Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes

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— 1072 — gereicht! – Solche Lieblosigkeit, solch’ grausamer Egoismus hatte in ihrem Herzen die edleren Gefühle zwar nicht getödtet, aber abgestumpft, und den berechnenden Verstand über das blinde Zucken des getretenen Herzens zum Wächter gesetzt. Bianca konnte sich verstellen! – Kaum also hatte sie die Überzeugung gewonnen, daß Adrian am Stein nicht ahne, wer vor ihm stehe, als sie auch bereits einen vollständigen Sieg über den nichtswürdigen Heuchler errungen hatte. Das reizendste Lächeln auf ihren blühenden Lippen, verbeugte sie sich jetzt tief und ehrfurchtsvoll vor dem reichen Herrn und sagte mit musterhaft geheuchelter Befangenheit: »Verzeihen der gnädige Graf einem armen Mädchen, daß es sich so sehr vergessen und in Ew. Gnaden Gegenwart eine ungebührliche Schwäche zeigen konnte! Verzeihen Sie, gnädigster Herr!« Und demüthig suchte sie die Hand Adrian’s, um sie Vergebung erflehend zu küssen. »Nicht doch, mein Fräulein!« sagte dieser abwehrend, während ein sonderbarer Schauer durch seine Nerven bebte, der in den flammenden Augen des verschämten Mädchens seine Quelle zu haben schien. »Nicht doch, mein Fräulein! Wenn hier irgend Jemand um Entschuldigung zu bitten hat, so kann nur ich es sein! Aber der unachtsame Schelm von einem Diener soll dafür büßen! Lieber Gott, was hätte ich beginnen

— 1073 — sollen, wenn ein Schlagfluß diese schönen Glieder gelähmt, die Pulse in diesem reizenden Körper stocken gemacht hätte! Meine Seelenruhe wäre dahin gewesen auf ewige Zeiten!« »Der gnädige Herr haben ein solches Unglück nicht zu befürchten,« erwiederte Bianca mit schelmischem Lächeln und mit so schmelzend feuchtem Blick, daß Adrian’s Innerstes wie von einem elektrischen Funken getroffen wurde, »Ihre herablassende Güte vermag nur aufzurichten, Ihr liebevolles Auge die Schwachen nur zu stärken! Nochmals, gnädigster Herr, Verzeihung, und tausend Dank, daß Sie einem so tief unter Ihnen stehenden Geschöpf so aufrichtige Theilnahme schenkten!« »Ein himmlisches Wesen! Ein wahrer Engel!« sagte Adrian für sich. »Dieses Mädchen muß bei mir bleiben oder ich bin ein unglücklicher Mann!« Dann wandte er sich zu der noch immer mit demselben schwimmenden Blick zu ihm aufschauenden Mädchen und fuhr laut fort: »Ich hoffe, mein holdes Kind, daß ich mich Ihnen später werde erkenntlich erweisen können; denn ich will nicht Ihre Willfährigkeit, in meine Dienste zu treten, in Zweifel ziehen! Wenn ich dies einmal schon meiner selbst wegen wünschen muß, so möchte ich auch andrerseits um Ihretwillen, daß Sie die Oberaufsicht in diesem Hause übernähmen. Ich bin allein, einsam, ja verlassen, denn, was Ihnen ja kein Geheimniß

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gereicht! – Solche Lieblosigkeit, solch’ grausamer Egoismus<br />

hatte in ihrem Herzen die edleren Gefühle zwar<br />

nicht getödtet, aber abgestumpft, und den berechnenden<br />

Verstand über das blinde Zucken <strong>des</strong> getretenen<br />

Herzens zum Wächter gesetzt. Bianca konnte sich verstellen!<br />

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Kaum also hatte sie die Überzeugung gewonnen,<br />

daß Adrian am Stein nicht ahne, wer vor ihm stehe,<br />

als sie auch bereits einen vollständigen Sieg über den<br />

nichtswürdigen Heuchler errungen hatte. Das reizendste<br />

Lächeln auf ihren blühenden Lippen, verbeugte sie<br />

sich jetzt tief und ehrfurchtsvoll vor dem reichen Herrn<br />

und sagte mit musterhaft geheuchelter Befangenheit:<br />

»Verzeihen der gnädige Graf einem armen Mädchen,<br />

daß es sich so sehr vergessen und in Ew. Gnaden Gegenwart<br />

eine ungebührliche Schwäche zeigen konnte!<br />

Verzeihen Sie, gnädigster Herr!«<br />

Und demüthig suchte sie die Hand Adrian’s, um sie<br />

Vergebung erflehend zu küssen.<br />

»Nicht doch, mein Fräulein!« sagte dieser abwehrend,<br />

während ein sonderbarer Schauer durch seine<br />

Nerven bebte, der in den flammenden Augen <strong>des</strong> verschämten<br />

Mädchens seine Quelle zu haben schien.<br />

»Nicht doch, mein Fräulein! Wenn hier irgend Jemand<br />

um Entschuldigung zu bitten hat, so kann nur ich es<br />

sein! Aber der unachtsame Schelm von einem <strong>Die</strong>ner<br />

soll dafür büßen! Lieber Gott, was hätte ich beginnen

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