Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 1084 — auf Euch und folget mir nach! – Denn seht Ihr, Heinrich, obwohl Ihr ein böses Maul habt, gleichsam eine Schnauze, so bin ich Euch doch von Herzen gut, denn Ihr seid bei all’ Euern Schwächen und Eurer unglücklichen Neigung zum Spotten, doch ein Mann, der unter Tausenden gescheidt ist mit tausend Schrecken!« »Wenn ich das wirklich sein sollte, so würde ich das nach meiner religiösen Überzeugung die Gnadenwahl nennen.« »Natürlich, natürlich!« sagte der Schulmeister. »Hm! ’s ist erstaunlich!« murmelte Schlenker. »Aber es soll nichts ausmachen. Wir wollen gute Freunde bleiben, Heinrich, und wenn’s Euch beliebt, von der Gnadenwahl wieder auf den Geburtstag Maja’s zurückkommen, obwohl’s ein Tag von böser Vorbedeutung ist! Judas, wißt Ihr, verrieth seinen Herrn und Meister, weil er der Dreizehnte war, und seit der Zeit ist die Zahl dreizehn, wo immer sie uns begegnet, bei gläubigen Christen eine Unglückszahl.« »Es wird kein Freudentag für sie sein,« sagte Sloboda, »denn was sie seither von sich und ihrer Mutter erfahren hat, heißt bittern Wermuth schütten in den Kelch ihrer Schmerzen.« »Schmerzen und Leiden reinigen und läutern das Gemüth,« bemerkte Schlenker. »Darum giebt’s keine größere Wohlthat für ein recht sündhaftes Menschenkind, als wenn er so zu sagen mit Bekümmernissen und Trübsalen überschüttet wird! Der stürmische Martell

— 1085 — ist freilich nicht dieser gotterleuchteten Ansicht, aber dafür ist’s auch ein Mensch mit tausend Schrecken!« »Natur! Natur! Ganz Natur!« »Thut mir den außereinzigen Gefallen, Bruder Gregor und Schlenker,« fiel der Maulwurffänger wieder ein, »und laßt den braven Martell in Ruhe! Wollte Gott, wir hätten ein paar tausend so treuherzige und felsenfeste Menschen, es würde dann wahrhaftig besser aussehen auf Erden! Martell nenne ich meiner Religion nach einen Mann nach dem Herzen Gottes!« Schlenker warf mit krampfhaster Bewegung seine Hand an die Stirn, ließ sie jedoch gleich wieder fallen und begnügte sich unter Murren und Seufzen eme große Prise einzuschlürfen. »Unbegreiflich bleibt es mir, alter Freund,« sagte Sloboda, »wie Martell nach solchen Offenbarungen im Stande ist, gleich dem gemeinsten Spinner ohne Murren unverdrossen in der Fabrik seines hartherzigen Bruders fortzuarbeiten! Hat er sich nie darüber ausgelassen?« Der Maulwurffänger legte das Blaserohr bei Seite, zog Stahl, Stein und Schwamm aus der Tasche seines tuchenen Brustlatzes und schlug sich behaglich Feuer an. Erst als die Pfeife tüchtig qualmte, erwiederte er: »Kapitän Aurel wünschte, daß Martell bis Austrag der Sache die Arbeit bei Adrian einstelle, und erbot sich freiwillig, die Kosten für den Lebensunterhalt seiner Familie zu tragen. Martell aber widersetzte sich

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ist freilich nicht dieser gotterleuchteten Ansicht, aber<br />

dafür ist’s auch ein Mensch mit tausend Schrecken!«<br />

»Natur! Natur! Ganz Natur!«<br />

»Thut mir den außereinzigen Gefallen, Bruder Gregor<br />

und Schlenker,« fiel der Maulwurffänger wieder<br />

ein, »und laßt den braven Martell in Ruhe! Wollte Gott,<br />

wir hätten ein paar tausend so treuherzige und felsenfeste<br />

Menschen, es würde dann wahrhaftig besser<br />

aussehen auf Erden! Martell nenne ich meiner Religion<br />

nach einen Mann nach dem Herzen Gottes!«<br />

Schlenker warf mit krampfhaster Bewegung seine<br />

Hand an die Stirn, ließ sie jedoch gleich wieder fallen<br />

und begnügte sich unter Murren und Seufzen eme<br />

große Prise einzuschlürfen.<br />

»Unbegreiflich bleibt es mir, alter Freund,« sagte Sloboda,<br />

»wie Martell nach solchen Offenbarungen im<br />

Stande ist, gleich dem gemeinsten Spinner ohne Murren<br />

unverdrossen in der Fabrik seines hartherzigen<br />

Bruders fortzuarbeiten! Hat er sich nie darüber ausgelassen?«<br />

Der Maulwurffänger legte das Blaserohr bei Seite,<br />

zog Stahl, Stein und Schwamm aus der Tasche seines<br />

tuchenen Brustlatzes und schlug sich behaglich Feuer<br />

an. Erst als die Pfeife tüchtig qualmte, erwiederte er:<br />

»Kapitän Aurel wünschte, daß Martell bis Austrag<br />

der Sache die Arbeit bei Adrian einstelle, und erbot<br />

sich freiwillig, die Kosten für den Lebensunterhalt seiner<br />

Familie zu tragen. Martell aber widersetzte sich

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