Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 1152 — Blendlaterne. Alle Fibern ihres schönen Gesichtes zitterten, aber sie lächelte. »Nun, Martell, gefällt Ihnen diese Art Rache?« fragte sie mit einem Zuge teuflischer Schalkheit um den jetzt bleich gewordenen Mund. »Sie ist eines Weibes würdig,« erwiederte Martell. »Dünkt Ihnen diese Art, sich an seinem Todfeinde zu rächen, allzu grausam?« »Nein, schönes Fräulein! Sie gefällt mir blos nicht.« »Warum, mein Freund?« »Weil der Bestrafte bewußtlos leidet.« »Haben Sie sein Stöhnen gehört, seine Worte vernommen, sein krampfhaftes Beben gesehen? Und nennen Sie das bewußtlos leiden?« »Sobald er erwacht, glaubt er, ein böser Traum hat ihn gequält, oder hält es für Alpdrücken! Es bleibt immer nur ein vorübergehender Spuk.« »Aber ein Spuk, der sich allnächtlich wiederholt! Der Tag beginnt ihm nur zu scheinen, damit er sich während seiner Dauer vor den höllischen Schrecknissen der Nacht fürchtet! Wäre dies aber auch nicht der Fall, so peinigte ihn doch seine Liebe zu mir.« »Er – Adrian liebt Sie?« »Ja, mein Freund,« lächelte Bianca und strich sich die wilden Locken aus der Stirn, »er liebt mich bis zur Tollheit und ich bin so freundlich, ihn immer noch verliebter in mich zu machen. Das giebt mir größere Gewalt über ihn, und daß ich diese auf die denkbarste

— 1153 — Weise zu benutzen verstehe, haben Sie gesehen! Sie könnten künftighin Theil nehmen an meiner Rache!« »Nein, Fräulein! Ich will lieber warten, bis ich ihn wachend quälen kann, das ist männlicher; gegen wache Qual kann er sich, wenn er Kraft und Muth besitzt, vertheidigen.« »Wie Sie wünschen, mein Freund! Aber nicht wahr, Martell, mein Wort hab’ ich gehalten und die Schwester, die seinetwegen freiwillig aus dem Leben ging und mich um Tugend und Ehre brachte, gerächt, wie nur ein Weib es kann?« »Ich muß Sie bewundern, ohne Sie loben zu können.« »Gute Nacht denn, mein Freund! Sinnen Sie alsbald nach, wie Sie den Wachenden züchtigen wollen, ich will indeß fortfahren, den Schlafenden auf die Qualen der Hölle vorzubereiten, die er tausendfach verdient hat. Nochmals gute Nacht!« Bianca sprach dieses zweite »gute Nacht« wieder mit jenem verführerischen Sirenentone, daß es Martell heiß über den ganzen Körper lief. Er floh mit raschen Schritten dem See zu, indem er ausrief: »Steh’ Gott jedem Manne bei, der in die Schlingen dieser furchtbaren Schönheit fällt!« Langsamer ging die verkörperte Nemesis nach ihrem Zimmer, wo sie sich ruhig entkleidete und mit vergnügtem Lächeln auf den sich wieder röthenden Lippen ihr

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Weise zu benutzen verstehe, haben Sie gesehen! Sie<br />

könnten künftighin Theil nehmen an meiner Rache!«<br />

»Nein, Fräulein! Ich will lieber warten, bis ich ihn<br />

wachend quälen kann, das ist männlicher; gegen wache<br />

Qual kann er sich, wenn er Kraft und Muth besitzt,<br />

vertheidigen.«<br />

»Wie Sie wünschen, mein Freund! Aber nicht wahr,<br />

Martell, mein Wort hab’ ich gehalten und die Schwester,<br />

die seinetwegen freiwillig aus dem Leben ging und<br />

mich um Tugend und Ehre brachte, gerächt, wie nur<br />

ein Weib es kann?«<br />

»Ich muß Sie bewundern, ohne Sie loben zu können.«<br />

»Gute Nacht denn, mein Freund! Sinnen Sie alsbald<br />

nach, wie Sie den Wachenden züchtigen wollen, ich<br />

will indeß fortfahren, den Schlafenden auf die Qualen<br />

der Hölle vorzubereiten, die er tausendfach verdient<br />

hat. Nochmals gute Nacht!«<br />

Bianca sprach dieses zweite »gute Nacht« wieder<br />

mit jenem verführerischen Sirenentone, daß es Martell<br />

heiß über den ganzen Körper lief. Er floh mit raschen<br />

Schritten dem See zu, indem er ausrief:<br />

»Steh’ Gott jedem Manne bei, der in die Schlingen<br />

dieser furchtbaren Schönheit fällt!«<br />

Langsamer ging die verkörperte Nemesis nach ihrem<br />

Zimmer, wo sie sich ruhig entkleidete und mit vergnügtem<br />

Lächeln auf den sich wieder röthenden Lippen ihr

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