Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 1214 — In der That hatte die verführerische Schöne während der letzten einschmeichelnden Worte des Grafen eine ganz andere, eine furchteinflößende Miene angenommen. Ihre schlanke Gestalt hoch aufgerichtet, ihre großen zornsprühenden Augen auf Adrian geheftet, die vollen Arme fest über dem heftig wallenden Busen geschlungen, warf sie den schönen Kopf mit den schwarzen flatternden Locken zurück, und ein furchtbares Lächeln spaltete die blaßrothen Lippen. Ihr Antlitz war weiß, wie das einer Leiche. »Brudermörder! Zweifacher Brudermörder!« rief Bianca und schleuderte Blitze des Zorns und der Verachtung auf den Grafen. »Endlich hab’ ich Dich gefangen, Elender!« »Wozu diese Verstellung,« entgegnete Adrian, indem er ebenfalls aufstand und das dämonisch schöne Mädchen umschlingen wollte. »Wir verstehen uns ja doch, und ein so schöner und süßer Mund, wie der Deinige, wird nicht aus der Schule plaudern! Deine Hand aber bleibt zart und weich, wie immer. Von ihr wird nichts weiter begehrt, als daß sie einen silbernen Löffel erfasse und mit der ihr eigenen graziösen Bewegung den armen Gefangenen einen warmen Trank mit Zucker versüße. Sollte das meinem lieben, freundlichen und klugen Mädchen nicht möglich sein?« Adrian wollte schmeichelnd die Hand Bianca’s wieder erfassen, diese aber trat stolz einen Schritt zurück und donnerte ihn an:
— 1215 — »Hinweg, verabscheuungswürdiges Scheusal! Hinweg! – Dein bloßer Hauch verpestet die Luft, die Dich umgiebt . . . Qualen der Hölle lohen um Dein verbrecherisches Haupt . . . Wer Dir naht, geräth in Gefahr, durch bloße Berührung von Dir mit fortgerissen zu werden auf die Lasterbahn, die Du wandelst seit Jahren! – Ja, ich nenne Dich nochmals einen zwiefachen Brudermörder, denn ich weiß, daß Martell, von Dir mit brennendem Gifte getränkt, dem Grabe entgegenwankt, und Dein eigener schamloser Mund hat mir gestanden, daß ein zweiter Brudermord Dein Tagund Nachtgedanke ist! . . . O ich kenne die Gefangenen, Herr am Stein! Ich weiß, daß jener unglückliche Klütken-Hannes der beklagenswerthe Sohn Herta’s ist, die Dein Vater der Ehre beraubte! . . . Entsetzlich, grauenvoll, seelenerschütternd geht jetzt nach fast einem halben Jahrhundert die Saat der Frevel und Verbrechen auf, die ein gewissenloser Mann ausstreute, und die eigenen unseligen Kinder sind es, die sie mit sich in’s Verderben reißen! . . . Adrian, Graf von Boberstein, zittere, denn die Rachegöttin zückt ihr Schwert über Deinem Haupte! – Kennst Du mich?« Bianca trat, immer die Arme über der Brust verschränkt, dem Grafen näher, der entsetzt über die unerwartete Verwandelung seiner schönen Bundesgenossin in den Polsterstuhl zurückgesunken war.
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»Hinweg, verabscheuungswürdiges Scheusal! Hinweg!<br />
– Dein bloßer Hauch verpestet die Luft, die Dich<br />
umgiebt . . . Qualen der Hölle lohen um Dein verbrecherisches<br />
Haupt . . . Wer Dir naht, geräth in Gefahr,<br />
durch bloße Berührung von Dir mit fortgerissen<br />
zu werden auf die Lasterbahn, die Du wandelst seit<br />
Jahren! – Ja, ich nenne Dich nochmals einen zwiefachen<br />
Brudermörder, denn ich weiß, daß Martell, von<br />
Dir mit brennendem Gifte getränkt, dem Grabe entgegenwankt,<br />
und Dein eigener schamloser Mund hat<br />
mir gestanden, daß ein zweiter Brudermord Dein Tagund<br />
Nachtgedanke ist! . . . O ich kenne die Gefangenen,<br />
Herr am Stein! Ich weiß, daß jener unglückliche<br />
Klütken-Hannes der beklagenswerthe Sohn Herta’s ist,<br />
die Dein Vater der Ehre beraubte! . . . Entsetzlich, grauenvoll,<br />
seelenerschütternd geht jetzt nach fast einem<br />
halben Jahrhundert die Saat der Frevel und Verbrechen<br />
auf, die ein gewissenloser Mann ausstreute, und<br />
die eigenen unseligen Kinder sind es, die sie mit sich<br />
in’s Verderben reißen! . . . Adrian, Graf von Boberstein,<br />
zittere, denn die Rachegöttin zückt ihr Schwert über<br />
Deinem Haupte! – Kennst Du mich?«<br />
Bianca trat, immer die Arme über der Brust verschränkt,<br />
dem Grafen näher, der entsetzt über die unerwartete<br />
Verwandelung seiner schönen Bun<strong>des</strong>genossin<br />
in den Polsterstuhl zurückgesunken war.