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Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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sich, wie dies unsere fein gebildeten und wohlerzogenen<br />

Mädchen mit so wirksamer Koketterie zu thun wissen,<br />

mit scheinbarer Schüchternheit lange gesträubt<br />

hätte. Sie nickte vielmehr beistimmend ganz vergnügt,<br />

mit ihren großen kornblumenblauen Augen die Gesellschaft<br />

überblickend, legte beide Arme, die von dem<br />

blendend weißen »Kittelchen« leicht verhüllt und am<br />

Handgelenk mit Knöpfchen von Glasperlen zugeheftet<br />

waren, so auf den Tisch, daß die vollen runden<br />

Ellbogen die Höhlung ihrer kleinen Händchen füllten,<br />

und wartete nur auf völlige Ruhe und auf das tüchtige<br />

Qualmen aller in Thätigkeit gesetzten Tabakspfeifen.<br />

Röschen zählte siebzehn Jahre und war so schlank<br />

und ebenmäßig schön gewachsen, wie die jungen Tannen<br />

der Haide, aus der sie stammte. Fast alle Wenden,<br />

am meisten aber die Mädchen, zeichnen sich durch hohen<br />

Wuchs, durch schöne Körperform und durch einen<br />

wunderbar reinen Teint aus. Das Wort: »Ein Mädchen<br />

wie Milch und Blut« läßt sich vorzugsweise auf Mädchen<br />

wendischen Stammes anwenden. Auch sind sie<br />

ihrer starken Gesundheit wegen im ganzen Lande berühmt<br />

und bei den Vornehmen bis auf den heutigen<br />

Tag als Ammen überaus gesucht.<br />

Ein solches Mädchen nun von Milch und Blut war<br />

Röschen. Krankheit kannte sie nur vom Hörensagen,<br />

denn ihr hatte buchstäblich noch kein Finger weh<br />

gethan, sie müßte sich denn beim Abraffen <strong>des</strong> Getrai<strong>des</strong><br />

zur Ärndtezeit in eine Distel gestochen haben.

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