Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 314 — »Im Gegentheil, es zeigt von einer Anhänglichkeit an Dich, die keine Gefahr scheut, ja die es sogar wagt, den Zorn der Schönsten unter den Schönen auf sich zu laden! Aber wie Du auch jetzt von mir denkst, Du wirst milder über mich urtheilen, wenn Du meine Beweggründe gehört hast.« »Ich will nichts hören, ich befehle Dir, Dich auf der Stelle zu entfernen!« versetzte zitternd Herta und stampfte dabei trotzig mit dem kleinen Fuße auf den Boden. »Wenn Du so reizend zürnst, werde ich mich für immer bei Dir einquartieren, schöne Cousine. Ein geistreiches Mädchen ist nie entzückender, als im göttlichen Wahnsinne des Zornes. Sieh, ich mache es mir bequem, um Dich ruhig bewundern zu können. Tobe Dich jetzt aus, Herzensblume, wirf mir alle Sonnenfunken Deines Ingrimms in’s Gesicht, ich will sie mit gierigen Händen auffangen und mit solcher Andacht an meine Lippen führen, als seien es Blättchen aus der Rosenknospe Deines Herzens.« Und Magnus streckte sich gemächlich auf das alterthümliche Sopha und verschlang seine Arme über der Brust. Herta antwortete nicht. Dem kecken Eindringling gegenüber lehnte sie an ihrem Schreibtische und maß ihn mit stolzen, kalten Blicken. »Du wirst ruhig, das gefällt mir,« nahm Magnus nach einer Pause wieder das Wort. »Ein ruhiger Zuhörer läßt
— 315 — dem Sprecher stets am leichtesten Gerechtigkeit widerfahren. – Ich sagte vorhin, daß ich als Friedensbote zu Dir käme, jetzt gehe ich noch weiter und schlage Dir vor: laß uns Bundesgenossen sein!« Da Herta auch darauf keine Antwort gab, fuhr Magnus fort: »Mein gestrenger Herr Vater, der, ich weiß nicht wie und weßhalb? auf einmal zur Partei der Revolutionäre überzutreten Miene macht, hat mir als Nachfeier des Festes eine Scene angekündigt, die unterhaltend und originell zu werden verspricht. Der letzte Sprosse eines edlen Grafengeschlechts einer Rotte schmutziger Leibeigener gegenüber als Angeklagter vor dem Richterstuhle des empörten eigenen Vaters – wahrhaftig, das ist so wild romantisch, daß die blutdürstige Canaille aus den Straßen von Paris es nicht vortrefflicher erfinden könnte! In seinem absoluten Gerechtigkeitsfieber sieht der alte Mann nicht ein, daß dadurch, wie sich die Sachen auch gestalten mögen, ein unauslöschbarer Flecken auf sein Haus, auf sein Wappen fällt, den Jahrhunderte neuen Glanzes nicht wieder auslöschen können. Der simpelste Menschenverstand begreift, daß dies nicht geschehen darf –« »Warum nicht?« unterbrach Herta den jungen Grafen. »Soll der hochgeborne Graf und Fürst, wenn er ein Schuft gewesen ist, nicht dieselbe Gleichheit vor dem Gesetze haben, in die er sich vorher durch seine Handlungsweise mit dem Pöbel gebracht hat?«
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»Ich will nichts hören, ich befehle Dir, Dich auf<br />
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stampfte dabei trotzig mit dem kleinen Fuße auf den<br />
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»Wenn Du so reizend zürnst, werde ich mich für immer<br />
bei Dir einquartieren, schöne Cousine. Ein geistreiches<br />
Mädchen ist nie entzückender, als im göttlichen<br />
Wahnsinne <strong>des</strong> Zornes. Sieh, ich mache es mir bequem,<br />
um Dich ruhig bewundern zu können. Tobe Dich jetzt<br />
aus, Herzensblume, wirf mir alle Sonnenfunken Deines<br />
Ingrimms in’s Gesicht, ich will sie mit gierigen Händen<br />
auffangen und mit solcher Andacht an meine Lippen<br />
führen, als seien es Blättchen aus der Rosenknospe Deines<br />
Herzens.«<br />
Und Magnus streckte sich gemächlich auf das alterthümliche<br />
Sopha und verschlang seine Arme über der<br />
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Herta antwortete nicht. Dem kecken Eindringling<br />
gegenüber lehnte sie an ihrem Schreibtische und maß<br />
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»Du wirst ruhig, das gefällt mir,« nahm Magnus nach<br />
einer Pause wieder das Wort. »Ein ruhiger Zuhörer läßt