Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 1128 — selbst glaubte sich noch rüstig und liebenswürdig genug, um einem schönen Mädchen ohne Namen und Vermögen Liebe einflößen zu können. Auch verlangte er nicht Unmögliches oder nur Seltenes. Eine stille Neigung, ein freundliches Anschmiegen, ein aufmerksames Eingehen auf seine Wünsche zog er in jeder Hinsicht aufreibender Leidenschaftlichkeit und quälender argwöhnischer Eifersucht vor, womit liebende Mädchen so gern den leidenschaftlich geliebten Mann peinigen. Leider aber passirte Adrian bei aller Verstandeskälte im Umgange mit Bianca selbst das Unglück, daß er sich mit aller Leidenschaft, deren die Sinne fähig sind, in seine jugendliche Haushälterin verliebte. Und Bianca, das schuldlose Kind, merkte gar nichts von dem Unglück, das sie angerichtet hatte! Immer lächelnd, immer guter Laune, täglich in reizenderem Costüme umschwebte die schalkhafte Sirene den stolzen Fabrikherrn und gab auf all’ seine Fragen die scherzhaftesten Antworten; erröthete, wenn er ziemlich verständlich auf die Gefühle anspielte, die sie in ihm erregte, und wehrte schüchtern, aber standhaft jede vertrauliche Liebkosung ab mit der ernsthaften Bemerkung, dergleichen schicke sich nicht! – Gleich darauf war sie aber schon wieder die alte verführerische Fee, die mit geübter Kunst und diabolischer Sicherheit ihre tödtlich treffenden Liebespfeile auf das unbewachte Herz ihres unglücklichen Opfers abschoß.

— 1129 — Durch dieses schlaue Betragen erreichte Bianca in unglaublich kurzer Zeit ihren Zweck. Es war wohlüberdachter Plan bei ihr, den Verführer und Mörder ihrer armen Schwester bis zum Wahnsinn in sich verliebt zu machen, ohne die geringste Hoffnung auf Gegenliebe in ihm aufkommen zu lassen. Sie wußte im Voraus, daß ihr dies vollkommen gelingen würde, und deßhalb rüstete sie sich mit dem ganzen Scharfsinn weiblicher List aus, um Schritt vor Schritt langsam und sicher ihr Opfer zu umgarnen. Adrian widerstand Bianca’s meisterhaft geheuchelter Zärtlichkeit, die jedoch immer die Zärtlichkeit eines schuldlosen Kindes von höchster Anmuth blieb, nicht einen Tag, er widerstand ihr um so weniger, als er das reizende Mädchen zu seiner Gattin erheben und durch Freundlichkeit sich ihm geneigt machen wollte. Darum überhäufte er sie schnell mit kostbaren Geschenken und ließ sie ahnen, was er für sie fühlte. Ihr scheues Zurückschrecken bei solchen Andeutungen war ihm freilich nicht angenehm, da es ein längeres Bewerben in Aussicht stellte. Täglich, oft stündlich von Bianca bis zu dem höchsten Gipfel sinnlicher Erregung gereizt, berührt von ihren vollen Armen, gestreichelt von ihren Händen, den süßen Athem ihres Mundes auf seinen Lippen fühlend, überall von ihr umschwebt, gerieth Adrian in einen fieberhaft exaltirten Zustand, der ihn leiblich und geistig verzehrte und schnell aufzureiben drohte. Er verfiel zusehends, seine Augen sanken

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Durch dieses schlaue Betragen erreichte Bianca in<br />

unglaublich kurzer Zeit ihren Zweck. Es war wohlüberdachter<br />

Plan bei ihr, den Verführer und Mörder ihrer<br />

armen Schwester bis zum Wahnsinn in sich verliebt zu<br />

machen, ohne die geringste Hoffnung auf Gegenliebe<br />

in ihm aufkommen zu lassen. Sie wußte im Voraus,<br />

daß ihr dies vollkommen gelingen würde, und deßhalb<br />

rüstete sie sich mit dem ganzen Scharfsinn weiblicher<br />

List aus, um Schritt vor Schritt langsam und sicher ihr<br />

Opfer zu umgarnen.<br />

Adrian widerstand Bianca’s meisterhaft geheuchelter<br />

Zärtlichkeit, die jedoch immer die Zärtlichkeit eines<br />

schuldlosen Kin<strong>des</strong> von höchster Anmuth blieb, nicht<br />

einen Tag, er widerstand ihr um so weniger, als er das<br />

reizende Mädchen zu seiner Gattin erheben und durch<br />

Freundlichkeit sich ihm geneigt machen wollte. Darum<br />

überhäufte er sie schnell mit kostbaren Geschenken<br />

und ließ sie ahnen, was er für sie fühlte. Ihr scheues<br />

Zurückschrecken bei solchen Andeutungen war ihm<br />

freilich nicht angenehm, da es ein längeres Bewerben<br />

in Aussicht stellte. Täglich, oft stündlich von Bianca bis<br />

zu dem höchsten Gipfel sinnlicher Erregung gereizt,<br />

berührt von ihren vollen Armen, gestreichelt von ihren<br />

Händen, den süßen Athem ihres Mun<strong>des</strong> auf seinen<br />

Lippen fühlend, überall von ihr umschwebt, gerieth<br />

Adrian in einen fieberhaft exaltirten Zustand, der<br />

ihn leiblich und geistig verzehrte und schnell aufzureiben<br />

drohte. Er verfiel zusehends, seine Augen sanken

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