Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 222 — des Öles zu preisen. Glücklicherweise endigte diese für die Knechte sehr empfindlichen Hänseleien der Eintritt des Maulwurffängers, der, ohne viel zu fragen, nachdem er den Versammelten einen »guten Abend beisammen!« gewünscht hatte, seinen Quersack mit sammt den Drähten ablegte, das Bündel Eichenstäbe unter die Bank warf, einen Schemel neben Marie an den Tisch schob, sie sanft in’s Ohr kniff, dann nach dem Brode langte, von dem er sich ein ansehnliches Stück abschnitt, und gleich dem Voigte mit schiffartigen Bissen in den Ölnapf fuhr. »Hätte ich doch nicht gedacht,« sagte er, »daß ich heut’ noch so ein grausam gutes Abendessen vor’s Maul kriegen würde! Nur schade, daß die Freude so bald ein Ende haben wird!« Obwohl der Voigt die Manier unseres Freundes kannte, war er doch über die Unverschämtheit des Mannes erstaunt, der, ohne zu fragen und um Erlaubniß zu bitten, seine Abendmahlzeit mit ihm theilte. Er vergaß darüber auf einige Secunden das Zulangen und diese benutzte Heinrich mit so beharrlicher Ausdauer und Gewandtheit, daß er den Rest des Öles aufgezehrt hatte, ehe der Voigt wieder Theil daran nehmen konnte. Die gefoppten Knechte brachen darüber in ein wieherndes Gelächter aus. »Du bist ein Kerl wie ein Hamster,« sagte der Voigt, »vermuthlich ist Dir der Zorn des gnädigen Herrn in den Leib geschlagen, denn menschlich kann man solch’

— 223 — ein Schlingen nicht nennen, und natürlich ist’s eben so wenig!« »Ich finde es sogar höchst vernünftig,« erwiederte mit behaglicher Gelassenheit der Maulwurffänger. »Wer ein gutes Werk gestiftet hat, soll sich freuen, wer sich freut, verdient, daß er belohnt werde, und gutes Essen und Trinken ist der beste Lohn für einen rechtschaffenen Hunger. Sag’ mir mal, Voigt, ob Du darin nicht die sonnenklarste Vernunft findest?« »Sag’ Du mir lieber,« erwiederte der Gefragte, »ob der Herr Graf Vernunft in Deinem Kommen und verzwickten Geschwätz fand?« »Ich versichere Dich,« versetzte Heinrich, »hätte der Herr Graf Orden zu verleihen und Titel zu vergeben, er würde mich nicht fortgelassen haben, ohne mir und meinem Quersack beide Lasten auf- und anzuhängen! O das ist ein kluger Herr! Der hat ein Einsehen und weiß seine Leute zu nehmen! Ich sage Euch, es fehlte wenig, so hätte er mich gedutzt!« »Das ist eine große Neuigkeit,« sagte der Voigt. »Seine Gnaden heißen alle Menschen Du, da soll er etwa bei Dir eine Ausnahme machen?« »Sobald der nächste Schleifer kommt, Voigt, bitte ich Dich, laß Dir Deinen Verstand abziehen, daß er künftig schneller fassen lernt! Wenn man von Dutzen spricht, ist’s doch wohl natürlich, daß zwei verschiedene Personen einander die Ehre anthun?«

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<strong>des</strong> Öles zu preisen. Glücklicherweise endigte diese für<br />

die Knechte sehr empfindlichen Hänseleien der Eintritt<br />

<strong>des</strong> Maulwurffängers, der, ohne viel zu fragen, nachdem<br />

er den Versammelten einen »guten Abend beisammen!«<br />

gewünscht hatte, seinen Quersack mit sammt<br />

den Drähten ablegte, das Bündel Eichenstäbe unter die<br />

Bank warf, einen Schemel neben Marie an den Tisch<br />

schob, sie sanft in’s Ohr kniff, dann nach dem Brode<br />

langte, von dem er sich ein ansehnliches Stück abschnitt,<br />

und gleich dem Voigte mit schiffartigen Bissen<br />

in den Ölnapf fuhr.<br />

»Hätte ich doch nicht gedacht,« sagte er, »daß ich<br />

heut’ noch so ein grausam gutes Aben<strong>des</strong>sen vor’s Maul<br />

kriegen würde! Nur schade, daß die Freude so bald ein<br />

Ende haben wird!«<br />

Obwohl der Voigt die Manier unseres Freun<strong>des</strong><br />

kannte, war er doch über die Unverschämtheit <strong>des</strong><br />

Mannes erstaunt, der, ohne zu fragen und um Erlaubniß<br />

zu bitten, seine Abendmahlzeit mit ihm theilte. Er<br />

vergaß darüber auf einige Secunden das Zulangen und<br />

diese benutzte Heinrich mit so beharrlicher Ausdauer<br />

und Gewandtheit, daß er den Rest <strong>des</strong> Öles aufgezehrt<br />

hatte, ehe der Voigt wieder Theil daran nehmen konnte.<br />

<strong>Die</strong> gefoppten Knechte brachen darüber in ein wiehern<strong>des</strong><br />

Gelächter aus.<br />

»Du bist ein Kerl wie ein Hamster,« sagte der Voigt,<br />

»vermuthlich ist Dir der Zorn <strong>des</strong> gnädigen Herrn in<br />

den Leib geschlagen, denn menschlich kann man solch’

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