Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 1308 — nach tief in der Nacht einen Besuch in der Fabrik, wo vor Kurzem die Arbeiter ihre Stellen gewechselt hatten. Lampenlicht, Mondschein, Öldunst und Maschinengerassel verwirrten seine Gedanken – er hielt die Spinner für Geister, glaubte in dem blitzenden Glänzen einer eisernen Welle, die senkrecht vom Fußboden zur Decke sich erhebt und das ganze Werk durch alle Stockwerke treibt, das heiß geliebte Mädchen zu erblicken . . . eilte darauf zu und . . . ward von der Dampfkraft zerschmettert! »Traure mit mir um den beklagenswerthen Bruder, dessen Leiden so tragisch enden sollten! – Ich hatte ihn seine Wohnung verlassen sehen und war ihm, seine Stimmung fürchtend, nachgegangen, aber erst in dem Augenblicke, als die Welle ihn erfaßte, konnte ich den Saal erreichen, der seine Todeskammer werden sollte! »Dieser unvermuthete, nicht allein uns Brüder, sondern auch Adrian’s sämmtliche Unterthanen tief darniederbeugende Tod ruft uns mahnend zu: Vergebt und vergeßt! Seid einander wieder liebende Brüder und lebt als solche in christlicher Eintracht! Laßt allen Groll auf immer dahin fahren und vertragt Euch, wie Brüder es sollen! – Und was, theurer Bruder, was soll uns denn eigentlich entfremden? – Haben wir uns gegenseitig um unser Eigenthum gebracht? – Nein, wir haben es in brüderlich gutem Einverständniß vermehrt! – Sind wir Schuld daran, daß alte Frevel zu sühnen waren, daß tief Gekränkten Gerechtigkeit verschafft werden
— 1309 — mußte? – Keineswegs! – Nun und haben wir denn an unserer Ehre etwas verloren, wenn wir denen, die Gottes Wille aus der Nacht unverdienter Armuth zu uns emporhob in den mildernden und bildenden Sonnenschein mäßigen Besitzes, wenn wir diesen brüderlich die Hände reichen und sie neben uns wandeln lassen? – Auch dies muß ich verneinen! – Warum also noch länger getrennt und unversöhnt leben? Warum grollen und grollend vom Tode überrascht werden, wie unser armer Bruder? »Adalbert, laß uns großmüthig, laß uns ritterlich handeln! Nimm die Hand, die ich zu aufrichtiger Versöhnung Dir entgegenstrecke, vertrauensvoll an und laß uns treue Brüder sein und bleiben, so lange uns Gott am Leben erhält! »Schwere, traurige Gedanken ziehen durch meinen Geist und stören die Ruhe meiner Seele! – Mich dünkt, wir haben den ernsten Wink der Vorsehung zu spät verstanden! Schon damals sollten wir froh und frei uns einigen in Liebe, als wir die ersten Spuren entdeckten von den Fußstapfen, welche verlorene Kinder unseres Vaters in den Staub der Armuth, in den Schlamm der Erniedrigung gedrückt hatten! Es war an uns zu vergeben, zu sühnen, was ein Verstorbener vor uns gesündigt. Glücklich und beneidenswerth sind die zu preisen denen Gelegenheit geboten wird, Vergehungen ihrer Vorfahren durch Thaten des Segens in der Gegenwart auszugleichen! – Wir haben dies nicht so eifrig,
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Stimmung fürchtend, nachgegangen, aber erst in dem<br />
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Saal erreichen, der seine To<strong>des</strong>kammer werden sollte!<br />
»<strong>Die</strong>ser unvermuthete, nicht allein uns Brüder, sondern<br />
auch Adrian’s sämmtliche Unterthanen tief darniederbeugende<br />
Tod ruft uns mahnend zu: Vergebt und<br />
vergeßt! Seid einander wieder liebende Brüder und<br />
lebt als solche in christlicher Eintracht! Laßt allen Groll<br />
auf immer dahin fahren und vertragt Euch, wie Brüder<br />
es sollen! – Und was, theurer Bruder, was soll uns denn<br />
eigentlich entfremden? – Haben wir uns gegenseitig<br />
um unser Eigenthum gebracht? – Nein, wir haben es<br />
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wir Schuld daran, daß alte Frevel zu sühnen waren,<br />
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