Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 156 — den Händen, und auch die Frau Gräfin, die doch eine stolze Frau ist, lächelt immer recht freundlich, wenn sie das feine schlanke Mädchen erblickt, ja sie läßt es sogar geschehen, daß Herta ihr um den Hals fallen und sie nach Herzenslust küssen darf, was ich ihrer eigenen Tochter, wenn sie eine hätte, nicht rathen würde. Aus alle dem geht hervor, Freund Jan, daß sie von gar vornehmer Abkunft sein muß.« »Sehr möglich,« sagte Sloboda. »Die Verbindungen der gräflichen Familie sind groß und sollen sogar mit dem churfürstlichen Hause verzweigt sein.« »Wißt, Jan, ich habe einen Gedanken! Ihr müßt das Fräulein zu Eurer Fürsprecherin machen. Junker Blauhut fürchtet den Alten, weßhalb er auch selten auf das Schloß im See kommt. Stecken wir uns nun hinter diesen und lassen ihm durch Herta die Gewaltthat des Sohnes vortragen, so könnt Ihr versichert sein, daß der Nichtsnutz Euch das liebe Kind binnen wenig Tagen mit Extrapost in den Hof fahren läßt!« »Wer soll einen so gefährlichen Auftrag übernehmen! Ich selbst? – Mir würde man nicht glauben, und ein Anderer? Ach, Heinrich, Ihr kennt die Menschen und ihren Eigennutz nicht!« »Hat das nette Ding denn keinen Liebsten?« fragte etwas ungeduldig der Maulwurffänger. »Die Burschen sind ihr wohl alle gut und gingen für sie durch’s Feuer, aber erklärt hat sich doch noch keiner.«

— 157 — »Noch keiner?« warf Clemens ein, der einige Schritte vor den rathschlagenden Männern mit den Übrigen ging, und drehte sich um. »Fragt Vater Ehrhold, ob Haideröschen ohne Schutz ist!« »Ehrhold?« sagte Jan gedehnt, den jungen Burschen mit langen Blicken messend. »Er weiß, was ich nicht lang und breit erzählen mag. Ich liebe das Haideröschen und habt Ihr nichts dagegen, Vater Jan, und kommt sie heil und rein wieder zurück in unser stilles Dorf, so giebt’s eine lustige Hochzeit, noch ehe die Blätter fallen!« Der Maulwurffänger lachte leise und sah den Wenden mit dem verschmitztesten Blick seiner muntern Augen an. »Da haben wir ja gleich einen Unterhändler, wie wir ihn nur wünschen können,« sagte er. »Gelt’, frischer Junge, Du scheust eine Tracht Prügel nicht, wenn Du der schmucken Dirne und ihrem trauernden Vater einen Dienst erweisen kannst? Legen sie Dich in den Stock, je nun, so sitzest Du eben auf demselben Ehrenplatze, auf welchem vor Dir schon sehr viele ehrliche Leute gesessen haben. Wer liebt und das Herz auf dem rechten Flecke hat, fürchtet weder den Teufel noch seine Großmutter!« »Ich bin zu Allem bereit,« versetzte Clemens. »Laßt mich nur wissen, was ich zu thun habe!« »Nachher, wackeres Blut!« sagte der Maulwurffänger. »Ich sehe die Teiche durch das Gesträuch schimmern, und da ich einmal so weit mit Euch gelaufen

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»Noch keiner?« warf Clemens ein, der einige Schritte<br />

vor den rathschlagenden Männern mit den Übrigen<br />

ging, und drehte sich um. »Fragt Vater Ehrhold, ob Haideröschen<br />

ohne Schutz ist!«<br />

»Ehrhold?« sagte Jan gedehnt, den jungen Burschen<br />

mit langen Blicken messend.<br />

»Er weiß, was ich nicht lang und breit erzählen mag.<br />

Ich liebe das Haideröschen und habt Ihr nichts dagegen,<br />

Vater Jan, und kommt sie heil und rein wieder zurück<br />

in unser stilles Dorf, so giebt’s eine lustige Hochzeit,<br />

noch ehe die Blätter fallen!«<br />

Der Maulwurffänger lachte leise und sah den Wenden<br />

mit dem verschmitztesten Blick seiner muntern<br />

Augen an. »Da haben wir ja gleich einen Unterhändler,<br />

wie wir ihn nur wünschen können,« sagte er. »Gelt’, frischer<br />

Junge, Du scheust eine Tracht Prügel nicht, wenn<br />

Du der schmucken Dirne und ihrem trauernden Vater<br />

einen <strong>Die</strong>nst erweisen kannst? Legen sie Dich in den<br />

Stock, je nun, so sitzest Du eben auf demselben Ehrenplatze,<br />

auf welchem vor Dir schon sehr viele ehrliche<br />

Leute gesessen haben. Wer liebt und das Herz auf dem<br />

rechten Flecke hat, fürchtet weder den Teufel noch seine<br />

Großmutter!«<br />

»Ich bin zu Allem bereit,« versetzte Clemens. »Laßt<br />

mich nur wissen, was ich zu thun habe!«<br />

»Nachher, wackeres Blut!« sagte der Maulwurffänger.<br />

»Ich sehe die Teiche durch das Gesträuch schimmern,<br />

und da ich einmal so weit mit Euch gelaufen

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