Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 1114 — »Einen Gefährten und einen Spion zugleich! Ein Bursche, der es mit dem Spinner und seinen Freunden aufnimmt, kann auch erfahren, wer den fremden Köhlern immer von Neuem den Geldbeutel füllt!« Dies leuchtete Aurel ein, und nach kurzem Bedenken gab er seine Zustimmung. Unterdessen war es auch den vereinten Bemühungen Hertas und Elwirens gelungen, die Blinde zu beruhigen, indem sie nicht allein ihr selbst, sondern eben so bestimmt auch Leberecht und Eduard Obdach und Unterhalt zusicherten. Marie preßte Herta’s Hände wiederholt an ihre Lippen, ohne Worte des Dankes für so viel Liebe und Theilnahme zu finden. Es erschütterte die gealterte, von tausend Stürmen durch ein sorgenschweres Leben gepeitschte Frau tief, daß sie am Ende ihres Erdenwandels wieder durch die Noth an dieselbe Bank gefesselt war, die sie vor mehr als vierzig Jahren ebenfalls nur zu ihrem traurigen Ruhesitz hatte erwählen müssen. Nur waren die Gefühle, welche jetzt in ihr aufstiegen, Gefühle des Dankes, und trotz ihrer unheilbaren Blindheit mußte sie sich schweigend doch sagen, daß der Allmächtige sie wunderbar und gut geführt habe! Mit einigem Geräusch erschienen jetzt die Knechte und Mägde, um ihr frugales Abendbrod gemeinsam zu verzehren. Aurel hatte nicht die Absicht, durch seine und der Frauen Gegenwart diese braven, arbeitsamen Menschen in ihrer Unterhaltung zu stören, und bot

— 1115 — deßhalb seiner Tante den Arm, um sie in ihre Zimmer zu geleiten. »Ich hoffe, Ihr und Euer alter Freund werdet den Thee mit uns trinken,« sagte er im Aufbrechen zu dem Maulwurffänger. »Gilbert wird ebenfalls erscheinen und so können wir ohne große Mühe gleich Alles in’s Reine bringen.« Der Maulwurffänger schlug blinzelnd sein graues Auge zu dem Kapitän auf und sah ihn mit der schlauesten Miene an, die seine Gesichtszüge annehmen konnten. »Wollen der Herr Kapitän, daß ich oberländisch sprechen darf?« sagte er lächelnd. »Ganz nach Belieben, braver Alter!« »Nun dann bitt’ ich ganz gehorsamst um Urlaub, mein Herr Kapitän! Die gnädige Gräfin und ihr wunderschönes Nichtchen verstehen zwar einen Thee zusammen zu brauen, wie ihn meine alte Zunge ihr Tage nicht geschlürft hat, aber ein richtiges Maulwurffängerabendbrod ist’s denn doch nicht! Da in dem Bauche des alten Kachelofens habe ich einen Topf überlaufen sehen, der ein genaues Viertel Erdbirnen enthalten mag, und der Duft von diesen lieben Knollen kitzelt mich noch in der Nase. Auch habe ich einen starken Apettit, vornehmlich auf eine nahrhafte, gut geschmalzte Mehlsuppe, wie sie dort auf dem Tische dampft. Finden Sie es also nicht gar zu grob und despectirlich, so bleibe ich mit sammt dem Alten da und

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deßhalb seiner Tante den Arm, um sie in ihre Zimmer<br />

zu geleiten.<br />

»Ich hoffe, Ihr und Euer alter Freund werdet den<br />

Thee mit uns trinken,« sagte er im Aufbrechen zu<br />

dem Maulwurffänger. »Gilbert wird ebenfalls erscheinen<br />

und so können wir ohne große Mühe gleich Alles<br />

in’s Reine bringen.«<br />

Der Maulwurffänger schlug blinzelnd sein graues<br />

Auge zu dem Kapitän auf und sah ihn mit der schlauesten<br />

Miene an, die seine Gesichtszüge annehmen konnten.<br />

»Wollen der Herr Kapitän, daß ich oberländisch sprechen<br />

darf?« sagte er lächelnd.<br />

»Ganz nach Belieben, braver Alter!«<br />

»Nun dann bitt’ ich ganz gehorsamst um Urlaub,<br />

mein Herr Kapitän! <strong>Die</strong> gnädige Gräfin und ihr wunderschönes<br />

Nichtchen verstehen zwar einen Thee zusammen<br />

zu brauen, wie ihn meine alte Zunge ihr Tage<br />

nicht geschlürft hat, aber ein richtiges Maulwurffängerabendbrod<br />

ist’s denn doch nicht! Da in dem Bauche<br />

<strong>des</strong> alten Kachelofens habe ich einen Topf überlaufen<br />

sehen, der ein genaues Viertel Erdbirnen enthalten<br />

mag, und der Duft von diesen lieben Knollen<br />

kitzelt mich noch in der Nase. Auch habe ich einen<br />

starken Apettit, vornehmlich auf eine nahrhafte, gut<br />

geschmalzte Mehlsuppe, wie sie dort auf dem Tische<br />

dampft. Finden Sie es also nicht gar zu grob und <strong>des</strong>pectirlich,<br />

so bleibe ich mit sammt dem Alten da und

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