Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

finanz.math.tugraz.at
von finanz.math.tugraz.at Mehr von diesem Publisher
26.12.2012 Aufrufe

— 174 — wenn es nothwendig sein sollte, den Grafen zu bearbeiten gedachte. Furchtlos ergriff er jetzt den schweren metallenen Widderkopf am Hofthor und schmetterte ihn mehrmals mit solcher Gewalt gegen die eiserne Platte, daß augenblicklich ein wüthendes Hundegebell im Hofe entstand und unmittelbar darauf einige schnüffelnde Köter von innen gegen die Thür sprangen. »Vortrefflich gelungen!« murmelte Heinrich, sich vor Freuden die Hände reibend. »Der unvernünftige Lärm jagt ihnen wenigstens einen solchen Schreck ein, daß sie alles Andere darüber vergessen. Sehr wahrscheinlich sogar, daß das Gesinde ein aufgehendes Feuer muthmaßt. Das giebt Unordnung, Durcheinanderrennen und Teufelszwirn die Menge. Dabei kann Flucht oder Verstecken höchst täuschend nachgeahmt werden, denn Angst lehrt eben so gut Komödie spielen, wie Noth beten. – Horch, sie kommen! Bin doch neugierig, aus welchem Tone sie mir aufspielen werden!« Während der Maulwurffänger dieses Selbstgespräch hielt, waren mehrere Diener oder Knechte über den Hof nach dem Thorwege geschritten, einige Laternen tragend, andere mit tüchtigen Knitteln bewaffnet, um einem möglicherweise beabsichtigten Einbruche, deren in den letzten Wochen mehrere in der Nachbarschaft versucht worden waren, kräftig begegnen zu können. Der Anführer dieser Eskorte fragte, während seine Begleiter die wüthenden Hunde zu besänftigen

— 175 — suchten, wer so spät Einlaß begehre und was dies unverschämte Lärmen zu bedeuten habe? »Unverschämt!« wiederholte Heinrich mit seiner den Knechten des Edelhofes wohlbekannten halb zornigen halb scherzhaften Stimme. »Ich finde es verteufelt unverschämt, einen ehrlichen guten Freund durch’s Schlüsselloch zu examiniren und in solchem Hundewetter, das ihn nicht abhalten konnte, auf des Herrn Grafen Vortheil zu sehen, eine halbe Stunde lang stehen zu lassen. Zum Teufel, macht auf oder ich klettere trotz Eurer Zinken da oben und Eurer dummen Kläffer drinnen wie ein Dieb über den Thorweg!« »Gott straf’ mich,« versetzte der Voigt, »es ist gewiß und wahrhaftig der Sackerments-Maulwurffänger!« »Ich will dich schon besackermentiren,« entgegnete Heinrich, »wenn ich Dich nur erst hinterm Tische in der Gesindestube habe!« Inzwischen klirrten die Riegel, die Thorflügel gingen knarrend aus einander und das helle Licht der Laternen zeigte drei oder vier Knechten, in deren Mitte der Voigt mit blankem Hirschfänger stand, die abenteuerliche Gestalt des Maulwurffängers. »Der gnädige Herr wird Dir ein schönes Gesicht schneiden, wenn er hört, daß Du den unnützen Spectakel gemacht hast,« redete ihn der Voigt an. »Wir dachten nicht anders, als es würde Jemand draußen massacrirt.«

— 174 —<br />

wenn es nothwendig sein sollte, den Grafen zu bearbeiten<br />

gedachte. Furchtlos ergriff er jetzt den schweren<br />

metallenen Widderkopf am Hofthor und schmetterte<br />

ihn mehrmals mit solcher Gewalt gegen die eiserne<br />

Platte, daß augenblicklich ein wüthen<strong>des</strong> Hundegebell<br />

im Hofe entstand und unmittelbar darauf einige<br />

schnüffelnde Köter von innen gegen die Thür sprangen.<br />

»Vortrefflich gelungen!« murmelte Heinrich, sich vor<br />

Freuden die Hände reibend. »Der unvernünftige Lärm<br />

jagt ihnen wenigstens einen solchen Schreck ein, daß<br />

sie alles Andere darüber vergessen. Sehr wahrscheinlich<br />

sogar, daß das Gesinde ein aufgehen<strong>des</strong> Feuer<br />

muthmaßt. Das giebt Unordnung, Durcheinanderrennen<br />

und Teufelszwirn die Menge. Dabei kann Flucht<br />

<strong>oder</strong> Verstecken höchst täuschend nachgeahmt werden,<br />

denn Angst lehrt eben so gut Komödie spielen,<br />

wie Noth beten. – Horch, sie kommen! Bin doch neugierig,<br />

aus welchem Tone sie mir aufspielen werden!«<br />

Während der Maulwurffänger dieses Selbstgespräch<br />

hielt, waren mehrere <strong>Die</strong>ner <strong>oder</strong> Knechte über den<br />

Hof nach dem Thorwege geschritten, einige Laternen<br />

tragend, andere mit tüchtigen Knitteln bewaffnet, um<br />

einem möglicherweise beabsichtigten Einbruche, deren<br />

in den letzten Wochen mehrere in der Nachbarschaft<br />

versucht worden waren, kräftig begegnen zu<br />

können. Der Anführer dieser Eskorte fragte, während<br />

seine Begleiter die wüthenden Hunde zu besänftigen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!