Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 298 — nicht dulden, und weil ich weiß, daß mein Vater niemals der Willkür das Wort geredet hat, wende ich mich zuerst an Sie und ersuche, ja flehe Sie, mit mir vereint diesen aufrührerischen Trotz zu beugen, den frechen Übermuth elender Sclaven empfindlich zu strafen!« »Ich erwarte Deine näheren Angaben,« sagte Erasmus vornehm gelassen. »Vielleicht wissen Sie nicht, mein Vater, daß der Heerd der Unzufriedenheit unmittelbar am Fuße Ihres Stammschlosses zu suchen ist? Ihre Milde, Ihre Güte, Ihre Herablassung hat diese Rotte armseligen Volkes kühn gemacht. Meine schöne Cousine – Sie vergeben mir, mein Vater, daß ich mit aller Achtung vor Schönheit und Herzensgüte den Ankläger machen muß – meine schöne Cousine sät täglich wild fortwucherndes Unkraut durch ihre Besuche in den schmutzigen Hütten der Leibeigenen. Sie behandelt diese Auswürflinge wie gesittete Menschen; sie spricht mit ihnen, als wären sie ihres Gleichen, und fabelt ihnen von bessern Tagen, von einer gerechten Freiheit und Gleichheit der Gesetze vor. Kurz meine liebenswürdige Muhme predigt mit dem besten Erfolge die schmachvollen Lehren der französischen Jakobiner! Sie erlauben mir, mein Vater, daß ich meine Behauptungen durch Thatsachen beweisen darf. Vor einigen Wochen schrieb ich eine Gesindeschau auf meinen Ortschaften aus. Ein Mädchen, das ich besonders tauglich fand für meine Dienste, widersetzte sich hartnäckig und bestritt meine Herrschaft
— 299 — über sie. Diese Dirne war die Tochter eines Ihrer Unterthanen, seit längerer Zeit aber schon heimisch in einem mir speciell zugehörenden Dorfe. Dennoch war sie weder durch freundliche Worte noch durch Drohungen zu einer Sinnesänderung zu bewegen. So that ich denn, was ich mußte, ich brachte sie gewaltsam auf meinen Edelhof, und was glauben Sie wohl, mein Vater, daß diese Dirne zu thun wagte?« Magnus sah den Grafen und seine gespannt aufhorchende Mutter lange an. Erasmus winkte. »Sie war so beispiellos frech, Hand an mich zu legen, mich beinahe lebensgefährlich zu verwunden!« sagte Magnus. »Überzeugen Sie sich selbst, mein Vater, und Sie, meine gütige Mutter, halten Sie Ihr Entsetzen über eine That zurück, für die ich vorschlagen möchte, eine eigne Strafe zu erfinden!« Geschickt wußte der schlaue Magnus während dieser Worte die schwarze Binde zu lösen, unter der eine rothblaue, noch nicht ganz verharrschte Wunde sichtbar ward, die gefährlicher aussah, als sie war. Gräfin Utta schlug die vollen weißen Hände in stummem Erstaunen in einander und auch Herta warf einen kurzen Blick auf den vorgebeugten schönen Kopf des jungen Mannes. Vollkommen ruhig betrachtete Erasmus die Verwundung seines Sohnes. »Nur eine geringe Kraftvermehrung würde mich todt niedergeworfen haben,« sagte Magnus mit erheuchelter innerer Erregung. »So lag ich nur eine Zeit lang
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über sie. <strong>Die</strong>se Dirne war die Tochter eines Ihrer Unterthanen,<br />
seit längerer Zeit aber schon heimisch in einem<br />
mir speciell zugehörenden Dorfe. Dennoch war<br />
sie weder durch freundliche Worte noch durch Drohungen<br />
zu einer Sinnesänderung zu bewegen. So that<br />
ich denn, was ich mußte, ich brachte sie gewaltsam<br />
auf meinen Edelhof, und was glauben Sie wohl, mein<br />
Vater, daß diese Dirne zu thun wagte?«<br />
Magnus sah den Grafen und seine gespannt aufhorchende<br />
Mutter lange an. Erasmus winkte.<br />
»Sie war so beispiellos frech, Hand an mich zu legen,<br />
mich beinahe lebensgefährlich zu verwunden!« sagte<br />
Magnus. Ȇberzeugen Sie sich selbst, mein Vater, und<br />
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eine That zurück, für die ich vorschlagen möchte, eine<br />
eigne Strafe zu erfinden!«<br />
Geschickt wußte der schlaue Magnus während dieser<br />
Worte die schwarze Binde zu lösen, unter der eine<br />
rothblaue, noch nicht ganz verharrschte Wunde sichtbar<br />
ward, die gefährlicher aussah, als sie war. Gräfin<br />
Utta schlug die vollen weißen Hände in stummem Erstaunen<br />
in einander und auch Herta warf einen kurzen<br />
Blick auf den vorgebeugten schönen Kopf <strong>des</strong> jungen<br />
Mannes. Vollkommen ruhig betrachtete Erasmus<br />
die Verwundung seines Sohnes.<br />
»Nur eine geringe Kraftvermehrung würde mich todt<br />
niedergeworfen haben,« sagte Magnus mit erheuchelter<br />
innerer Erregung. »So lag ich nur eine Zeit lang