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Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 1301 —<br />

hatte die Frauen aufgeschreckt, und ihnen das Geschehene<br />

verrathen. Sie erwarteten am Portale <strong>des</strong> Hauses<br />

den nahenden Zug. Bianca, die zwischen Herta und Elwire<br />

in der Mitte stand, machte auf Aurel einen unauslöschlichen<br />

Eindruck. Während nämlich Großmutter<br />

und Enkelin schwarz gekleidet waren, trug Bianca<br />

ein durchsichtiges weißes Gazekleid, das ihre vollendeten<br />

Formen mehr enthüllte als verbarg. Ihre schwarzen<br />

Haare waren über der blassen Stirn gescheitelt,<br />

im Nacken durch eine Perlenschnur zusammengefaßt<br />

und ergossen sich in fesselloser Pracht, eine glänzende<br />

Lockenwelle, bis weit über ihre Hüften. <strong>Die</strong>se phantastische<br />

Kleidung war reizend und abschreckend zugleich.<br />

Bianca hatte, wie schon so oft, auch in dieser<br />

Nacht den Grafen wieder in jene gräßliche Gedankenhölle<br />

stürzen wollen, die sie willkürlich um ihn erbauen<br />

konnte und an der sich ihr grollen<strong>des</strong> Auge erlabte.<br />

Überrascht von dem unerwarteten Tode ihres Fein<strong>des</strong><br />

hatte sie in der ersten Bestürzung ihre Kleider zu wechseln<br />

vergessen. So empfing nun die zur Rache gerüstete<br />

schöne Furie die blutige Leiche <strong>des</strong>sen, den sie durch<br />

ihre Reize in Verzweiflung und Wahnsinn stürzen wollte,<br />

an der Schwelle seines Hauses! –<br />

Der Tod ist ein mächtiger Vermittler. Das fühlte in<br />

diesem unvergeßlichen Augenblicke selbst die unerbittliche<br />

Rächerin. Thränen wahrhaft weiblichen Mitgefühls<br />

füllten ihre bis dahin kalten Augen, die wohl<br />

zuweilen geweint hatten, aber nur vor Wuth und vor

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