Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 318 — ich nun gezwungen, vor Gericht Rede zu stehen, so sei versichert, daß ich Dich nicht schone! Die Nothwehr zwingt mich, jedes Auskunftsmittel zu ergreifen.« »Magnus,« unterbrach Herta den Sprechenden mit einem Ausdruck in Stimme und Miene, der ihre moralische Entrüstung hinlänglich verriethen, »bisher habe ich Dich bedauert, wohl auch zuweilen gehaßt, von jetzt an aber muß ich Dich gründlich verachten! Du bist ein gemeiner, verrotteter Bösewicht!« »Das scheint Dir blos so, schöne Cousine, höre noch meine Gründe und Du wirst Dein Urtheil ändern und mich freisprechen. – Es leuchtet Dir ein, daß so nahe Verwandte, wie wir es sind, einander mit solchen Anklagen nicht entgegentreten dürfen. Dadurch würde unrettbar ein Skandal entstehen, den wirklich alles Wasser der Welt nicht mehr von unserm Namen abwaschen könnte! Nun überlege aber, was auf dem Spiele steht! Hier unser aller Ehre und Ehrenhaftigkeit, dort ein unbekanntes, verachtetes Mädchen, ein Geschöpf überdies, das ich als Leibeigene behandeln kann, wie ich will. Ich habe das Recht dazu, und wir wollen uns über Recht oder Unrecht dieses Rechtes jetzt nicht streiten. Halten wir fest, was da ist und gilt. Was, frag’ ich, ist besser, ist leichter zu verantworten, wozu räth gesunder Menschenverstand und Klugheit, zu Brandmarkung unseres alten Namens, zu Vernichtung unserer Ehre oder zu Verurtheilung einer leibeigenen Wendin durch das ganz einfache Mittel, daß man

— 319 — sie Lügen straft? Mich dünkt, die Wahl kann hier nicht schwer sein. –« »Einem gewissenlosen Menschen gewiß nicht.« »Ich danke für das Prädicat. – Um jedoch weiter zu kommen, fahre ich fort. Nach dem Vorausgeschickten verlange ich von Dir, daß Du morgen früh bei Zeiten meinem Vater erfolgreiche Vorstellungen machst und ihm aufzählst, was Alles bei dem beabsichtigten Verfahren unserm Hause droht! Ferner wirst Du mir versprechen, Dich bei der Gerichtsscene gar nicht zu zeigen, um nicht durch Deine allbekannte Herzensgüte meine Pläne zu kreuzen, und endlich verbitte ich mir jede Fürsprache, wenn ich es in unserm Interesse für nöthig erachte, eine gelinde Strafe über das Mädchen zu verhängen, die mißhandelnd ihre Hand gegen mich aufhob!« »Ich hätte schon dabei sein mögen, wie die an ihrer Ehre gekränkte Wendin Dich so empfindlich züchtigte!« »Was hat meine schöne Cousine auf die gemachten Vorschläge zu antworten?« »Sie fragt zurück: was gedenkt der Herr Graf zu thun, wenn die Cousine gar nicht auf ihn achtet?« Bis dahin hatte Magnus, nachlässig im Sopha lehnend, das Gespräch mit Herta geführt, jetzt schnellte er empor, als bewegten ihn unsichtbare Kräfte, und stellte sich vor das junge Mädchen. »In diesem nicht denkbaren Falle, meine Schöne,« versetzte er flüsternd, »wird

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sie Lügen straft? Mich dünkt, die Wahl kann hier nicht<br />

schwer sein. –«<br />

»Einem gewissenlosen Menschen gewiß nicht.«<br />

»Ich danke für das Prädicat. – Um jedoch weiter zu<br />

kommen, fahre ich fort. Nach dem Vorausgeschickten<br />

verlange ich von Dir, daß Du morgen früh bei Zeiten<br />

meinem Vater erfolgreiche Vorstellungen machst und<br />

ihm aufzählst, was Alles bei dem beabsichtigten Verfahren<br />

unserm Hause droht! Ferner wirst Du mir versprechen,<br />

Dich bei der Gerichtsscene gar nicht zu zeigen,<br />

um nicht durch Deine allbekannte Herzensgüte<br />

meine Pläne zu kreuzen, und endlich verbitte ich mir<br />

jede Fürsprache, wenn ich es in unserm Interesse für<br />

nöthig erachte, eine gelinde Strafe über das Mädchen<br />

zu verhängen, die mißhandelnd ihre Hand gegen mich<br />

aufhob!«<br />

»Ich hätte schon dabei sein mögen, wie die an ihrer<br />

Ehre gekränkte Wendin Dich so empfindlich züchtigte!«<br />

»Was hat meine schöne Cousine auf die gemachten<br />

Vorschläge zu antworten?«<br />

»Sie fragt zurück: was gedenkt der Herr Graf zu<br />

thun, wenn die Cousine gar nicht auf ihn achtet?«<br />

Bis dahin hatte Magnus, nachlässig im Sopha lehnend,<br />

das Gespräch mit Herta geführt, jetzt schnellte er<br />

empor, als bewegten ihn unsichtbare Kräfte, und stellte<br />

sich vor das junge Mädchen. »In diesem nicht denkbaren<br />

Falle, meine Schöne,« versetzte er flüsternd, »wird

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