Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 1198 — Dieser war von einer Menge sehr aufgeregter Menschen umstellt, in deren Mitte Martell an Aurel’s Arme, der Trompeter zu Roß und der greise Maulwurffänger dem Grafen sogleich in’s Auge fielen. Als die Menge den Herrn der Fabrik ansichtig ward, erhob sich verworrenes Geschrei und die heftigsten Verwünschungen wurden gegen ihn ausgestoßen. Nur die schöne Mädchengestalt an seinem Arme hielt die Heftigsten ab, Hand an ihn zu legen. Dennoch blieb Adrian ruhig, trat entschlossen näher, gebot Schweigen und fragte: »Was hat dieser Auflauf zu bedeuten? Wünscht Herr Kapitän Aurel am Stein mir eine Mittheilung zu machen, so folge er mir in meine Zimmer. Ich liebe nicht, im Beisein tumultuirenden Pöbels Privatangelegenheiten zu verhandeln.« Sogleich trat die Menge zurück und machte dem Kapitän Platz. Aurel, immer den Spinner festhaltend, trat vor und näherte sich seinem Bruder. Hinter ihm schloß sich abermals der Haufe. »Es ist eine öffentliche, keine Privatangelegenheit, die mich heut’ nach Boberstein führt,« sagte der Kapitän. »Unser Streit ist zu Ende, wir können, wenn die Parteien sich einigen, uns binnen wenigen Minuten versöhnen. Das Gericht hat in unserer Rechtssache entschieden.« »So schnell?« stotterte Adrian. »Wo es an Beweisen nicht mangelt, kann ein Urtheil rasch gesprochen werden, mein Bruder! Der Proceß ist

— 1199 — in meinem und meiner Freunde Sinne gewonnen, mithin für Dich verloren.« »So bin ich ein Bettler!« rief Adrian erbleichend. »Keineswegs,« versetzte Aurel. »Das Gericht ist nicht ungerecht verfahren. Es spricht Jedem das Seinige zu und so bleibt denn dem Herrn am Stein außer dieser Fabrik noch hinlänglicher Besitz, um als freier, unabhängiger und wohlhabender Mann leben und Gutes wirken zu können.« Adrian athmete wieder auf. Er bat den Bruder durch einen Wink, fortzufahren. »In den nächsten Tagen werden uns die Details des Urtheilsspruches zugefertigt und dieser selbst späterhin im Namen des Gerichts vollzogen werden. Gegenwärtig habe ich nur um die Vergünstigung zu bitten, Du wollest diesen meinen Halbbruder vor der hier versammelten Menge laut und öffentlich ebenfalls als Bruder anerkennen und versöhnend umarmen.« Ein spöttisches Lächeln kräuselte Adrian’s Lippe. Tückisch ruhte sein Blick einige Secunden auf dem zerlumpten, in Folge des genossenen Giftes gleich einem altersschwachen Greise zitternden Martell.

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in meinem und meiner Freunde Sinne gewonnen, mithin<br />

für Dich verloren.«<br />

»So bin ich ein Bettler!« rief Adrian erbleichend.<br />

»Keineswegs,« versetzte Aurel. »Das Gericht ist nicht<br />

ungerecht verfahren. Es spricht Jedem das Seinige zu<br />

und so bleibt denn dem Herrn am Stein außer dieser<br />

Fabrik noch hinlänglicher Besitz, um als freier, unabhängiger<br />

und wohlhabender Mann leben und Gutes<br />

wirken zu können.«<br />

Adrian athmete wieder auf. Er bat den Bruder durch<br />

einen Wink, fortzufahren.<br />

»In den nächsten Tagen werden uns die Details <strong>des</strong><br />

Urtheilsspruches zugefertigt und dieser selbst späterhin<br />

im Namen <strong>des</strong> Gerichts vollzogen werden. Gegenwärtig<br />

habe ich nur um die Vergünstigung zu bitten,<br />

Du wollest diesen meinen Halbbruder vor der hier versammelten<br />

Menge laut und öffentlich ebenfalls als Bruder<br />

anerkennen und versöhnend umarmen.«<br />

Ein spöttisches Lächeln kräuselte Adrian’s Lippe.<br />

Tückisch ruhte sein Blick einige Secunden auf dem zerlumpten,<br />

in Folge <strong>des</strong> genossenen Giftes gleich einem<br />

altersschwachen Greise zitternden Martell.

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