Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 154 — unter den gemeinen Leuten, ohne die Gunst der Herren, die er ebenfalls brauchte, zu verscherzen. Ein gewissenhafter Mann in streng christlichem Sinne würde ihn wahrscheinlich einen Schalk genannt und ihn der Zweiächselei bezüchtigt haben, die wahre Cultur aber, die nie und nirgend solche aus Gut und Böse, aus Erlaubtem und Unerlaubtem, aus Herzensgüte und lächelnder Falschheit zusammengesetzte Charaktere entbehren kann, besaß in ihm ein unschätzbares Instrument, um die heiligen und großen Zwecke des Fortschrittes, der Volksbildung, der Verbreitung gesunder und freier Ideen im Volke fördern zu helfen. Wir wollen nicht behaupten, daß der Maulwurffänger sich dieses segenbringenden Zweckes um diese Zeit schon vollkommen bewußt gewesen sei, ihm genügte vorerst der Reiz, den alles heimliche Miniren für ihn hatte, weil es ihn einfach ergetzte und unterhielt, dem Gedrückten zu nützen und dem Mächtigen stechende Dornen in das bequeme Leben zu streuen. Bei dieser etwas frivolen Lebensansicht und bei seiner Beschäftigung, die ihn zu fortwährendem Herumziehen im Lande nöthigte, war es kein Wunder, daß Heinrich in seinen Mitteln nicht wählig war, und daß er häufig auch mit Menschen verkehrte, die in der bestehenden bürgerlichen Ordnung nur ein Hemmniß der Erdenglückseligkeit erblickten. Sloboda und Ehrhold gaben auf alle Fragen, die Heinrich aushorchend an sie richtete, des Breitesten

— 155 — Antwort, und dieser erfuhr dadurch Alles, was er zu wissen begehrte, um den Bedrückten in seiner Weise nützlich werden zu können. »Habt keine Sorge um Röschen,« sprach er hierauf, mit den Wenden rüstig weiter schreitend. »Ein Mädchen mit gesunden Augen und natürlichem Tact führt Euch den abgefeimtesten Teufel ein paar Tage lang an der Nase herum! Mir ist nicht bange um das liebe Kind. Der Junker wird sich vor ihr, sie sich nicht vor ihm beugen müssen. Nur die ersten Stunden der Angst und Beklemmung werden sie peinigen, später möchte ich wetten, daß sie leichter und besser als wir ihren Vortheil zu wahren verstehen wird. Darin sind die Weiber noch pfiffiger als die Juden! – Doch was ich Euch fragen wollte, lieber Jan, habt Ihr nicht gehört, wem das Fräulein angehört, das schon seit Jahr und Tag auf der Burg des alten Grafen lebt? Es wird viel darüber gefabelt, was Alles ich nicht glauben kann. Nur so viel weiß ich, daß es zwischen Himmel und Erde etwas Lieblicheres, als Fräulein Herta, wie man sie nennt, nicht giebt!« »Ich sah letzthin das Fräulein mit dem alten Herrn durch den Wald reiten,« versetzte Sloboda, »und wirklich bei ihrem Anblick ward mir zu Muthe, als schwebe ein Engel vorüber!« »Es muß eine eigene Bewandtniß mit dieser Herta haben,« fuhr der Maulwurffänger fort. »Der alte Graf, ein braver Herr, wie mich dünkt, trägt das Fräulein auf

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Antwort, und dieser erfuhr dadurch Alles, was er zu<br />

wissen begehrte, um den Bedrückten in seiner Weise<br />

nützlich werden zu können.<br />

»Habt keine Sorge um Röschen,« sprach er hierauf,<br />

mit den Wenden rüstig weiter schreitend. »Ein Mädchen<br />

mit gesunden Augen und natürlichem Tact führt<br />

Euch den abgefeimtesten Teufel ein paar Tage lang an<br />

der Nase herum! Mir ist nicht bange um das liebe Kind.<br />

Der Junker wird sich vor ihr, sie sich nicht vor ihm beugen<br />

müssen. Nur die ersten Stunden der Angst und<br />

Beklemmung werden sie peinigen, später möchte ich<br />

wetten, daß sie leichter und besser als wir ihren Vortheil<br />

zu wahren verstehen wird. Darin sind die Weiber<br />

noch pfiffiger als die Juden! – Doch was ich Euch fragen<br />

wollte, lieber Jan, habt Ihr nicht gehört, wem das<br />

Fräulein angehört, das schon seit Jahr und Tag auf der<br />

Burg <strong>des</strong> alten Grafen lebt? Es wird viel darüber gefabelt,<br />

was Alles ich nicht glauben kann. Nur so viel weiß<br />

ich, daß es zwischen Himmel und Erde etwas Lieblicheres,<br />

als Fräulein Herta, wie man sie nennt, nicht<br />

giebt!«<br />

»Ich sah letzthin das Fräulein mit dem alten Herrn<br />

durch den Wald reiten,« versetzte Sloboda, »und wirklich<br />

bei ihrem Anblick ward mir zu Muthe, als schwebe<br />

ein Engel vorüber!«<br />

»Es muß eine eigene Bewandtniß mit dieser Herta<br />

haben,« fuhr der Maulwurffänger fort. »Der alte Graf,<br />

ein braver Herr, wie mich dünkt, trägt das Fräulein auf

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