Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes Ernst Adolf Willkomm Weiße Sclaven oder Die Leiden des Volkes
— 1070 — Mit funkelndem Blick und graziösem Lächeln begrüßte er Bianca herablassend. Diese aber erbebte vor dem mittelgroßen, hagern, bleichen Manne mit dem tiefen kaltglühenden Tigerauge. Sie mußte sich festklammern an den Blumentisch, um nicht umzusinken, denn sie fühlte, wie ihr die Sinne zu vergehen drohten. »Er ist es!« lispelte sie unverständlich, mit dem Ausdrucke des Entsetzens ihr schönes Auge auf ihn heftend. »Er, der schamlose Lügner, der herzlose Verführer und Mörder meiner armen Schwester!« Adrian hörte nur ein unverständliches Murmeln und da er das Erbleichen Biancas und ihr sichtliches Zusammenbrechen sah, glaubte er, der allerdings etwas sehr starke Blumenduft verbunden mit dem süßen Arom des Räucherwerkes habe die Nerven des schönen Mädchens angegriffen und sie diesem Zustande der Ohnmacht nahe gebracht. Dienstbereit eilte er daher auf die Sinkende zu, schob rasch einen bequemen Polsterstuhl heran und umfing sie gerade noch zu rechter Zeit, um sie sanft in die weichen Kissen niedergleiten zu lassen. »Mein Gott,« sagte er, diesmal mit ungeheuchelter Theilnahme, »die Schwüle in diesem üherheizten Zimmer wird Sie umbringen, armes liebenswürdiges Wesen! Fühle ich selbst mich doch unwohl! Aber dieser Äther, womit ich mein Tuch getränkt habe, wird Ihnen bewundernswürdige Dienste leisten. So – so! – Es ist ein wahrer Lebenszauber in diesem Äther!«
— 1071 — Und Adrian von Stein betupfte Stirn, Lippen und Schläfen der matt Aufathmenden mit seinem Taschentuche, bis sich die Erschütterte sichtlich wieder erholte. Diese kurze Spanne Zeit war aber auch hinreichend gewesen, dem von Natur beherzten Mädchen ihre ganze Spannkraft und Entschlossenheit wieder zu geben. Sie wollte nur noch wissen, ob auch Herr am Stein sich ihrer noch erinnerte, um ihr Benehmen danach einzurichten. Deßhalb erhob sie sich jetzt dankend aus ihrer gedrückten Lage und schlug langsam, forschend die großen Augen zu dem gewissenlosen Manne auf. Adrian wich diesem langen, tiefen und heißen Blicke nicht aus, vielmehr sog er ihn mit dem wollüstigen Behagen eines Durstigen ein, der lange nach Kühlung, nach Linderung und Erquickung geschmachtet hat. Er erkannte sie nicht! – Nun erst holte Bianca beruhigt Athem; ihr Entschluß war gefaßt, ihr Plan in einem Augenblick entworfen. Sie wollte Rache nehmen an dem Ehrlosen, für die an ihrer unglücklichen Schwester begangene Schändlichkeit. Sie fühlte urplötzlich die ganze Folterqual Martell’s und begriff, wie dieses trotzigen Mannes unverwüstliche Natur nach dem süßen Genuß der Rache schmachten und zittern müsse! Aber Bianca war ein Weib, ein betrogenes Weib! – Männer hatten ihr Liebe, Verehrung, Anbetung geheuchelt und doch nur augenblicklichen Reiz gesucht! – Sie hatten die Flehende verhöhnt, der Darbenden nicht einmal ein Almosen
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Und Adrian von Stein betupfte Stirn, Lippen und<br />
Schläfen der matt Aufathmenden mit seinem Taschentuche,<br />
bis sich die Erschütterte sichtlich wieder erholte.<br />
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Spannkraft und Entschlossenheit wieder zu geben.<br />
Sie wollte nur noch wissen, ob auch Herr am Stein sich<br />
ihrer noch erinnerte, um ihr Benehmen danach einzurichten.<br />
Deßhalb erhob sie sich jetzt dankend aus ihrer<br />
gedrückten Lage und schlug langsam, forschend die<br />
großen Augen zu dem gewissenlosen Manne auf. Adrian<br />
wich diesem langen, tiefen und heißen Blicke nicht<br />
aus, vielmehr sog er ihn mit dem wollüstigen Behagen<br />
eines Durstigen ein, der lange nach Kühlung, nach Linderung<br />
und Erquickung geschmachtet hat. Er erkannte<br />
sie nicht! –<br />
Nun erst holte Bianca beruhigt Athem; ihr Entschluß<br />
war gefaßt, ihr Plan in einem Augenblick entworfen.<br />
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schmachten und zittern müsse! Aber Bianca war ein<br />
Weib, ein betrogenes Weib! – Männer hatten ihr Liebe,<br />
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