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Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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gewährte es jetzt dem jungen, wüsten Grafen unaussprechliches<br />

Vergnügen, die vor ihm fliehende Wendin<br />

aus einem Schlupfwinkel in den andern zu treiben.<br />

Wohl zehnmal hätte er sich <strong>des</strong> schwachen Mädchens<br />

bemächtigen können, aber er wollte nicht. <strong>Die</strong><br />

von Secunde zu Secunde wachsende Seelenangst seines<br />

Opfers ergetzte ihn mehr, als schnelles Überwältigen<br />

und rohes Genießen. Er spielte mit ihr, wie der<br />

zum Sprunge ausholende Tiger, ja er hoffte, daß Haideröschen<br />

es eben so wie der Vogel machen solle, auf<br />

welchen die Klapperschlange ihr brennen<strong>des</strong> Auge gerichtet<br />

hat. Um nur die fürchterliche Qual zu enden,<br />

glaubte er bestimmt, sie würde sich ihm im Angenblick<br />

einer an Wahnsinn grenzenden Verzweiflung in seine<br />

Arme werfen. – Da geschahen draußen drei gewichtige<br />

Schläge an’s Schloßthor, und während Magnus ein<br />

paar Secunden an’s Fenster trat, um zu sehen, was<br />

es wohl geben möge, gewann das arme Haideröschen<br />

Zeit, sich wieder zu fassen und auf einen neuen, furchtbareren<br />

Angriff sich zu rüsten. Ihr Häubchen war bereits<br />

in der Hand <strong>des</strong> frechen Räubers. <strong>Die</strong> goldblonden<br />

Flechten hatten sich aufgelöst und rollten in glänzender<br />

Fülle über das schwarzsammetne Leibchen und<br />

den grobwollenen Rock herab. Sie lehnte sich ermattet<br />

an den hohen Marmorsims <strong>des</strong> Kamins und strich sich<br />

die aufgegangenen, in Angstschweiß gebadeten zierlichen<br />

Löckchen aus der Stirn, die gleich vom Thau befeuchteten<br />

Goldblümchen ihren Scheitel umsäumten.

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