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Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 1341 —<br />

»Eigentlich,« sagte der Maulwurffänger, »dachte ich<br />

dabei an die blinde Marie, denn ich weiß, daß sie ehemals<br />

in den wendischen Liedern und Geschichten fast<br />

eben so bewandert war, wie Sloboda’s Tochter.«<br />

»Wie mein Haideröschen, das arme Kind! Gott beglücke<br />

sie in seinem Paradiese!«<br />

»Wirst Du mich in Schande bringen, Marie?« fragte<br />

Pink-Heinrich die Blinde, ihre Hand erfassend. »Suche<br />

in Deinem Gedächtniß, und ich möchte wetten, daß im<br />

verborgensten Fache <strong>des</strong> Betkästchens eine Perle ersten<br />

Wassers herumkollert, die sich auf Deiner Zunge in den<br />

allerfeinsten geistigen Honigseim verwandelt.«<br />

Marie lächelte, drückte dem Jugendfreund die Hand<br />

und sagte:<br />

»Laß mir eine Weile Zeit, Maulwurffänger! Alles hab’<br />

ich noch nicht vergessen, aber es ist wüst durch einander<br />

geschüttelt worden durch die vielen harten Stöße,<br />

die mein armer Kopf in diesem drangvollen Leben aushalten<br />

mußte.«<br />

»Besinne Dich, Mutter, und die Engel im Himmel sollen<br />

Dein Lob preisen!«<br />

»<strong>Die</strong> Engel werden ihr Lob preisen,« wiederholte in<br />

seiner Geisteszerstreuung der Wende, seine hellblauen<br />

Augen zum Himmel aufschlagend. »Sie war schon auf<br />

Erden ein Engel.«<br />

Es trat eine kurze Pause ein. Das monotone Schrillen<br />

der Heimchen in den Wänden unterbrach allein die<br />

allgemeine Stille. Da erhob Marie anmuthig lächelnd

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