Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 1076 — dem sinnlichen Reiz vorangeht; dennoch aber hatte der eigenthümliche, unbeschreibliche Blick des schönen Mädchens ihn vollkommen bezaubert! Wie stark und anhaltend diese Bezauberung war, bemerkte er erst, als er Bianca entlassen mußte. Er fühlte, daß ein Theil seines unsichtbaren Seins mit dem davoneilenden Mädchen verschwand, daß eine namenlose, bisher nie empfundene Leere in seinem Herzen entstand, die sich durch nichts ergänzen ließ! Adrian hatte seinen Fuß auf die Schwelle gesetzt, die vor der finstern Pforte des Unglücks liegt. Er begann unglücklich zu werden! Der rächende Finger der Nemesis hatte ihn berührt, und mit dem Kusse, den er der kokett Widerstrebenden beim Abschied auf die Stirn hauchte, hatte er dieser furchtbaren Göttin das Gastrecht in seinem Hause eingeräumt. Bianca ward von Adrian als Haushälterin unter Bedingungen angeworben, die man dem habgierigen Manne nicht zugetraut hätte. Es ward festgesetzt, daß dieselbe schon am ersten Februar ihr neues Amt antreten und ganz allein über die innern Angelegenheiten des Hauses zu verfügen haben solle! Adrian genehmigte Alles, um nur das wunderbare Mädchen bald wiederkehren zu sehen. Als sie sich endlich nicht mehr halten ließ, sah er der mit Paul über den See Wandelnden nach, bis sie hinter den ersten Häusern des Arbeiterdorfes verschwand.
— 1077 — »Ach,« rief er tief aufseufzend aus, »ein Mann ist doch unglücklich, wenn ihm kein liebendes Weib zur Seite steht! Ich werde mich verheirathen, sobald der Proceß entschieden ist!« – – Es schlug zwei Uhr, als Bianca wieder in Martell’s Hütte trat. Ihre Wangen glühten, ihr Auge flammte. Sie glich in der reichen glänzenden Lockenfülle ihres schwarzen Haares, das vom raschen Gange in liebliche Unordnung gerathen war, einer zürnenden Pallas Athene. Ein Helm auf dieses schöne Haupt mit dem kecken Profil gestürzt, mit Schild und Schwert Arm und Hand dieses Mädchens bewaffnet, und Bianca wäre in eine entzückende Heldin verwandelt worden. Aurel erkannte sie kaum wieder. »Was ist geschehen?« fragte er bestürzt. »Sie zittern vor Aufregung, vor Empörung! Hat mein Bruder Ihnen unwürdige Fragen vorgelegt?« Bianca lächelte. So entsetzlich schön würde eine Hyäne lächeln, wenn sie die Gestalt eines reizenden Weibes annehmen könnte. »Herr am Stein war die Artigkeit selbst,« versetzte sie, »und mit Vergnügen werde ich in seine Dienste treten.« »Bianca, das ist nicht Alles!« fiel Aurel ein. »Sie verheimlichen uns etwas. Die Flamme in Ihrem Auge gemahnt mich an den kalten Todtenschein, der mich zuerst auf Sie aufmerksam macht! Sie verabscheuen meinen Bruder!«
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»Ach,« rief er tief aufseufzend aus, »ein Mann ist<br />
doch unglücklich, wenn ihm kein lieben<strong>des</strong> Weib zur<br />
Seite steht! Ich werde mich verheirathen, sobald der<br />
Proceß entschieden ist!« – –<br />
Es schlug zwei Uhr, als Bianca wieder in Martell’s<br />
Hütte trat. Ihre Wangen glühten, ihr Auge flammte.<br />
Sie glich in der reichen glänzenden Lockenfülle ihres<br />
schwarzen Haares, das vom raschen Gange in liebliche<br />
Unordnung gerathen war, einer zürnenden Pallas Athene.<br />
Ein Helm auf dieses schöne Haupt mit dem kecken<br />
Profil gestürzt, mit Schild und Schwert Arm und Hand<br />
dieses Mädchens bewaffnet, und Bianca wäre in eine<br />
entzückende Heldin verwandelt worden.<br />
Aurel erkannte sie kaum wieder.<br />
»Was ist geschehen?« fragte er bestürzt. »Sie zittern<br />
vor Aufregung, vor Empörung! Hat mein Bruder Ihnen<br />
unwürdige Fragen vorgelegt?«<br />
Bianca lächelte. So entsetzlich schön würde eine<br />
Hyäne lächeln, wenn sie die Gestalt eines reizenden<br />
Weibes annehmen könnte.<br />
»Herr am Stein war die Artigkeit selbst,« versetzte<br />
sie, »und mit Vergnügen werde ich in seine <strong>Die</strong>nste treten.«<br />
»Bianca, das ist nicht Alles!« fiel Aurel ein. »Sie verheimlichen<br />
uns etwas. <strong>Die</strong> Flamme in Ihrem Auge gemahnt<br />
mich an den kalten Todtenschein, der mich zuerst<br />
auf Sie aufmerksam macht! Sie verabscheuen meinen<br />
Bruder!«