Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 1314 — Abschied nehmen und sich betrachten als einen Todten. Darum, geliebter Bruder, wirst Du mir verzeihen, wenn ich Dir gegenwärtig mit gerührtem Herzen zurufe: Lebe wohl, lebe wohl auf ewig! Gott weiß, ob wir uns je wieder sehen in diesem Leben! Lebe wohl und grüße die Lieben, die wir vor Kurzem als unserer Familie zugehörig haben kennen gelernt! Ich wünsche ihnen recht viel Gutes und daß sie Freude an ihren Kindern erleben mögen! Gott, der sie Alle so wunderbar geführt hat, beschirme sie auch fernerhin! »Wenn Du diese Zeilen erhältst, bin ich schon weit von Dir! Ich habe dies vorgezogen, damit Du mich nicht mit Einwendungen bestürmen und mich wankend machen mögest in meinem Entschlusse! Die Verwaltung meiner Güter ist treuen und zuverlässigen Händen übergeben. Nochmals, lebe wohl! Im Leben und im Tode, in der Nähe und Ferne immer Dein treuer Bruder Adalbert.« Aurel ward von diesem Schreiben sehr unangenehm berührt. Adalbert’s Reise sah vollkommen einer Flucht ähnlich, einer Flucht, zu welcher sich der stolze Aristokrat blos deßhalb entschlossen hatte, um nie wieder mit denen in Berührung zu kommen, die er als seine Blutsverwandten hatte anerkennen, denen er die Hand zur Versöhnung hatte reichen müssen! Aurel fühlte, daß diese vornehme Freundlichkeit blos Maske war, und daß Adalbert im Herzen noch eben so grollte, wie

— 1315 — früher. Indeß war dem Scheine genügt. Die Versöhnung war geschehen, ein freundliches Verhältniß unter den Geschwistern hergestellt, und so mußte Aurel schweigen und die Betheuerungen des geflüchteten Bruders als aufrichtig und wahr gelten lassen. Er wendete sich darauf zu den Versammelten und sagte: »Liebe Geschwister, Vettern und Verwandte! Als rechtmäßiger Erbe dieser Besitzungen steht mir das Recht zu, über dieselben zu verfügen, wie ich es für gut und zweckmäßig halte. Ich bin kein Fabrikant, kein Kauf- und Handelsherr, ich bin nur ein schlichter, grader Seemann, dies aber mit Herz und Seele!« »Bravo!« rief Gilbert aus, der an der halboffenen Thür hockte. »Jetzt bläht eine frische Brise doch endlich wieder die Segel.« »Daraus folgt,« fuhr Aurel fort, »daß ich diese Fabrik, der wir die Wiederkehr unseres ehemaligen Wohlstandes zu verdanken haben, nicht leiten kann, ohne ihr zu schaden, ohne vielleicht das ganze Geschäft zu zerstören und damit die Quelle unseres gemeinsamen Glückes zu verstopfen. Es ist daher, sofern Niemand Einspruch thut, mein Wille, daß statt meiner unser ältester Bruder Martell nicht blos die Leitung der Fabrik antrete, sondern auch Boberstein mit allen Pertinenzien als wirklicher Erbe übernehme!« »So soll es sein!« sagten sämmtliche Anwesende, wie aus einem Munde und reichten dem neuen Besitzer der

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Abschied nehmen und sich betrachten als einen Todten.<br />

Darum, geliebter Bruder, wirst Du mir verzeihen,<br />

wenn ich Dir gegenwärtig mit gerührtem Herzen zurufe:<br />

Lebe wohl, lebe wohl auf ewig! Gott weiß, ob<br />

wir uns je wieder sehen in diesem Leben! Lebe wohl<br />

und grüße die Lieben, die wir vor Kurzem als unserer<br />

Familie zugehörig haben kennen gelernt! Ich wünsche<br />

ihnen recht viel Gutes und daß sie Freude an ihren Kindern<br />

erleben mögen! Gott, der sie Alle so wunderbar<br />

geführt hat, beschirme sie auch fernerhin!<br />

»Wenn Du diese Zeilen erhältst, bin ich schon weit<br />

von Dir! Ich habe dies vorgezogen, damit Du mich<br />

nicht mit Einwendungen bestürmen und mich wankend<br />

machen mögest in meinem Entschlusse! <strong>Die</strong> Verwaltung<br />

meiner Güter ist treuen und zuverlässigen<br />

Händen übergeben. Nochmals, lebe wohl! Im Leben<br />

und im Tode, in der Nähe und Ferne immer<br />

Dein treuer Bruder<br />

Adalbert.«<br />

Aurel ward von diesem Schreiben sehr unangenehm<br />

berührt. Adalbert’s Reise sah vollkommen einer Flucht<br />

ähnlich, einer Flucht, zu welcher sich der stolze Aristokrat<br />

blos deßhalb entschlossen hatte, um nie wieder<br />

mit denen in Berührung zu kommen, die er als seine<br />

Blutsverwandten hatte anerkennen, denen er die Hand<br />

zur Versöhnung hatte reichen müssen! Aurel fühlte,<br />

daß diese vornehme Freundlichkeit blos Maske war,<br />

und daß Adalbert im Herzen noch eben so grollte, wie

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