Lebensgröße vor ihr stand<br />

und mit der ihm eigenen galanten Unverschämtheit die<br />

Arme über der Brust verschlang und höhnisch lächelnd<br />

seine Falkenaugen auf das erschrockene Mädchen heftete.<br />

<strong>Die</strong> erste Bewegung Herta’s war, nach der Klingel zu<br />

langen, die auf dem Nachttisch zu Häupten ihres Bettes<br />

stand. Allein Magnus sah dies voraus und fiel ihr in den<br />

Arm.<br />

»Das ist nicht die Art, schöne Muhme, einen Ehrenhandel<br />

beizulegen.«<br />

Herta kehrte die Sprache zurück. Sie schleuderte<br />

einen Blick tiefer Verachtung auf den Abscheulichen<br />

und sagte:<br />

»Entfernen Sie sich sogleich, Elender, <strong>oder</strong> ich erhebe<br />

ein Geschrei, daß die Mauern dieses Schlosses beben!«<br />

»Das wirst Du nicht thun, reizen<strong>des</strong> Mühmchen, weil<br />

Du ein Weib bist und Deine Stimme dadurch an Klang<br />

verlieren könnte. Bei Gott, ich sah Dich nie in einem<br />

verführerischeren Costüme!«<br />

Im ersten Schreck hatte Herta nicht bemerkt, daß<br />

ihr Nachtkleid von den runden Schultern gefallen war

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