Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 1296 — und erhob seine Rechte wie zum Schwur. Von allen Sälen stürzten nun die Arbeiter herbei, drängten in den Saal und umstanden bald in dichten Reihen die vier Männer, die sich vergeblich abmühten, die zerbrochenen Glieder des Unglücklichen von dem Eisenschaft abzulösen. Es konnte den Arbeitern nicht verborgen bleiben, wer auf so schreckliche Weise geendet habe. »Es ist der Herr am Stein!« – »Unser Graf, unser Gebieter!« – »Die Maschine hat ihn zermalmt, den Armen!« so lief es flüsternd von Mund zu Mund. Kein Laut der Schadenfreude, kein Ruf des Triumphes, kein Schrei der Rache ward vernommen, was man von diesen größtentheils ungebildeten Leuten, denen der Todte nie Wohlthaten erwiesen hatte, so sehr fürchten mußte. Das unmittelbare Eingreifen von Gottes allmächtiger Hand wehrte aller niedern Leidenschaftlichkeit. Jeder fühlte sich erschüttert, gedemüthigt! Es war, als ob man die Nähe des Ewigen scheue, als ob man vor dem unerforschlichen Walten desselben an seine Brust schlagen und sein Knie beugen müsse! »Gott sei ihm gnädig und vergeb’ uns unsere Sünden!« »Ehrt seinen Namen, flucht ihm nicht! Er ist gestorben wie ein Märtyrer!« »Es sei ihm von ganzem Herzen vergeben!«
— 1297 — »War er doch unser Brodherr, der uns Kleider und Nahrung gab, wenn schon nicht immer gute und reichliche! Aber ohne ihn, was wäre aus uns geworden!« »Darum Friede mit ihm! Der Herr lasse sein heiliges Antlitz über ihn leuchten!« »Ja, Friede mit ihm! Amen! Amen!« So riefen sich alle Arbeiter zu, nahmen ihre Mützen ab, falteten die Hände und beteten für die Seele des Verunglückten mit gläubigem Herzen ein Vaterunser. – Inzwischen wurde es laut auf dem Hofe. Einige waren fortgestürzt, um das Geschehene der Dienerschaft des Grafen zu melden und seine Leute herbeizurufen. Andere eilten mit ungläubiger Miene in die Maschinenkammer, aus der man jetzt ein wüstes Durcheinander lauter Stimmen vernahm. Mitten in diese Verwirrung die mit dem tiefen Frieden der wunderbar klaren und milden Nacht seltsam contrastirte, trat athemlos der Maulwurffänger. Er hatte bereits von einem Unglück gehört, wen es aber betroffen habe nicht erfahren können. »Wer ist zermalmt worden von der Maschine?« rief er jetzt in den drängenden Haufen hinein, seine durchdringende Stimme erhebend, und arbeitete sich vorwärts bis an die trüb erhellte Thür zur Maschinenkammer, die mit Menschen dicht angefüllt war. »Der Mörder! Der Mörder!« antworteten eine Menge Stimmen. »Dem Bösewicht ist Recht geschehen! – Der Teufel hat ihn geholt, wie er’s verdiente!«
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und erhob seine Rechte wie zum Schwur. Von allen Sälen<br />
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Saal und umstanden bald in dichten Reihen die vier<br />
Männer, die sich vergeblich abmühten, die zerbrochenen<br />
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der Herr am Stein!« – »Unser Graf, unser Gebieter!« –<br />
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flüsternd von Mund zu Mund. Kein Laut der Schadenfreude,<br />
kein Ruf <strong>des</strong> Triumphes, kein Schrei der Rache<br />
ward vernommen, was man von diesen größtentheils<br />
ungebildeten Leuten, denen der Todte nie Wohlthaten<br />
erwiesen hatte, so sehr fürchten mußte. Das unmittelbare<br />
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aller niedern <strong>Leiden</strong>schaftlichkeit. Jeder fühlte sich erschüttert,<br />
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Walten <strong>des</strong>selben an seine Brust schlagen und<br />
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»Gott sei ihm gnädig und vergeb’ uns unsere Sünden!«<br />
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